Alma war während des frühen 20. Jahrhunderts eine bedeutsame Persönlichkeit der Musik-, Kunst- und Literaturszene, die in ihrem Leben vieles erlebte, durchmachen musste und mit einigen recht bekannten Männern zusammen war, darunter auch mit dem renommierten Maler Oskar Kokoschka. Über ihre gemeinsame Zeit erzählt nun das Historiendrama „Alma + Oskar“. Ein Film, den man nicht verpassen sollte?
Bildnachweis: © Aliocha Merker, Alamode Film
Alma Mahler und Oskar Kokoschka sind zwei fesselnde Persönlichkeiten, die im 20. Jahrhundert eine bedeutende Rolle in der Kunst- und Kulturszene spielten. Geboren am 31. August 1879 in Wien, war Alma Mahler nicht nur Inspirationsquelle und Ehefrau vieler berühmter Künstler ihrer Zeit, sie war auch selbst eine kreative Künstlerin, die ihre Begabungen jedoch nie wirklich ausschöpfte. Doch als bezaubernde, intelligente und leidenschaftliche Frau wurde sie dennoch zu einer beeindruckenden Figur, die von Historikern nicht übersehen wurde.
Dagegen erblickte Oskar Kokoschka am 1. März 1886 im österreichischen Pöchlarn das Licht der Welt. Er wurde nicht nur als herausragender Maler und Grafiker, sondern auch als talentierter Schriftsteller gefeiert, der selbst ebenfalls Dramen für die Theaterbühne verfasste. Sein expressionistischer Stil und seine provokanten Werke sorgten für Furore und ließen die Kunstwelt aufhorchen. Kokoschka war ein wahrer Visionär, der die Grenzen der konventionellen Kunst sprengte und mit seinen Werken die Gemüter erregte.
Beide – Alma und Oskar – waren zwei starke Persönlichkeiten voller Kreativität, die eine recht komplexe und ambivalente Liebesbeziehung führten. Basierend auf dem historischen Roman „Die Windsbraut“ aus dem Jahr 2020, in dem Hilde Berger ihre Beziehung beleuchtete, entstand nun in kürzester Zeit die Verfilmung. Hilde Berger selbst war aktiv am Drehbuch beteiligt, das sie gemeinsam mit Dieter Berner verfasste, der schließlich als Regisseur die Inszenierung übernahm.
Darum geht es:
Die Ehe mit dem renommierten, bedeutend älteren und vermögenden Komponisten Gustav Mahler läuft seit einiger Zeit nicht mehr rund. Während ihr Mann als musikalisches Genie gefeiert wird, fühlt sich Alma im Schatten und unterdrückt, obwohl sie selbst kreative Ideen für musikalische Werke hat. Um der zerrütteten Ehe zu entkommen, beschließt sie, heimlich aus ihr auszubrechen und beginnt eine leidenschaftliche Affäre. Als der alternde Komponist schließlich im Jahr 1912 stirbt, hinterlässt er Alma ein Erbe, das ihr finanzielle Unabhängigkeit für den Rest ihres Lebens sichert. Dies macht sie bei vielen Männern begehrt, nicht nur wegen ihrer Schönheit.
Bildnachweis: © Aliocha Merker, Alamode Film
Als Alma den jungen und exzentrischen Künstler Oskar Kokoschka trifft, beginnt schnell eine exzessive Liebesbeziehung. Aus einer Affäre entfaltet sich eine mitreißende Romanze, die nicht nur in einigen der eindrucksvollsten Werke des Expressionismus verewigt wurde, sondern auch nach anfänglichem Glück ein düsteres Schicksal zu haben scheint.
Die Rezension:
„Alma + Oskar“ hatte das Potenzial, ein wirklich großartiger Film zu werden. Die Szenen, die uns letztendlich präsentiert werden, sind durchweg hochwertig inszeniert und großartig gespielt. Doch leider stolpert der Film am Ende über ein sehr fragmentiertes Drehbuch. Es entsteht der Eindruck, dass Oskar Kokoschka lediglich eine Affäre von Alma war, die zwar bedeutende Kunst hervorgebracht hat, über die jedoch zu wenig für einen packenden Spielfilm bekannt ist. Dieser Eindruck verstärkt sich, als der Film plötzlich und abrupt endet.
