Michael Bay gehört zu den beliebtesten und gleichermaßen kontroversesten Regisseuren Hollywoods, der seit Jahrzehnten das Blockbuster-Kino prägt. Für seinen neuen Film nahm er sich einen Action-Film aus Dänemark mit spannender Prämisse, den jedoch die meisten nicht kennen werden, um die Geschichte nun einem deutlich größeren Publikum näher zu bringen. Das dänische Original vom Filmemacher Laurits Munch-Petersen erzählte in knackigen 76 Minuten eine actiongeladene Verfolgungsjagd, als die beiden Bankräuber Tim und Frank in einem Krankenwagen fliehen.
Michael Bay nahm sich für seine Neuverfilmung rund 40 Millionen US-Dollar und konnte eine namhafte Besetzung für das Projekt gewinnen. Doch während der dänische Film noch rund 80 Minuten lang war, erzählt Michael Bay seine Verfolgungsjagd im Krankenwagen in 136 Minuten, doch ist die deutlich längere Lauflänge auch gerechtfertigt?
Bildnachweis: © 2021 Universal Studios. All Rights Reserved.
Michael Bay´s „Ambulance“ erzählt von Will Sharp, einem Veteran, der sich mit seiner Frau zur Ruhe setzte und mit seiner Frau ein Kind bekam. Doch nach der Krebsdiagnose seiner Frau versucht er vergeblich, Geld für eine lebensnotwendige Operation aufzutreiben. In seiner Not wendet er sich an seinen Bruder Danny, der eigentlich nur sein Adoptivbruder ist. Denn Will wurde bereits im jungen Alter von Danny Sharp´s Familie adoptiert.
231.000 US-Dollar braucht Will – 32 Millionen US-Dollar bietet ihm Danny, der Haken ist aber: Das Geld liegt in einer Bank und Danny hat das Vorhaben, diese zu überfallen. Mitten in die letzten Vorbereitungen platzt nun Will herein und er wird kurzerhand in den Plan eingespannt. Alles geht viel zu schnell um abzulehnen und Will ist Teil eines haarsträubenden Banküberfalls. Wenn es gut geht, rettet er vielleicht seine Frau, doch wenn es schief geht...
Der Banküberfall scheint lange aufzugehen, doch dann entdeckt ein Polizist den spektakulären Überfall und alles läuft aus den Rudern. Eine wilde Schießerei bricht aus, bei der Will einen der Cops anschießt. Um ihn zu retten wird ein Krankenwagen gerufen, den Will und Danny kurzerhand kapern. Mit an Bord der angeschossene Polizist und die Krankenschwester Cam Thompson. Zunächst gelingt die Deckung im unerwarteten Gefährt – dem Krankenwagen – doch schon bald fällt die Deckung und es beginnt eine haarsträubende, spektakuläre Verfolgungsjagd. Denn um die millionenschwere Beute zurückzuholen, werden die beiden von einem großen Aufgebot an Einsatzkommandos und sogar Hubschraubern verfolgt. Es entwickelt sich eine schnelle, wahrlich rasante und auch explosive Verfolgungsjagd...
Die Figuren des Films wurden dabei recht einfach gehalten, meistens einfach gestrickt und es ist klar zu erkennen, wer in der Geschichte fokussiert einen gewichtigen Part einnimmt. Neben Will, Danny und Cam werden die meisten nur oberflächlich oder überspitzt, gar karikativ dargestellt.
Jake Gyllenhaal spielt Danny Sharp, den Strippenzieher. Charistmatisch und ausdrucksstark verlieh er Danny etwas Unbekümmertes und Forsches. Lange Zeit blieb eine feste Schale um den Charakter, doch im letzten Drittel ließ er dann in sein Inneres blicken, gab seine andere Seite zum Vorschein. Yahya Abdul-Mateen II verkörpert Will Sharp, den Hauptcharakter, der seine Frau retten will, in einen Bankraub gerät und dann sein eigenes Leben retten will. Doch auch wenn Michael Bay Will fokussiert behandelt, ist er nicht der Held des Films, da diesen Part die Krankenschwester Cam Thompson (Eiza González) einnahm. Dabei ist anzumerken, dass Michael Bay seinen weiblichen Hauptcharakter nicht wie oftmals zuvor nach dem „Sex sells“-Prinzip inszenierte und Cam Thompson eine starke weibliche Hauptfigur ist.
