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Kritik zu „No Hard Feelings“: Enttäuschendes Komödienexperiment scheitert an überholten Konventionen

Eine extrovertierte Frau in finanzieller Notlage versucht verzweifelt ihr Haus zu behalten, indem sie von reichen Eltern für ein Auto angeheuert wird, um deren introvertierten Sohn zu daten und sein Selbstbewusstsein zu stärken. Ist es eine problematische Teenie-Komödie wie aus vergangenen Jahrzehnten mit überholten Wertevorstellungen oder doch eine moderne, freche Komödie, die den Kinosommer unterhaltsam auflockert?


Bildnachweis: © 2023 CTMG, Inc. All Rights Reserved.


Die „X-Men“-Reihe und natürlich die „Die Tribute von Panem“-Filme machten Jennifer Lawrence bekannt, jedoch gewann sie keinen Oscar als Actionheldin, sondern für ihre Rolle in der romantischen Komödie „Silver Linings“. Danach war sie kaum noch in komödiantischen Filmen zu sehen, sondern spielte vor allem in Blockbustern im mittleren Kostenbereich wie „Red Sparrow“ und „Passengers“ mit. Diese Filme waren jedoch nicht mehr erfolgreich an den Kinokassen und Lawrence verschwand allmählich aus dem Rampenlicht.

Mit der oscarnominierten Netflix-Komödie „Don't Look Up“ kehrte sie 2021 wieder ins Bewusstsein vieler zurück, und auch ihr anschließendes Indie-Drama „Causeway“ wurde erneut recht positiv aufgenommen. Jetzt gibt es wieder eine romantische Komödie mit ihr in der Hauptrolle und auch wenn „No Hard Feelings“ keine Oscar-Aussichten hat, könnte es ein spaßiger Sommerfilm sein, auf den die Schauspielerin selbst große Lust hatte, weshalb sie auch extra für dieses Projekt die geplante Baby-Auszeit von der Schauspielerei unterbrach.


Darum geht es:


Die Uber-Fahrerin Maddie steht vor einer verzwickten Situation: Lief es schon zuvor nicht wirklich gut, wurde auch noch ihr Auto gepfändet, ausgerechnet von ihrem Ex-Freund. Um sich nun von den Schulden befreien zu können, kann sie jetzt nicht mehr als Uber-Fahrerin ohne ihr Auto weiterarbeiten. Da sie ihr Haus vor dem verkauf bewahren will braucht Maddie dringend eine schnelle Lösung, um an eine Menge Geld zu kommen. Da kommt das skurrile aber gleichermaßen verlockende Angebot der wohlhabenden Helikopter-Eltern Allison und Laird gerade recht, die auf Biegen und Brechen erreichen wollen, dass ihr sozial unbeholfener Sohn Percy noch vor dem College eine Beziehung hat.


Die Helikopter-Eltern haben genaue Vorstellungen für ihren Sohn:

Bildnachweis: © 2023 CTMG, Inc. All Rights Reserved.


Sie bieten tatsächlich ein Auto als Geschenk an, wenn eine junge Frau in ihren Zwanzigern sich um ihren introvertierten und sozial unbeholfenen Sohn Percy kümmert. Die Aufgabe besteht darin, ihm Selbstbewusstsein beizubringen, damit er für das College-Leben gewappnet ist. Zugegeben, Maddie ist sich nicht ganz sicher, ob der Begriff „Date“ in der Anzeige tatsächlich nur ein Codewort für Sex ist, aber hey, sie geht das Risiko ein.Entschlossen macht sie sich also daran, den Teenager Percy zu verführen. Doch trotz all ihrer ambitionierten Versuche, ihn mit ein wenig Alkohol und Nacktbaden aufzulockern, stellt sich die Aufgabe als kniffliger heraus als gedacht. Percy ist eine harte Nuss, die es zu knacken gilt.


Die Rezension:


Seine Geschichten nehmen sich selten ernst. Gene Stupnitsky ist ein Regisseur, der sich voll und ganz der Komik verschrieben hat und sich mit Sitcoms einen Namen gemacht hat. Allerdings hat Stupnitsky mittlerweile auch auf der großen Leinwand erste komödiantische Werke präsentiert und insbesondere mit seiner frech humorvollen Coming-of-Age-Komödie „Good Boys“ aus dem Jahr 2019 sowohl Kritiker als auch Publikum begeistert.


