Keine fünf Jahre ist es her, seit am 16. Oktober 2017 Rüdiger Bertrams Roman „Der Pfad - Die Geschichte einer Flucht in die Freiheit“ in die Buchläden kam und schon jetzt – am 17. Februar 2022 – kam die Verfilmung des Kinderbuchs in die Kinos. Er selbst arbeitete auch an der Verfilmung seines Werks mit, schrieb am Drehbuch mit, welches Regisseur Tobias Wiemann nahm, um aus diesem einen Kinofilm zu inszenieren.
Ein deutscher Film, der von der schon so oft beleuchteten Zeit des zweiten Weltkriegs erzählt, jedoch eine kindliche Perspektive einnimmt. Die eines zwölfjährigen Jungen in den Wirren der Zeit.
Die Geschichte des Films setzt im Jahr 1940 ein, als der zweite Weltkrieg tobte. Der Journalist Ludwig, der vor Hitlers Schrecken in Zeitungsartikeln warnte, musste fliehen. Schließlich stand er auf der schwarzen Liste der Nazis. Gemeinsam mit seinem 12-jährigen Sohn Rolf will er in die Vereinigten Staaten auswandern. Dabei wollen sie einen Pfad über Südfrankreich zu den Pyrenäen nach Portugal und Lissabon beschreiten, wo ein Schiff nach New York aufbrechen wird, wo Rolfs Mutter bereits auf sie wartet...
Bei all dem Schrecklichen der Zeit ist Rolf aber ein ausgesprochen lebensfroher Junge, der voller Kreativität sprüht. Fantasievolle Gedankenspielchen und Erich Kästners Kinderbuch „Der 35. Mai“ geben ihm seine leichtherzige Art und außerdem hat er seinen geliebten Hund Adi. Vom kriegerischen Treiben bekommt er dabei wenig mit.
„Gut oder böse?“ - Rolf und sein Vater Ludwig spielen ein kleines Spiel, mit dem Ziel herauszufinden, ob ein Mensch böse oder gut sei. Mit diesem Spiel vertreiben sich die beiden die Zeit auf der Flucht. Sie sind in Marseille, zu dieser Zeit Zufluchtsort vieler Deutscher. Als sie endlich ihre Ausreisegenehmigung haben, können sie ihren vorgesehenen Pfad weiter beschreiten. Doch alleine können sie nicht über die Pyrenäen, sie brauchen Hilfe eines Einheimischen, der sie führen soll. Ludwig rechnet mit einem Erwachsenen, doch es ist ein Kind, ein Mädchen noch dazu, wie Rolf verdattert feststellt. Das spanische Waisenmädchen Núria, welches etwa im Alter von Rolf ist. Sie kennt sich in den Gebirgen bestens aus und soll nun die zwei durch diese führen. Rolfs Hund Adi will das Mädchen dabei auf gar keinen Fall mitnehmen. Viel zu groß wäre das Risiko, wenn der Hund in einem falschen Moment bellen würde, meinte sie so bestimmt. Rolfs Vater pflichtete ihr bei, doch für Rolf kam das nicht in Frage. Nie würde er seinen geliebten Hund zurücklassen. Heimlich und versteckt nimmt er ihn auf die gefährliche Reise in die Pyrenäen mit.
Deutsche patrouillieren neuerdings in den Bergen und der Weg wird riskanter, höchste Vorsicht ist geboten und plötzlich sind die beiden Kinder auf sich gestellt. Alleine müssen sie sich nun zurechtfinden und einen Weg in die Freiheit suchen...
Der Film geht mit einer sehr kindlichen Perspektive heran und erzählt von Rolf, der noch völlig die kindliche Unschuld ist. Während sein Vater den Ernst der Zeit sieht, lässt er seinem Sohn bestmöglich seine Kindheit. Dabei geben die erwachsenen Figuren etwas Behütendes, die den ja noch so jungen Rolf vor den Schrecken des Krieges schützen wollen.
„Vielleicht sucht Hitler ja gar nicht mehr nach dir. Vielleicht hat er vergessen, was du in der Zeitung über ihn geschrieben hast“, Rolf zu seinem Vater mit seiner kindlichen Naivität.
