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Jean-Luc Godard ist verstorben: Ein Blick auf sein Lebenswerk

Nach einem assistierten Suizidversuch verstarb der legendäre Filmregisseur Jean-Luc Godard

am 13. September 2022 in seinem Haus in der Schweiz. Blickt man auf das Leben des Filmemachers, findet man die Filmografie eines provokanten Kino-Revolutionärs und es wird Zeit, auf sein Leben zurückzublicken:


Bildnachweis: Von Gary Stevens - Diese Datei ist ein Ausschnitt aus einer anderen Datei, CC BY 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=61194572


Als Sohn von Odile und Arzt Paul Godard kam Jean-Luc am 3. Dezember 1930 in einem wohlhabenden Elternhaus in Paris zur Welt. Als neun Jahre später der Zweite Weltkrieg ausbrach, zog die junge Familie vorübergehend in die Schweiz, wo Jean-Luc eine Schule in Nyon besuchte. 1946 begann er am Pariser Collège Lyceée Buffon zu studieren und bestand im dritten Anlauf das Abitur.


Nicht durch Kinobesuche sondern durch Lektüre über das Lichtspielhaus begeisterte sich Jean-Luc Godard für Film und die große Leinwand. Während er 1949 ein Ethnologiestudium begann, verbrachte er seine Freizeit mit gleichgesinnten Filmbegeisterten. Doch er vernachlässigte auch immer mehr sein Studium und sein Vater stellte ein Jahr später die finanzielle Unterstützung ein. Um sich seinen Unterricht an der Sorbonne weiter leisten zu können, beging er Ladendiebstähle. Er wurde erwischt und hinter Gitter gesperrt. Als er das Gefängnis wieder verlassen durfte, verdiente er sich seinen Lebensunterhalt mit unterschiedlichen Gelegenheitsarbeiten.


Vom Filmkritiker zum Regisseur...


Im Jahr 1951 gründete André Bazin, der heute zu den bedeutendsten französischen Filmkritikern gehört, sein Filmmagazin Cahiers du cinéma. Unter dem Pseudonym Hans Lucas schrieb der junge Jean-Luc als einer der ertsen Autoren Filmkritiken. Auch wenn die Zeitschrift nach nur fünf Ausgaben wieder eingestellt wurde, bezeichnete Godard diese Zeit als sehr wichtig für sein späteres filmisches Wirken.

Für Jean-Luc Godard war daraufhin klar, dass er selbst gerne einen Film umsetzten würde. Nach einem zunächst fehlgeschlagenen Versuch inszenierte er 1954 seinen allerersten Film. Den Kurzfilm „Opération Béton“, der über den Erbau der schweizer Staumauer Grande Dixence handelte. Die Betreiberfirma des Damms erwarb nachträglich den Film und auch, wenn er von Kritikern als oberflächlich und uninspiriert verpönt wurde, war es für den jungen Godard der Beginn seiner Karriere als Filmemacher.

In den nächsten vier Jahren führte er bei vier weiteren Kurzfilmen Regie und arbeitete als Filmeditor für Dokumentarfilme. Im Jahr 1960 konnte er erstmals einen Kinofilm inszenieren und brachte den Gangster-Krimi „Außer Atem“ auf die große Leinwand. Ihm und Hauptdarsteller Jean-Paul Belmondo gelang durch den Streifen der Durchbruch. Bei den Dreharbeiten setzte der junge Regisseur oftmals auf intuitive, unkonventionelle Entscheidungen. So drehte er den gesamten Film lediglich mit einer Handkamera und beleuchtete den Film karger, um die gewollte Atmosphäre schaffen zu können. Durch seine besonderen Stilmittel war sein erster Film „Außer Atem“ gleich durch seine künstlerische Inszenierung herausstechend.


Noch im selben Jahr brachte er seinen zweiten Film in die Lichtspielhäuser, der wieder auf künstlerischer Ebene, aber vor allem durch seine politische Geschichte für Aufmerksamkeit sorgte. Seine Tragikomödie „Der kleine Soldat“ erzählte vom grausamen Vorgehen der französischen Armee im Kampf gegen die algerische Unabhängigkeitsbewegung. Das Drehbuch war dabei so schonungslos, dass der Film zunächst von der französischen Zensur verboten wurde und erst als Godard geringfügige Änderungen vornahm, erhielt der Streifen eine Freigabe.


Revolutionär, provokant und gesellschaftskritisch...


Die 60er Jahre waren die aus heutiger Sicht produktivsten und Godard inszenierte indem Jahrzehnt über zwanzig Filme, teilweise sogar gleichzeitig. Nach eher realistischen Geschichten, wurde Godards Arbeitsweise immer experimenteller und rigeroser ...


Musik zur Verstärkung der Atmosphäre und Erzählweise und das Stilmittel der Schrifttafeln fand immer mehr Verwendung in der Filmografie von Jean-Luc Godard. Der Vietnamkrieg und schonungslose Gesellschaftskritik formten das Bild des provokant revolutionären Regisseurs. Entgegen dem kommerziellen Kino brachte er immer wieder kunstvolle Werke auf die große Leinwand, die sowohl Publikum wie Kritiker spalteten.


Bildnachweis: Editions Montparnasse


In den sechziger Jahren hat sich Godard zweimal vermählt, was nochmals verdeutlicht, dass dieses Jahrzehnt der Mittelpunkt seines Lebens war. So heiratete er 1961 die Schauspielerin Anna Karina, doch die beiden ließen sich bereits im Jahr 1965 scheiden. 1967 heiratete er bereits erneut, die französische Schauspielerin und Schriftstellerin Anne Wiazemsky. Die Ehe ging 1979 in die Brüche. Seit dem Jahr 1974 lebt er mit der schweizerischen Filmemacherin Anne-Marie Miéville zusammen.

Ende der siebziger Jahre änderte Godard seinen Stil radikal und näherte sich wieder seinen Ursprüngen und dem Dokumentarfilm. Ein Hybrid aus Dokumentation und Selbstreflexion war es, was das Spätwerk des Jean-Luc Godard auszeichnet. Doch bei all den Filmen der langen Filmografie bleib er sich in einer Sache treu, er versuchte nie das größtmögliche Publikum zu erreichen und versuchte eher, das Kino als Ort kunstvoller Bewegtbilder zu verstehen. So kamen viele Filme nicht auf die große Leinwand, da sie vom klassischen Kinopublikum nicht angenommen worden und Godard begeisterte überwiegend über Filmfestivals.


Nach dem Godard 1971 einen schweren Autounfall überlebte, zog er sich in die schweizer Kleinstadt Rolle am Nordufer des Genfersees zurück, wo er letztlich auch verstarb. 2010 wurde er mit einem Oscar für sein Lebenswerk geehrt, den er jedoch als Hollywood-Kritiker nicht persönlich entgegennahm.


Jean-Luc Godard prägte das Kino auf seine ganz besondere Art und Weise und hinterlässt der Nachwelt eine außergewöhnliche Filmografie. Seine Filme sind keine 08/15-Produktionen, die große Massen ansprechen, sondern kunstvolle, aber auch provozierende wie radikal gesellschaftskritische Werke. Als ein wichtiger Part der Nouvelle Vague prägte und veränderte er das Kino mit sowohl technischen wie erzählerischen Stilmitteln und gehört zu den bedeutsamsten Regisseuren der Filmgeschichte. Nun ist er verstorben und man kann der hinterbliebenen Familie und seinen Freunden nur sein Beileid aussprechen.


Ruhe in Frieden!



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