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Trumps Handelszölle treffen auch die Filmindustrie: Lassen sich Protektionismus und Kultur vereinbaren?

  • Autorenbild: Toni Schindele
    Toni Schindele
  • 4. Apr.
  • 3 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 7. Apr.

US-Präsident Donald Trump hat Handelszölle angekündigt, die so gut wie die ganze Welt betreffen werden. Was zwar in erster Linie die Wirtschaft vieler Staaten trifft, könnte aber auch für die Filmindustrie einen Kurswechsel bedeuten. Und der könnte mehr verändern als nur die Herkunft eines Filmabspanns.


Trumps Handelszölle treffen auch die Filmindustrie: Lassen sich Protektionismus und Kultur vereinbaren?
Bildnachweis: KI-generiertes Bild (DALL·E/OpenAI), redaktionell verwendet. Keine klassische urheberrechtliche Schutzfähigkeit. © Toni Schindele

In einer zunehmend vernetzten Welt, in der Informationen, Ideen und Bilder binnen Sekunden über Kontinente hinweg fließen, scheint der Gedanke an nationale Grenzen oft wie ein Relikt vergangener Zeiten. Die globale Kulturindustrie lebt von diesem ständigen Austausch – vom französischen Arthousefilm auf US-Streamingplattformen bis zur südkoreanischen Serie, die in Berliner Wohnzimmern binge-geschaut wird. Produktion und Rezeption sind längst transnational. Und doch – oder gerade deshalb – geraten diese offenen Ströme nun ins Visier einer neuen politischen Realität. Denn mit einem Federstrich hat die US-Regierung unter Donald Trump ein Zeichen gesetzt, das weit über wirtschaftspolitische Fragen hinausreicht. Mit Wirkung ab dem 5. April 2025 erhebt die US-Regierung einen pauschalen Importzoll von 10 Prozent auf nahezu alle eingeführten Waren, ergänzt durch zusätzliche, länderspezifische Aufschläge ab dem 9. April.


Besonders betroffen sind Importe aus China, auf die künftig Zölle von bis zu 54 Prozent entfallen.

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Bildnachweis: Marc Nozell from Merrimack, New Hampshire, USA, CC BY 2.0, via Wikimedia Commons

Auch Länder wie Vietnam, die Schweiz oder die EU sind mit Sätzen zwischen 20 und 46 Prozent betroffen. Die Maßnahme, von Trump als „Liberation Day“-Zölle tituliert, verfolgt das Ziel, inländische Produktion zu stärken und Handelsdefizite zu senken – ein Schritt, der jedoch auch die internationale Medienlandschaft destabilisieren könnte. Zwar gelten die Zölle primär für physische Güter und nicht für Dienstleistungen wie Film- oder Serienverkäufe, dennoch herrscht in der globalen Filmbranche zunehmende Unsicherheit. Internationale Produzenten und Streaminganbieter fürchten, dass der protektionistische Kurs der Trump-Regierung mittelbar dazu führen könnte, dass große Studios und Plattformen ihre Produktionen verstärkt ins Inland zurückholen.


Erste Signale aus Hollywood deuten auf einen Strategiewechsel hin: Wie das Branchenmagazin Deadline berichtet, sollen Filmprojekte deshalb wieder vermehrt in den USA entstehen, flankiert

durch Pläne zum Abbau von Produktionsauflagen in Kalifornien. Denn der US-Bundesstaat plant

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Bildnachweis: Gage Skidmore, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

derzeit eine Ausweitung seines Steueranreizprogramms für Film- und Fernsehproduktionen. Gouverneur Gavin Newsom schlug vor, das Jahresbudget von derzeit 330 Millionen US-Dollar auf 750 Millionen US-Dollar anzuheben. Ziel ist es, Produktionen zurückzugewinnen, die in andere US-Bundesstaaten wie Georgia oder ins Ausland, etwa nach Kanada, abgewandert sind. Zwischen 2020 und 2024 verlor Kalifornien laut Schätzungen rund 1,6 Milliarden US-Dollar an Produktionsausgaben aufgrund fehlender Anreize. Begleitend wurden Gesetzesentwürfe wie der Senate Bill 630 und Assembly Bill 1138 eingebracht, um das Programm auf bisher nicht berücksichtigte Formate wie Animationen und Spielshows auszuweiten.


Die Initiative reagiert auf den Rückgang der Studiobelegung in Los Angeles, die 2024 bei 63 Prozent lag – deutlich weniger als die rund 90 Prozent in den Jahren 2016 bis 2022. Besonders

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Bildnachweis: Downtown Los Angeles, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

in Europa, Australien und Kanada, wo US-amerikanische Streaming-Anbieter zu lokalen Investitionen verpflichtet sind, wächst deshalb die Sorge vor einem Rückzug. Die US-Regierung hatte diese Vorgaben kürzlich als „wirtschaftsfeindlich“ kritisiert. Die Motion Picture Association, Sprachrohr großer US-Studios, prüft laut Branchenberichten bereits Gegenmaßnahmen. Aber auch in Europa will man bereits aktiv gegensteuern. Das französische Centre National du Cinéma et de l'Image Animée (CNC) hat vorgeschlagen, die EU-Quote für europäische Inhalte auf Streaming-Plattformen von derzeit 30 auf 50 Prozent zu erhöhen. Grundlage ist die EU-Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste (AVMD), die Anbieter verpflichtet, mindestens 30 Prozent europäische Inhalte bereitzustellen.


Frankreich setzt diese Regelung bereits um und verlangt zusätzlich, dass Streamingdienste 20 Prozent ihres in Frankreich erzielten Umsatzes in europäische und französische Produktionen investieren. Das CNC begründet die vorgeschlagene Erhöhung mit einer Angleichung an die

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Bildnachweis: Manfred Werner/Tsui - CC by-sa 3.0, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

Vorgaben für traditionelle Rundfunkanstalten, die höhere Anteile europäischer Inhalte senden müssen. Zudem schlägt das CNC vor, die Definition europäischer Werke zu präzisieren, um Produktionen mit außereuropäischer Finanzierung nicht automatisch als europäisch einzuordnen. Ziel der Initiative ist es, Europas kulturelle Souveränität im digitalen Raum zu stärken. Noch ist unklar, wie dauerhaft der Paradigmenwechsel in den USA sein wird. Doch schon jetzt wird deutlich, dass Trumps „Tag der Befreiung“ nicht nur die Industriepolitik der USA verändert, sondern auch die internationale Medien- und Kulturwirtschaft in eine Phase strategischer Unsicherheit zwingt.


In einer Welt, in der ein südkoreanisches Drama zum globalen Straßenfeger wird und ein französischer Arthousefilm US-amerikanische Awards gewinnt, wirken neue Zölle wie Mauern in einem längst durchlässigen System. Die Ströme der Kultur lassen sich nicht aufhalten – aber sie lassen sich umleiten. Vielleicht wird es künftig schwerer, eine polnische Serie auf Netflix USA zu finden oder einen kalifornischen Indie-Film im Berliner Programmkino. Aber wer weiß – vielleicht wird gerade dann wieder sichtbar, was man hatte, als es noch einfach floss. Und wenn Trump diesen Tag als „Tag der Befreiung“ verkauft, stellt sich am Ende doch nur eine Frage: Wer wird hier eigentlich wovon befreit?

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