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Kritik zu „The Last Duel“. Was ist Ehre, was Mut und was bedeutet die Wahrheit?

„The Last Duel“ - Der neue Film von Ridley Scott widmet sich dem letzten gerichtlich angeordnetem Duell. Am 29. Dezember 1386 wurde in den Geschichtsbüchern festgehalten, dass auf dem Gelände des Klosters Saint-Martin in Paris das letzte offizielle Duell stattfand, dessen Ausgang vom Gericht als Gottesurteil gewertet wurde. Zwei Männer in einem Duell um Leben und Tod. Zwei Männer, die einst Freunde waren und sich nun zum Kampfe gegenüber stehen...

Matt Damon als Jean de Carrouges - Bildnachweis. © 20th Century Studios


Jean de Carrouges, der Herausfoderer: Ritter mit großem Namen, jedoch verarmt, kommt durch die Heirat mit Marguerite de Thibouville wieder zu Vermögen. Der Angeklagte und ehemaliger Freund, Jacques le Gris: Nur ein Knappe, jedoch in der Gunst des Königs, und so mehrt sich sein Reichtum. Einst waren beide Freunde. Waren gemeinsam im Krieg, kämpften gemeinsam. Jean rettete damals Jacques das Leben. Ihre Freundschaft wurde jedoch schwer erschüttert, als Jacques le Gris durch seine Geselligkeit am Hof die Gunst des Königs erlangte. Während er durch diesen immer mehr Reichtum gewann, machte sich Jean beim König immer unbeliebter. Als Jacques le Gris Land erhält, was ursprünglich als Mitgift der Heirat von Jean de Carrouges mit Marguerite diesem übereignet werden sollte, war endgültig ein Keil der Zwietracht zwischen beide gerammt. Damit kommen wir zu Marguerite de Thibouville, dem Dreh- und Angelpunkt der Geschichte: Nach einem Besuch von Jacques le Gris, in der Abwesenheit ihres Mannes Jean de Carrouges, brachte sie nach seiner Rückkehr eine ungeheure Anschuldigung vor: Jacques le Gris soll sie vergewaltigt haben... Jacques le Gris bestreitet jedoch die Anschuldigung und so steht Aussage gegen Aussage. Wer recht hat, soll im Duell entschieden werden. Doch es geht nicht nur um Recht, es geht um Ehre, Ansehen und Ruhm.

Adam Driver als Jacques le Gris - Bildnachweis. © 20th Century Studios

Wer hat Recht und was ist Wahrheit eigentlich? Der Film geht dieses Thema in drei Kapiteln an und beleuchtet es aus verschiedenen Blickwinkeln. Eine Vergewaltigung - Drei Perspektiven: Die des Jean de Carrouges, die des Jacques le Gris und natürlich die der Marguerite de Thibouville. „The Last Duel“ erzählt seine Geschichte fast drei Mal, könnte man meinen, doch nein - jedes Kapitel verdichtet das letztliche Bild. Und doch kann man nach Ende des Films sicher noch immer über einiges nachdenken... Denn der Film ist vielmehr als ein Duell zwischen zwei Männern, die sich mit Lanze, Schwertern, Streitaxt und Dolch versuchten umzubringen. Es ist die Frage nach der Wahrheit und die Beleuchtung der damaligen Vorstellung von Mann, Frau und Moral. „Solange Ihr eure Ehefraulichen Pflichten erfüllt“, meint so auch die Mutter von Jean de Carrouges im Film. Doch dabei sollte man das Thema der Vergewaltigung nicht außer Acht lassen, welches schließlich Auslöser des Duells ist: Beim Gerichtsverfahren zum Duell wird nämlich versucht herauszufinden, ob wirklich eine Vergewaltigung stattgefunden hat. War es überhaupt eine Vergewaltigung oder hatte sie nicht vielleicht selbst Spaß daran? „The Last Duel“ widmet sich dem Thema so clever, da man die Geschichte in den angesprochenen drei Kapiteln mit drei Perspektiven erzählt. So sieht die erlebte Welt des Jean de Carrouges ganz anders aus als die der Marguerite de Thibouville. Ohne dem Zuschauer etwas aufdrücken zu wollen, erzählt der Film schonungslos ehrlich aus mehreren Perspektiven. Drei Perspektiven - drei Hauptdarsteller: Diese perspektivische Erzählung funktioniert wegen oder auch gerade wegen der drei Hauptdarsteller. Matt Damon schlüpft in die Rolle des Jean de Carrouges und spielt einen Mann, der sein moralisches Manifest hat, der gerne als ehrthafter Mann wahrgenommen wird. Dabei ist die Figur zwar beabsichtigt etwas stumpf - aber so mancher Dialog ist dann doch zu monoton geraten, um seiner Figur mehr Tiefe zu geben. Erst gegen Ende hin kann er seiner Figur wirklich Leben einhauchen. Doch zu lange wirkt er wie ein Abziehbild. Auch auf Jacques le Gris könnte das auf den ersten Blick zutreffen - doch die vielseitige Interpretation von Adam Driver macht seine Figur auch gleich viel vielschichtiger. Vom gesellschaftlichen Menschen und engstem Vertrauten des Königs zu den dunklen, düsteren Seiten. Und alle Seiten spielt er mit solchem Nachdruck, dass seine Figur Jacques le Gris sehr gut funktioniert. Marguerite de Thibouville wird von Codie Comer gespielt - und das meisterhaft!

Codie Comer als Marguerite de Thibouville - Bildnachweis. © 20th Century Studios


Ihren Kampf in der von Männern beherrschten Welt und dann ihre Courage, die Wahrheit zu verteidigen. Codie Comer gibt der Figur so viel emotionale Tiefe, dass man mit ihr mitfühlen kann.

„Hätte ich gewusst, dass die Wahrheit mich dieser Liebe berauben könnte, ich hätte glaube ich getan, was viele Frauen vor mir taten. Nichts.“ Marguerite de Thibouville. Doch das hat sie nicht getan und so kommt es zum Duell, dem offiziell letzten in Paris. Und dieses ist rau, brutal und blutig - der ganze Film zeigt seine Welt von der erbarmungslosen Seite dieser Zeit, was sicherlich auch am winterlichen Zeitpunkt der Austragung liegt. So ist diese französische Mittelalterwelt mit einer leichten Schicht Schnee bedeckt und hat deshalb einen recht kühlen Look. Die Wirkung der interessanten Erzählweise und großartiger Darstellung wird verstärkt durch die Art und Weise, wie man diesen Film einfing. Eine durchaus solide Kameraarbeit, die die Szenen der Vergewaltigung mit einem direkten Fokus verstärkt und auch in anderen Momenten für Stimmung sorgt. Untermalt wird das Geschehen von mittelalterlichen, dramatischen Klängen, die einen wirklich gelungenen Soundtrack bilden. Ein solcher Film braucht unweigerlich gute Kostüme, und die hat er. Von den einfachen Kleidern des auch einfachen Volkes zu den prachtvollen, eleganten Kleidern der gehobenen Klasse sieht jedes Kostüm einfach Klasse aus!

Bildnachweis. © 20th Century Studios



Fazit: „The Last Duel“ ist weit mehr als ein Mittelalter-Film und genauso auch weit mehr als ein Film, der sich dem Thema der Vergewaltigung widmet. Ridley Scott schafft hier wirklich ganz großes Kino! 8 von 10 Punkten

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