Im neuen Fantasy-Abenteuer „Damsel“ von Netflix wird das klassische Märchenmotiv auf den Kopf gestellt. Anstatt einer Prinzessin, die von einem Prinzen gerettet wird, nimmt die Protagonistin ihr Schicksal hier selbst in die Hand und stellt sich einem feuerspeienden Drachen entgegen.
Millie Bobby Brown und Netflix – eine Kombination, die einfach perfekt zu sein scheint. Seit ihrem Durchbruch im Jahr 2016 mit der ikonischen Rolle als Eleven in der Netflix-Serie „Stranger Things“ hat die junge Schauspielerin die Zuschauer weltweit begeistert. Mit der bevorstehenden fünften und letzten Staffel von „Stranger Things“ bleibt die Serie ein fester Bestandteil der Streaming-Plattform, und Browns Präsenz auf Netflix ist längst zu einem Markenzeichen geworden.
2020 präsentierte Netflix „Enola Holmes“ mit Brown in der Titelrolle als die ebenso kluge wie furchtlose Schwester des berühmten Sherlock Holmes. Von den fünf Filmen, die Brown bislang in ihrer Filmografie vorweisen kann, wurden ganze drei für Netflix produziert. Ihr neuestes Projekt „Damsel“ verspricht nun ein aufregendes Fantasy-Abenteuer. In diesem Film schlüpft Brown in die Rolle einer Prinzessin. Ist das sehenswert?
Darzm geht es:
In einem fernen Königreich wird Prinzessin Elodie an den geheimnisvollen Prinzen Henry aus einem rivalisierenden Reich verheiratet. Doch statt einer märchenhaften Zukunft erwartet sie ein düsteres Schicksal: Die Königin und der König des Nachbarlandes planen, Elodie einem gefährlichen Drachen zu opfern, um ihr Reich zu retten. Als Elodie von diesem grausamen Vorhaben erfährt, ist es bereits zu spät.
In der finsteren Höhle des Drachens, weit entfernt von jeglicher Rettung, stellt sich Elodie ihrem Schicksal. Doch die Suche nach einem Ausweg aus den Klauen des Monsters führt sie auf einen gefährlichen Pfad voller Herausforderungen und unerwarteter Verbündeter. Wird es Prinzessin Elodie gelingen, dem grausamen Schicksal zu entkommen und sich selbst zu retten, Oder wird sie für immer in der Dunkelheit der Drachenhöhle gefangen bleiben?
Die Rezension:
So wie beim recht ähnlich konzipierten „The Princess“ aus dem Jahr 2022 das klassische Märchen-Setup herausgefordert wurde, konzentriert sich auch „Damsel“ auf die Befreiung einer Prinzessin aus den Fesseln ihres vorbestimmten Schicksals. Doch hier findet die Geschichte nicht in einem Turm, sondern größtenteils in der gefährlichen und gleichermaßen geheimnisvollen Höhle eines Drachens statt. War bereits die Hulu-Produktion mit Joey King in der Hauptrolle inhaltlich eher schlicht und auf die Action konzentriert, um die Protagonistin durch ein turbulentes Abenteuer zu führen, ist auch „Damsel“ ein sehr stark auf die Hauptdarstellerin fokussiertes Survival-Abenteuer, für das die lose herum gebettete Handlung und das mittelalterliche Setting lediglich Beiwerk sind.
Dabei entführt uns der Film zunächst in eine farbenfrohe Welt, die fast überbewusst märchenhaft wirkt, nur um dann mit einem radikalen Bruch im Genre zu wechseln. Gedreht wurde „Damsel“ zwischen März und Juni 2022 an verschiedenen Orten in Portugal, dennoch sind die realen Schauplätze in der Filmfassung kaum noch zu erkennen. Die üppigen Felder, das majestätische Schloss von Aurea und die imposanten Gebirgszacken scheinen mehr aus dem Computer zu stammen. Trotz eines Budgets von 60 bis 70 Millionen Dollar wirken einige Effekte etwas aus der Zeit gefallen und nicht auf dem Niveau eines Kino-Blockbusters.
Ausgearbeiteter und mit mehr Detailverliebtheit ist dagegen die Höhle des Drachens, mit leuchtenden Glühwürmchen und einer mit funkelnden Kristallen übersäten Felswand. Am deutlichsten wird der Produktionsaufwand neben dem ausgeklügelten Höhlensystem des Drachen in der Kostümabteilung sichtbar. Hier wurden nicht nur für den Anfang ansprechende Kostüme entworfen, sondern auch Elodies Odyssee in der Höhle und ihr kostümtechnisch sichtbarer Verschleiß gekonnt in Szene gesetzt. Die Inszenierung bleibt kurzweilig, obwohl die Handlung durch den generischen Aufbau etwas an Spannung raubt und mehr an das Quest-System eines Videospiels erinnert als an eine stringente Handlungsentwicklung.