So erzählt der Film nicht wirklich ein Kriegsdrama und weil Rolf den Ernst der Lage lange nicht sehen soll und dann auch nicht will, kommt auch kaum emotionale Tiefe in die Geschichte. Viel mehr erzählt der Film eine Coming-of-Age-Geschichte eines lange vor dem Krieg behüteten Jungen, der auf einmal Verantwortung übernehmen muss, der erwachsen werden muss und das schneller als er es gerne würde.
In matte, schöne Bilder getaucht erzählt der Film angenehm und leise seine Geschichte, in der die Dynamik der beiden Hauptfiguren das Herzstück bilden. Wirklich Spannung kann der Film nur in wenigen Momenten aufbauen, ein Abenteuer wird anders erzählt. Und auch wenn die Szenen, in der die Deutschen und der Krieg in die Handlung kreuzt, spannend wie dramatisch inszeniert werden, kann das nie über die Szenen hinaus die Geschichte tragen. Trotz der gewählten Perspektive gelingt es dem Film nicht, die Gefahr der Zeit darzustellen. Denn dies kann man auch, wenn man Kinder in den Fokus rückt und eine junge Zielgruppe bedienen will. Stichwort „Als Hitler das rosa Kaninchen stahl“ von Caroline Link.
Und in all den Momenten, in denen der Geschichte etwas Bedrohliches und Gefährliches gegeben wird, bremst der Film radikal seine aufgebaute Stimmung wieder ab. So schlängelt sich der Film leise und ohne Tiefgang an der Handlung des Buches entlang und nach 100 Minuten ohne wirkliche Dramaturgie ist der Film beendet. Schade, dass man Kindern keine tiefgehende Handlung zugetraut hatte...
Dabei waren gerade die beiden Hauptfiguren sehr gut gecastet und sie hätten sicher auch Figuren mit Leben füllen können, denen man mehr emotionale Tiefe gewährt hätte.
Julius Weckauf, einst entdeckt von Caroline Link für ihren Film „Der Junge muss an die frische Luft“, kann seine fünfte Filmrolle zwar mit Leben füllen, jedoch forderte ihn bisher auch keine andere Rolle so wenig. Denn all das, was das aufstrebende Schauspieltalent bisher auszeichnete, funktioniert auch hier. Neue Seiten konnte er aber auch nicht zeigen.
Bildnachweis: Von Martin Kraft - Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=80086139
Wirklich herausstechend ist Nonna Cardoner, die ihrer Figur etwas Mysteriöses gibt. Nicht trotzig, nicht aufgesetzt – ihr gelingt es faszinierend ihrer Figur Núria eine gewisse Spannung zu verleihen. Als Nebenfigur eingeführt wird sie zum Finale hin wichtiger und dies kommt dem Film zu gute. Denn auch wenn das Drehbuch ihr nur wenig Möglichkeiten einräumte, kann sie Núria neben der spannenden wie mysteriösen Fassade ein schönes, echtes Bild hinter dieser geben, welches im Finale schauspielerisch für einen schönen Abschluss der interesantesten Figur des Films sorgt.
Rolfs Vater Ludwig wird von „Babylon Berlin“-Star Volker Bruch verkörpert, der den behütenden Vater spielt. Er kann jede Szene sehr präsent einnehmen, doch das wird in der zweiten Hälfte zum Problem. So bremst seine Figur immer wieder die Spannung aus. In der ersten Hälfte kann er aber mit seiner bodenständigen Darstellung einen sehr echten Vater spielen, der seinen Sohn schützen will.
Herausstechend war auch die Kameraarbeit: Man hat seinen Stil in matten Bildern gefunden und gerade die gewaltigen Bilder der Kulissen der Pyrenäen sind wunderschön eingefangen. Optisch ist der Film sehr schön gedreht.
Fazit:
Am Ende ist „Der Pfad“ ein Film, bei dem all das funktionierte, was bereits in anderen Filmen gelang, die diese Zeit beleuchteten. Das Drehbuch ist so dermaßen weichgespült, dass die Brutalität der Zeit reine Behauptung bleibt. Schauspielerisch kann der Film aber durchaus begeistern, gerade Nonna Cardoner ist wohl die Entdeckung des Films.
5 von 10 Punkten
ความคิดเห็น