Harrison Ford ist nach schwerfälliger und jahrelanger Produktion ein letztes Mal als der ikonische Archäologe und Abenteuerer Dr. Henry Walton Jones Jr. auf die große Leinwand zurückgekehrt, um sich gebührend mit Humor, Hut und Peitsche von seiner Paraderolle zu verabschieden. Wie gut ist der fünfte Indy-Film „Indiana Jones und das Rad des Schicksals“?

Bildnachweis: © 2022 Lucasfilm Ltd. & TM. All Rights Reserved.
Vor inzwischen fünfzehn Jahren kam der letzte Ableger der beliebten Abenteuerfilmreihe um Indiana Jones in die Kinos. Seit vielen Jahren steht fest, ein fünfter „Indiana Jones“-Film soll kommen. Die Produktion allerdings war sehr schwerfällig und oftmals stand die Umsetzung sogar auf der Kippe. Nachdem George Lucas‚ Filmstudio Lucasfilm an Disney überging, kündigte der Mäusekonzern bereits im März 2016 an, einen weiteren Teil der Abenteuerfilmreihe zu produzieren. Vier Jahre später als ursprünglich angekündigt kam der fünfte Ableger nun auch tatsächlich in die Kinos.
Ursprünglich sollte wieder Steven Spielberg Regie führen, aber später übergab er den Posten an James Mangold. Das Drehbuch wurde mehrmals geändert und letztendlich von Jez Butterworth, John-Henry Butterworth und James Mangold verfasst. Auch die Dreharbeiten verliefen sehr schwerfällig und wurden nicht nur durch die Corona-Pandemie verzögert, auch ein Unfall von Hauptdarsteller Harrison Ford verzögerte die Produktion. Doch nun ist der Film endlich abgedreht und „Indiana Jones und das Rad des Schicksals“ ist seit dem 29. Juni 2023 hierzulande in den Kinos zu sehen.

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„Indiana Jones und das Rad des Schicksals“ ist nicht nur der fünfte und vermutlich auch letzte Ableger der wohl größten Abenteuerfilmreihe, es ist auch der letzte Film von Hollywoodlegende Harrison Ford und ebenso der letzte Streifen, der musikalisch von John Williams untermalt wurde. Viele Gründe für einen Kinobesuch – doch lohnt er sich auch?
Darum geht es:
Im Jahr 1969, dem Jahr der Mondlandung und bahnbrechenden Entdeckungen, scheint die Zeit stillzustehen für Indy. Die letzten aufregenden Abenteuer liegen längst hinter ihm, während er sich mit dem Unterrichten in den vergangenen Jahren beschäftigte. Die Welt um ihn herum verändert sich rasant, wächst dem alternden Archäologen immer mehr über den Kopf. Gerade als er glaubt, zur Ruhe zu kommen, wird er erneut in ein gefährliches Abenteuer verwickelt. Gemeinsam mit seiner Patentochter Helena Shaw begibt sich Indy ein letztes Mal auf eine waghalsige Schatzsuche, bei der nicht nur lebensgefährliche Gefahren lauern sondern auch alte Widersacher. Es beginnt wortwörtlich ein Wettlauf um die Zeit und Indy wird ein letztes Mal die Peitsche gegen Nazis schwingen …
Helena und Indy:

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Die Rezension:
Bevor ich beginne, möchte ich darauf hinweisen, dass die üblicherweise oft gestellten Fragen wie „Ist er so gut wie …“ hier wenig aussagekräftig sind und subjektiv von jedem selbst beurteilt werden können. Denn der fünfte Teil ist in erster Linie ein pompöser Abschied von Harrison Ford, der sowohl technisch, inszenatorisch als auch erzählerisch schwer mit der alten Trilogie verglichen werden kann. Obwohl der neue Film auch genug bietet, um ihn als weiteren Reinfall abzustempeln, kann man durchaus auch seinen Spaß haben, wenn man seine Erwartungen etwas zurückschraubt. Denn zu erwarten, dass der 80-jährige Harrison Ford genauso agil ist wie in den 80er Jahren, würde dem Film nicht gerecht werden, wenngleich man durchaus generell hinterfragen darf, ob jedes Franchise endlos fortgeführt werden muss.
Auch wenn Harrison Ford ebenfalls im „Star Wars“-Universum eine tragende Rolle verkörperte, ist und bleibt Indy doch seine große Paraderolle, eine der größten Filmfiguren überhaupt. Doch mittlerweile ist er 80 Jahre alt, so dass sich schon im Vorfeld gefragt wurde, wie man mit ihm noch einen flotten und mitreißenden Actionabenteuerfilm drehen könnte, der der Filmreihe gerecht wird. Zwar zählt die Haupttrilogie der Reihe im Allgemeinen zu den besten Abenteuerfilmen, jedoch konnte bereits der 2008 erschienene vierte Ableger nicht mehr Fans den Indy geben, den sie sich in der Peitsche schwingenden Kultfigur vorstellten.