Von Anfang an wird der Zuschauer durch die Zeit geworfen, und obwohl Einblendungen immer wieder anzeigen, wo wir uns in der Zeit befinden, kann man sich nie wirklich orientieren. Die Handlung nimmt sich zu keinem Zeitpunkt die Zeit, innezuhalten und den Zuschauer mitzunehmen. Während andere Werke sich oft in ausufernden Expositionen verlieren, verzichtet dieser Film fast vollständig darauf, Erklärungen zu liefern und Kontext zum Geschehen zu geben. Dadurch gelingt es ihm nur sehr holprig, eine gewisse Erzählstruktur zu etablieren, da bereits zu Beginn heftig in der Zeit gesprungen wird, ohne dass sich Handlung oder Figuren entwickeln würden.
Bildnachweis: © Aliocha Merker, Alamode Film
Selbst nachdem der vermeintliche Anfang vorbei ist, findet der Film keine Struktur mehr und präsentiert nur bruchstückhaft, was sich historisch so oder ähnlich abgespielt haben könnte. Das mag als Chronik funktionieren, aber als Spielfilm funktioniert es über weite Strecken nicht. Man spürt zwar die biografische Genauigkeit, die Hilde Berger mit dieser berühmten Affäre der Kunstgeschichte verbindet, doch die Verfilmung schafft es nicht, die Geschichte wirklich auf der großen Leinwand zum Leben zu erwecken. Sie bleibt in den historisch korrekten Daten gefangen und verpasst es, an anderen Stellen dramaturgisch größere Bilder zu zeichnen. Der Versuch, akkurat zu erzählen, ist bemerkbar, jedoch zu steif.
Zumindest bis zur Mitte des Films gibt es mit einem anstehenden Konzert ein übergeordnetes Ziel, in das sich die verworrenen Geschehnisse einfügen lassen. Danach verliert der Film jedoch erneut seine Struktur, die er nie wieder richtig zurückgewinnt. Das ist äußerst bedauerlich, denn der Film hätte so viel besser sein können. Allein die Inszenierung ist teilweise wirklich großartig. Die Kameraführung und Ausleuchtung sind sehr durchdacht, mal farbenprächtig, mal etwas gedimmt, je nachdem, was zum Geschehen passt.
Auch die gewählten Perspektiven und Kamerageschwindigkeiten passen sehr gut, ebenso wie der manchmal wirklich gelungene Schnitt. Die Ausstattung ist ebenfalls beeindruckend. Der Film spielt größtenteils im historischen Wien vor etwa hundert Jahren und wartet nicht nur mit einer großartigen Setgestaltung auf, sondern auch mit wunderschönen Kostümen, die zu wundervollen Aufnahmen führen. Gerade das Spiel mit den Farben im Hintergrund macht „Alma + Oskar“ in seinen besten Momenten selbst zu einem kunstvollen Gemälde.
Hinzu kommt, dass das Casting sehr gut ist und gerade die tragenden Rollen gut besetzt wurden. Valentin Postlmayr geht völlig in der Rolle des Oskar Kokoschka auf und überzeugt nicht nur, wenn er ganz still und in sich gekehrt ist, sondern auch, wenn er die Beherrschung verliert und eine ganz andere Seite zeigt. Postlmayr liefert eine hervorragende Darstellung.
Bildnachweis: © Aliocha Merker, Alamode Film
Dennoch stiehlt ihm die fantastisch aufspielende Emily Cox stets die Show. In einer von Männern dominierten Welt verkörpert sie eine starke weibliche Figur durch ihr präsentes und kraftvolles Spiel. Auch wenn sie sich in intimen Szenen verletzlich zeigt, bleibt sie stets eine starke Persönlichkeit und trägt den Film souverän, selbst wenn das Geschehen um sie herum verwirrend ist. Ob sie betrunken lachend herumtorkelt, sich gegen die Männerwelt auflehnt oder sich der Leidenschaft hingibt – „The Last Kingdom“-Star Emily Cox zeigt einmal mehr, dass sie eine grandiose Schauspielerin ist.
Ein weiterer Wermutstropfen ist aber, dass der kurzweilige Film, der lediglich 89 Minuten dauert und ohnehin vieles unausgesprochen lässt, zu oft in Sexszenen übergeht. Hier hätte man mit weniger auskommen können, insbesondere da sie am Anfang noch richtig gut und kreativ inszeniert wurden, während sie später immer generischer und ermüdender werden.
Fazit:
Letztendlich ist „Alma + Oskar“ dennoch alles andere als ein schlechter Film. Er ist durchweg gut gespielt, handwerklich sehr ansprechend und die Inszenierung ist überaus gelungen. Jedoch macht das löchrige Drehbuch mit seiner fragmentierten Dramaturgie ohne einen durchgehenden roten Faden vieles wieder zunichte.
6 von 10 Punkten
„Alma + Oskar“ ist seit dem 6. Juli 2023 in den Kinos.
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