Mit seinem mittlerweile vierten Kinofilm wagt sich Stupnitsky nun in gewagtere Gefilde und versucht einen Spagat zwischen scheinbar überholten Werten und einem vulgären, frechen Humor, der mit Konventionen brechen soll. Gerade diese doppelbödige Prämisse machte „No Hard Feeling“ im Vorfeld spannend. Allerdings erweist sich der Film als recht enttäuschend, da der Streifen letztendlich nicht so intelligent mit den Konventionen spielt, wie erhofft.


Der introvertierte Percy - das Kokon:

Bildnachweis: © Paramount Pictures


Nicht scharf und keck formuliert sind viele Dialoge einfach nur vulgär und so verliert sich der Streifen stattdessen immer wieder in überholten Konventionen, reproduziert diese teilweise und liefert eine generische Komödie, die nur sporadisch durch Situationskomik und eine spielfreudige Besetzung für Spaß sorgt.


So passiert auch in „No Hard Feelings“ viel zu wenig, das tatsächlich überraschend wäre und die besten Witze wurden bereits im Promo-Material verschwendet. Es gibt nur wenige Szenen, in denen das falsche Daten wirklich unterhaltsam wird, insbesondere wenn Maddie ein wenig aus ihrer Rolle fällt und sich nicht wie ein unromantischer Panzer durch die Szenen walzt. Das mag stellenweise witzig sein, wie bereits im Trailer, jedoch auf den gesamten Film ist die Figur ermüdend plump.


Jennifer Lawrence brilliert in Slapstick-Momenten:

Bildnachweis: © Paramount Pictures


Trotz einiger Schwächen ist das Zusammenspiel zwischen den Hauptfiguren unterhaltsam, da die beiden Hauptdarsteller sichtlich Spaß an ihren Rollen, Szenen und Dialogen haben. Mit ihrer guten Chemie und Spielfreude können Jennifer Lawrence und Andrew Barth Feldman einiges von den generischen Aspekten der Handlung wettmachen. Während Jennifer Lawrence gerade in Slapstick-Momenten brilliert, wenn sie beispielsweise reichlich ungeschickt eine Treppe mit Rollschuhen hochsteigt oder in einem Beratungsgespräch für eine Hundeadoption voller doppeldeutigungen Anspielungen den Gegenüber aus der Fassung bringt, hat Andrew Barth Feldman seine besten Momenten gerade in der Verletzlichkeit seiner Figur.


Andrew Barth Feldman ist wohl die Entdeckung des Films, er verleiht dem schüchternen und in sich gekehrten Percy eine recht ambivalente Art. Zum einen scheint der sozial isolierte Teenager

recht liebenswert, jedoch schlummert in der Darstellung von Feldman auch eine trügerische Note, die er letztlich sogar ausspielen darf. Gleichermaßen sorgt er stets dafür, dass die Unbeholfenheit seiner Figur nicht den Boden verliert und ins Lächerliche kippt. Er verkörpert einen introvertierten jungen Mann, der sich zum ersten Mal in seinem Leben wirklich öffnet. Obwohl der Film in vielerlei Hinsicht grobschlächtig ist, spiegelt sein Schauspiel wie das gesamte Schauspielensemble dies nicht wider, welches stellenweise sehr nuanciert ist.


Bildnachweis: © Paramount Pictures


Obwohl man dem Film nicht absprechen kann, sich bemüht zu haben, eine bizarre wie spaßige Rahmenhandlung einzuführen, die nicht verkrampft oder deplatziert wirkt, liegt das eigentliche Problem darin, dass sich das Drehbuch, das Stupnitsky mitverfasste, sich zu viele Themen vorgenommen hat und letztendlich alle halbherzig behandelt. Dadurch verrennt sich die Komödie letztendlich.


Fazit:


Rein technisch ist der Film recht solide umgesetzt. Mit lockerer, sommerlichen Atmosphäre und einfach gehaltener Kameraarbeit, gepaart mit einem generischen schnitt ist "No Hard Feelings" letztlich einfache Kost mit grobem Humor. Gelegentlich gibt es amüsante Momente, aber insgesamt werden fragwürdige Werte aufgewärmt, anstatt mit ihnen zu brechen, wenngleich Jennifer Lawrence mit ihrem komödiantischen Talent durchaus unterhaltsam ist.


4 von 10 Punkten


„No Hard Feelings“ ist seit dem 22. Juni 2023 in den Kinos.



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