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Um die Fans beim fünften Teil wieder abzuholen, entschieden sich die Macher für einen spektakulären Einstieg mit einer Verfolgungsjagd. Da der 80-jährige Harrison Ford jedoch nicht mehr wie ein junger Mann über Züge springen kann, inszenierte James Mangold einige Szenen mit einem Stuntman, dessen Gesicht digital durch Harrison Fords ersetzt wurde. Auch Szenen, in denen Harrison Ford in die Kamera blickt, könnten überraschend sein, da sein Gesicht digital verjüngt wurde.
Dieser Einstieg wird die Geister spalten, denn auch wenn er typische Indiana Jones-Action mit bekannten Themen bietet, ist die technische Umsetzung nur teilweise gelungen. Obwohl die CGI-Technik bei ruhigen Bildern eine nahezu perfekte Verjüngung ermöglicht, wirkt alles recht künstlich, sobald sich der Kopf dreht und das Bild in schneller Bewegung ist. Doch auch wenn die CGI-Technik nicht alles kaschieren konnte, bietet der actiongeladene Prolog genau das, was die Zuschauer von einem „Indiana Jones“-Film erwarten dürften.
So wie es in der etwa halbstündigen Einleitung mehr oder weniger gelang, so sehr hat man sich auch im weiteren Verlauf des Films alle Mühe gegeben, um nochmals einen abenteuerlustigen Indiana Jones auf die Leinwand zu zaubern. Die Effektkünstler nutzen geschickt und auffällig häufig verwaschene Kontraste und künstlich gesetzte Unschärfen, um die digitalen Bilder so gut wie eben möglich mit den Realfilmaufnahmen zu kombinieren. So demonstriert „Indiana Jones und das Rad des Schicksals“ zwar die immer besseren technischen Möglichkeiten, jedoch verleiht es dem Film auch eine gewisse künstliche Note.
Harrison Ford künstlich verjüngt:

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Etwas subtiler und für den Zuschauer unauffälliger wurde im Schnitt gearbeitet. Gerade in Actionsequenzen wie der Verfolgungsjagd im Tuk-Tuk wurde doch bemerkenswert oft die Perspektive gewechselt. Obwohl die Szenen stark zerschnitten sind, erzeugen sie in Kombination mit der grandiosen Filmmusik von John Williams dennoch eine mitreißende Wirkung.
Jedoch verliert der Film immer wieder die aufgebaute Spannung in seiner opulenten Laufzeit von 154 Minuten, da es Regisseur James Mangold nicht wirklich gelang, einen gut strukturierten und in sich schlüssig aufgebauten Erzählrhythmus zu inszenieren. Mit einfacher Erzählstruktur liefert „Indiana Jones und das Rad des Schicksals“ ein generisches Abenteuer, das stellenweise recht episodisch wirkt. Es gibt häufig abrupte Ortswechsel, die fast wie ein Aufbau eines Computerspiels wirken. Die Übergänge von Actionsequenzen zu Dialogszenen sind oftmals sehr plötzlich und können kaum die Stimmung der vorherigen Szene bewahren oder weiterspinnen. Ein weiteres Problem der Handlung besteht darin, dass keine kohärente Tonart erreicht wird. Ist der Film beabsichtigt als spaßiges Abenteuer oder als emotionaler Abschied von Harrison Ford?

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Auch wenn die Handlung in ihrer Struktur recht generisch ist, gibt es doch immer wieder kleinere überraschende Wendungen, die im Kinosaal für erstaunte Reaktionen sorgen. Zum Finale hin dreht die Geschichte dann völlig ab und setzt wie gewohnt einen schrägen Schlusspunkt, der überaus spaßig ist. Dennoch verabschiedet sich die Reihe nicht vollends von der Logik und endet nach dem großen Spektakel mit einem emotionalen und intimen Moment, der sowohl der Reihe als auch der Figur gerecht wird.
Die Dialoge sind eher zweckdienlich formuliert und viele Witze verfehlen ihre Wirkung. Das ist jedoch nicht weiter schlimm, da die spielfreudige Besetzung einiges aus den austauschbaren Dialogen rausholt. Harrison Ford zeigt auch in seinem vermutlich letzten Auftritt im Kino, welch großartiger Schauspieler er ist. Ebenso brillant spielt der dänische Ausnahmeschauspieler Mads Mikkelsen den perfekten Antagonisten für einen „Indiana Jones“-Film.

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Obwohl ihre Dialoge gelegentlich nicht zur Charakterentwicklung beitragen, verwandelt die talentierte Phoebe Waller-Bridge die Patentochter von Jones, Helena Shaw, in eine starke weibliche Figur, die sich von einer listigen Schmugglerin zu einer mit Indy auf Augenhöhe agierenden Archäologin entwickelt.
Fazit:
Insgesamt ist „Indiana Jones und das Rad des Schicksals“ ein solider Abenteuerfilm, der jedoch nicht das herausragende Niveau seiner Vorgänger in der Filmreihe erreicht. Trotzdem bietet der Film Spaß und überraschende Wendungen, hat aber auch einige Schwächen in der Erzählstruktur und der technischen Umsetzung. Harrison Ford verabschiedet sich würdig von der großen Leinwand, begleitet von den epischen Klängen des Soundtrack-Maestro John Williams.
5 von 10 Punkten
„Indiana Jones und das Rad des Schicksals“ ist seit dem 29. Juni 2023 in den Kinos.
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