„Kleine Geschenke können schön sein, aber sie sollten nicht im Vordergrund stehen“, findet Maria Ehrich. Im Interview spricht die Schauspielerin über ihre Bedeutung von Weihnachten, ihre Ansicht zu den Raunächten und warum man ihren neuen Film „Stille Nacht, raue Nacht“ sehen sollte.
Maria Ehrich ist längst eine feste Größe in der deutschsprachigen Film- und Fernsehlandschaft. Ihren Durchbruch feierte die Schauspielerin bereits in jungen Jahren mit der beliebten „Edelsteintrilogie“. Im Kino war sie zuletzt in „Chantal im Märchenland“ zu sehen, im Fernsehen ist sie es bald im neuesten ZDF-Herzkinofilm „Stille Nacht, raue Nacht“. Darin steht sie als Wissenschaftlerin Liane im Zentrum einer Geschichte, die die besinnliche Weihnachtszeit auf ungewöhnliche Weise hinterfragt. Rationalität trifft auf Spiritualität, alte Rituale auf moderne Klimafragen, und Lianes eigene Lebensentscheidungen geraten durch die stürmischen Tage zwischen Wintersonnenwende und Dreikönigstag ins Wanken.
Der Film Journalist: „Stille Nacht, raue Nacht“ kommt zum Auftakt in die Weihnachtszeit – was verbindest du mit Weihnachten?
Maria Ehrich: Weihnachten bedeutet für mich vor allem Familie und Ruhe. Am Kamin sitzen, entspannen, den Kopf freibekommen von dem ständigen Stress, der sonst herrscht – gerade wenn man selbstständig ist. Es gibt natürlich auch den Trubel davor: Geschenke besorgen, Sachen packen, irgendwohin reisen. Aber wenn man dann ankommt und durchatmen kann, ist das für mich Weihnachten.
INFO: Laut einer Umfrage der GfK investieren Haushalte mit Kindern durchschnittlich 404 Euro für Weihnachtsgeschenke, während Haushalte ohne Kinder mit rund 250 Euro deutlich weniger ausgeben. Insgesamt erzielt der Einzelhandel in Deutschland in der Weihnachtszeit einen Umsatz von etwa 120,8 Milliarden Euro, wobei rund 17,5 % der Ausgaben im Online-Handel getätigt werden. In „Stille Nacht, raue Nacht“ wird Weihnachten nicht als dieser alljährliche Kosnumrausch gezeigt.
Der Film Journalist: Hast du das Gefühl, dass der Konsumrausch rund um Weihnachten die wahre Bedeutung des Festes überschattet?
Maria Ehrich: Im Grunde wissen die meisten Menschen wahrscheinlich schon, dass unser Konsumverhalten so nicht mehr weitergehen kann. Und ich finde es auch eklig, wie viel konsumiert wird. Für mich geht es bei Weihnachten um etwas anderes. Kleine Geschenke können schön sein, aber sie sollten nicht im Vordergrund stehen. Wenn Filme wie dieser im Fernsehen gezeigt werden, kann das zum Nachdenken anregen. Natürlich könnte man denken: „Nur weil ich zehn Geschenke weniger kaufe, wird der Klimawandel nicht gestoppt.“ Und das stimmt auch. Aber ich glaube, es ist trotzdem besser, sich dem Wandel hinzugeben und darüber nachzudenken, was früher wirklich wichtig war. Ich erinnere mich kaum an die Geschenke, die ich als Kind bekommen habe, aber an die Momente mit meiner Familie – daran schon. Und genau das finde ich wichtig: dass wir wieder darauf achten, was wirklich zählt.
Der Film Journalist: Auch am Set wurde auf Nachhaltigkeit geachtet. Wie wirkte sich das an den Drehtagen aus?
Maria Ehrich: Es gab beim Catering vegetarische Optionen, hier hatten wir auch einen veganen Tag. Das ist etwas, das vor zehn Jahren vielleicht noch ganz anders diskutiert worden wäre. Damals haben sich einige Leute sogar gegen einen vegetarischen Tag gewehrt. Mittlerweile ist das kein Thema mehr. Außerdem wurde darauf geachtet, dass die Kostüme nicht einfach neu gekauft, sondern aus dem Fundus oder secondhand beschafft wurden. Ich konnte nach dem Dreh sogar einige Sachen kaufen, die ich besonders cool fand. Auch die Reisen wurden nachhaltig geplant: Statt umherzufliegen, wurde mit dem Zug gereist.
Der Film Journalist: Du spielt im Film die Liane Völker. Wer ist Liane für dich, was zeichnet sie aus?