Juan Carlos Fresnadillo hat bei „Damsel“ Regie geführt:
Jedoch hat „Damsel“ ein Hauptproblem: Millie Bobby Brown kann als Prinzessin Elodie keine wirklich eigenständige Persönlichkeit entwickeln, da sie sich nicht genug von den Narrativen ihrer früheren Rollen abgrenzen kann, um eine völlig neue Figur zu entwickeln. Stattdessen verschwimmen die Grenzen zwischen Enola Holmes, Madison Russell und Eleven, wodurch die Protagonistin mehr wie ein Hybrid aus verschiedenen bereits bekannten Charakteren wirkt. Insbesondere in den Actionsequenzen zeigt sie zwar Einsatz und Spielfreude, doch in den Momenten der Charakterentwicklung bleibt ihr Spiel oft flach und eindimensional und beschränkt sich auf eine bestimmte Emotion, Attitüde oder Stimmung, die die Szene prägt, jedoch fehlt es an Nuancen, die aus Elodie eine mehrschichtige Figur machen würden.
Hinzu kommt, dass Brown trotz der düsteren und schmutzigen Umgebung der Handlung stets perfekt inszeniert wird. Diese makellose Darstellung, einschließlich stets perfekt sitzenden Make-ups, verstärkt den Eindruck eines bereits fertigen Charakters ohne nennenswerte Entwicklung. Elodie erscheint von Anfang an als ein perfekter Charakter, der lediglich Missionen zu erfüllen hat. Millie Bobby Browns Präsenz dominiert durchweg 108-minütige Geschehen, während das hochkarätige Ensemble um sie herum kaum schauspielerische Akzente setzen kann. Robin Wright und Angela Bassett bleiben in ihren flachen Rollen unterfordert und treten kaum in Erscheinung, während Brown eher als sie selbst denn als ihre Figur erscheint.
„Damsel“ ist ein Film, der das Potenzial besaß, einen progressiv feministischen Ansatz zu verfolgen. Diese Möglichkeit wird jedoch letztlich nur als Marketinginstrument genutzt, wobei die feministische Botschaft im Film selbst zu einem bloßen Gimmick verkommt. Schon zu Beginn wird die Spannung dadurch gemindert, dass die Erzählung die erwarteten Narrative umkehrt, jedoch nicht weiter ausbaut. Die zentrale Figur, eine Prinzessin, die sich selbst rettet, anstatt von einem Mann gerettet zu werden, repräsentiert zwar ein nicht-traditionelles Märchen, bleibt jedoch charakterlich austauschbar und oberflächlich. Sogar der Drache, der zunächst mit einem interessanten Motiv versehen wird, verfällt letztlich in die stereotype Rolle des Antagonisten. Die finale Wendung lässt das ursprüngliche Potenzial ungenutzt.
Es reicht nicht aus, einen weiblichen Drachen mit einer spannenden Hintergrundgeschichte zu entwerfen, wenn dieser dann doch in die gleichen Verhaltensmuster wie alle bisherigen Filmdrachen verfällt. Die Prämisse der „Drachin“ wird zu wenig exploriert, wodurch die Idee in einem schwachen Drehbuch und einer generischen Inszenierung verloren geht. So bleibt von dem vermeintlich feministischen Ansatz nicht viel mehr als eine nette, aber letztlich enttäuschende Idee und der Eindruck einer auf Spielfilm-Länge überdehnten Kurzgeschichte.
„Damsel“ präsentiert sich wie eine Schale geschmackloser Suppe: Mit verwässerten Erzählsträngen und einer fragwürdigen Moral bleibt der Film blass und kraftlos. Die fantasievolle Welt, die auf den ersten Blick beeindruckend wirken könnte, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als unausgereift und oberflächlich, wodurch das eigentliche Potenzial der Geschichte verpufft. Die durchgeplante Produktion lässt keinerlei Raum für kreative Ausbrüche und hält sich starr an bewährte Fantasy-Klischees. Netflix und die Filmemacher scheinen voll und ganz auf Millie Bobby Brown als Zugpferd gesetzt zu haben, doch während dies für ihre Fans und Anhänger leichter Fantasy-Kost ausreichen mag, dürften Zuschauer, die nach tiefergehender Substanz suchen, enttäuscht werden.
Fazit:
In „Damsel“ sind die Bilder und insbesondere der episch dröhnende Soundtrack von David Fleming schlicht viel zu groß für das vergleichsweise simple Survival-Abenteuer, das sich vor allem durch seinen Versuch, eine progressivere Note anzuschlagen, verzettelt und dabei auch kaum von der omnipräsenten Millie Bobby Brown getragen werden kann.
4 von 10 Punkten
>>> STARTTERMIN: Ab dem 8. März 2024 auf Netflix.
Weitere Informationen zu „Damsel“:
Genre: Fantasy, Action, Abenteuer
Produktionsjahr: 2022
Laufzeit: 108 Minuten
Altersfreigabe: Netflix-Altersempfehlung ab 12 Jahren
Regie: Juan Carlos Fresnadillo
Drehbuch: Dan Mazeau
Besetzung: Millie Bobby Brown, Ray Winstone, Angela Bassett, Robin Wright und viele mehr ...
Trailer zu „Damsel“:
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