Eiza González als Cam Thompson am Set von „Ambulance“:
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Wirklich alles in „Ambulance“ geht sehr schnell – ob die Kameraführung oder die Erzählweise, denn Michael Bay straffte die Handlung sehr radikal auf die Prämisse herunter, um diese dann so spektakulär wie möglich darzustellen. Laurits Munch-Petersen fokussierte in seinem Film den Konflikt oder besser das Dilemma der beiden Bankräuber, die eigentlich keine bösen Jungs sind, aber um ihre Mutter zu retten, gingen sie weit, zu weit. Sie gelangten an einen Punkt, von dem es kein Zurück mehr gab.
Der Film beginnt damit, kurz die Freundschaft der beiden Brüder Will und Danny anzudeuten, bevor dann der Geld-Konflikt von Will beleuchtet wird und sogleich fährt er los zu Danny und wenige Augenblicke später befindet er sich im Bankraub. Damit hat der Film sehr kurz und knapp die Prämisse klar gemacht und beginnt mit seiner temporeichen Verfolgungsjagd. Und bei dieser hat sich Michael Bay einiges gedacht und er drehte den Film sehr schnell und mit einer rasanten Kameraführung. Spektakulär schnellende Drohnenflüge über Häuser und Straßen und auch sonst eine sehr schnelle actionbetonte Kameraarbeit sorgen für ein haarsträubendes, ruheloses Action-Erlebnis.
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Dabei bleibt die Kamera nie still, immer in Bewegung. Die Bilder im Krankenwagen werden dann recht nah an den Protagonisten erzählt. Wie eine zweite haut klebt sie an Will, Danny, Cam und dann recht eindrücklich am angeschossenen Polizisten. Er liegt im Sterben, seine Überlebenschancen werden immer kleiner, doch Danny wird den Krankenwagen auf gar keinen Fall anhalten, schon gar nicht zum Krankenhaus fahren. Um den Polizisten zu retten, versucht die Krankenschwester eine Operation im rasenden Gefährt. Eine solche Operation hatte sie noch nie gemacht, sie hatte überhaupt noch nie eine durchgeführt, schließlich ist sie Krankenschwester, arbeitet im Krankenwagen. Bringt die Verletzten so gut wie möglich zum Krankenhaus, wo sie dann weiter behandelt werden sollten. Sie rief einen ihr bekannten Arzt an, der ihr bei der OP in einer Live-Schalte helfen soll. Doch plötzlich reißt die Milz und der Videocall bricht ab...
Da der Film nur eine sehr knappe Handlung erzählte, war gar nicht möglich, Tiefgang zu erzeugen, das moralische Dilemma wurde nur kurz angeschnitten. Deshalb legte Michael Bay die actiongeladene Geschichte in eine humorvoller Form, die immer wieder mit absurder Situationskomik Witz bringen kann. Dabei gelingt den Witzen ein gutes Timing, so dass viele Gags zünden können, außerdem hat der Film seine selbstironische Seite. Die humorvollen Sätze wurden dabei auch recht aktuell gewählt, manchmal sogar höchst aktuell. Neben einem „The Rock“-Witz kann man sogar eine Corona-Anspielung wiederfinden.
Es wird geschossen und gehetzt, doch trotzt der explosiven durchaus spektakulären Bilder, sieht man, wie handgemacht der Film doch zu großen Teilen ist. Nur wenig am Computer entstandene Effekte waren zu finden, da man zu größten Teilen mit echten Effekten und echten Stunts arbeitete. So fliegen im Film einige Autos übereinander, die so wirklich am Set waren und dies sorgt für besonders authentisches Action-Erlebnis.
Bildnachweis: © 2021 Universal Studios. All Rights Reserved.
Diese rasante, immer „weiterfahrende“ Geschichte zu einem Ende zu führen, war durchaus eine Herausforderung, doch das Ende konnte zu einem runden, befriedigenden Abschluss führen, da der Film zum Ende hin düsterer, ernster, und auch brutaler wird. Michael Bay gelingt es mit monumentalem Pathos, „Ambulance“ abzuschließen – einen schnörkellosen Action-Thriller aus dem Hause Michael Bay.
Fazit:
Michael Bay erzählt in seinem neuen Film „Ambulance“ einen schnörkellosen Action-Thriller, für welchen er die Handlung kompromisslos herunterkürzte und die Prämisse dann sehr ausschweifend rasant und extrem schnell erzählte.
6 von 10 Punkten
Bildnachweis: © 2021 Universal Studios. All Rights Reserved.
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