Maria Ehrich: Liane ist sehr rational, sie arbeitet mit Zahlen und Fakten. Gleichzeitig trägt sie eine Wut in sich, weil ihr alles zu langsam geht, was den Klimaschutz angeht. Sie sieht oft nur Fehler in den Menschen um sie herum, was sie unnachgiebig macht. Ihr Freund Philipp ist derjenige, der hinter ihre Fassade blickt und sieht, wer sie früher einmal war. Ihre Beziehung hat zwar Ansätze von Leichtigkeit, wird aber immer schwieriger. Trotzdem finde ich es irgendwie schön, das Philipp nicht einfach loslässt und Liane ziehenlässt, weil er eben weiß, welcher Mensch da dahinter ist und spürt, dass es aus einer Angst herauskommt, dass sie sich so verschließt vor der Welt.
Der Film Journalist: Liane trifft im Film Mani, der eigentlich an genau das glaubt, an das sie nicht glaubt. Warum ist sie trotzdem an seinen spirituellen Ideen interessiert?
Maria Ehrich: Lianes Schwester ist ja auch sehr spirituell, und über sie macht sich Liane oft lustig, belächelt sie. Aber letztlich ist es so: Wenn Menschen, die einem nahestehen, spirituell sind, kann man das oft nicht richtig zulassen, weil man sie schon zu lange kennt und in ein bestimmtes Bild von ihnen verhaftet ist. Wenn dann aber jemand wie Mani kommt, zu dem man Distanz hat, der gleichzeitig etwas in einem berührt, dann kann man das vielleicht besser zulassen. Am Anfang ist Liane Mani gegenüber noch sehr skeptisch. Doch mit der Zeit merkt man, dass sie ein Herz hat, dass sie verletzlich ist und bei ihm nichts vorspielen muss. Sie kann loslassen von den Erwartungen, die sie an sich selbst hat und die andere an sie stellen. Ich finde es schön, wie sich zwischen ihnen eine Verbindung entwickelt, obwohl sie aus so unterschiedlichen Welten kommen – er als spiritueller Mensch und sie als rationale Wissenschaftlerin.
INFO: Neben der Weihnachtsthematik geht es auch um die Raunächte. Die Raunächte sind eine traditionsreiche Zeitspanne von zwölf Nächten zwischen Weihnachten und dem Dreikönigstag (24. Dezember bis 6. Januar), die vor allem in europäischen Kulturkreisen mit Mythen, Bräuchen und spiritueller Bedeutung verbunden sind. Sie gelten als eine besondere Schwellenzeit, in der die Grenze zwischen der sichtbaren und der unsichtbaren Welt durchlässig sein soll. Traditionell werden sie für Rückblick, Reinigung, Orakelbräuche und das Setzen von Vorsätzen für das kommende Jahr genutzt. Jede Raunacht repräsentiert symbolisch einen Monat des folgenden Jahres.
Der Film Journalist: Kanntest du die Bräuche und Rituale der Raunächte vorher schon?
Maria Ehrich: Ja, ich war schon vertraut damit. Meine Mutter hat mir davon erzählt, und wir haben zum Beispiel unsere Wünsche aufgeschrieben. Es gibt ja noch viele andere Bräuche, die mit den Raunächten verbunden sind. Durch den Film habe ich mich nochmal intensiver damit beschäftigt. Ich finde das spannend, weil diese Rituale oft auf heidnische Traditionen zurückgehen. Ich bin zwar selbst nicht sehr spirituell, aber ich finde es schön, alte Bräuche wieder aufleben zu lassen.
Der Film Journalist: Werden die Raunächte auch dieses Jahr bei dir eine Rolle spielen?
Maria Ehrich: Tendenziell ja. Aber wenn es ein super chaotisches Weihnachten wird – was man nie ganz ausschließen kann – dann werde ich wahrscheinlich einfach nur den Kopf ausschalten und nicht die Energie finden, mir Wünsche zu überlegen.
Der Film Journalist: In einer Szene steigt Liane in die eiskalte Elbe, und die Dreharbeiten fanden relativ früh im Jahr statt. Wie groß war die Überwindung?
Maria Ehrich: Es war definitiv eine Herausforderung. Ich habe vorher Eisbaden geübt, um mich vorzubereiten. Am Drehtag selbst haben wir versucht, die Szenen so zu drehen, dass ich nicht ständig in die Elbe musste – zum Beispiel mit Wasser aus einer Gießkanne für Nahaufnahmen. Letztendlich war es dann aber einfach Augen zu und durch, auch wenn es wirklich kalt war.
Der Film Journalist: Am Sonntag, dem 1. Dezember 2024, wird „Stille Nacht, raue Nacht“ zum 1. Advent zur Prime-Time um 20.15 Uhr im ZDF ausgestrahlt. Zum Abschluss die Frage: Warum sollte man den Film ansehen und auf keinen Fall verpassen?
Maria Ehrich: Es ist ein Weihnachtsfilm, der nicht kitschig ist, sondern zeigt, wie Weihnachten wirklich sein kann – mit all den Herausforderungen, die Familie und unterschiedliche Lebensrealitäten mit sich bringen. Am Ende steht die Botschaft, dass man einander annehmen kann, wie man ist, und das finde ich wunderschön. Der Film macht Mut, ohne zu verklären und ist einfach sehenswert.
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