Kritik zu „Mission: Impossible – The Final Reckoning“: Das Ende einer Ära
- Toni Schindele
- 21. Mai
- 6 Min. Lesezeit
Aktualisiert: vor 3 Tagen
Ein letztes Mal gilt es, das Unmögliche möglich zu machen: Mit „Mission: Impossible – The Final Reckoning“ geht eine der bedeutendsten und langlebigsten Actionreihen Hollywoods nach beinahe drei Jahrzehnten auf der großen Leinwand zu Ende.

Seit beinahe drei Jahrzehnten gehört die „Mission: Impossible“-Reihe zu den beständigen Fixpunkten im Blockbuster-Kino – eine Filmreihe, die nicht nur dem Zeitgeist folgte, sondern ihn immer wieder aktiv mitgestaltete. Was einst als kinotaugliche Serienadaption begann, entwickelte sich über sieben Filme hinweg zu einem globalen Markenzeichen für physisch kompromisslose Action, technisch aufwendige Inszenierungen und eine Figur, die zur modernen Mythenbildung taugt: Ethan Hunt – verkörpert von einem Schauspieler, der sich längst selbst zum Genre gemacht hat.
Inmitten von Franchise-Dauerläufen, Superheldenzyklen und Multiverse-Architekturen behauptete sich „Mission: Impossible“ stets mit einem Bekenntnis zur analogen Waghalsigkeit. Jeder Film ein neuer Versuch, das scheinbar Unmögliche filmisch zu bezwingen – und sich dabei selbst zu übertreffen. Nun steht das große Finale bevor. „Mission: Impossible – The Final Reckoning“ soll die Geschichte abschließen, die über Jahrzehnte geschrieben wurde. Doch gelingt diesem letzten Teil wirklich der große Sprung?
Darum geht es:
Die letzte Mission beginnt: Ethan Hunt steht im finalen Duell gegen die Entität. Um sie zu stoppen, muss Hunt mit seinem IMF-Team das russische U-Boot Sewastopol finden, bevor es in die falschen Hände gerät. Was als Wettlauf gegen die Zeit beginnt, wird zur erbarmungslosen Abrechnung – persönlich, global, unausweichlich. Kann Ethan Hunt seine letzte unmögliche Mission erfüllen … oder endet hier alles?
Die Rezension:
Unter der abermaligen Regie von Christopher McQuarrie versucht „Mission: Impossible – The Final Reckoning“, als episches Finale sämtliche losen Handlungsfäden der Vorgänger aufzugreifen und zu einem kohärenten Abschluss zu führen. Dabei will der einmal mehr von der körperlich übermenschlich agierenden Dauer-Ikone Tom Cruise getragene achte Teil der Reihe alles zugleich sein: Rückblick, Abrechnung, Eskalation, Abschied. Dabei überdehnt der Film mitunter seine eigene Mythologie und kämpft spürbar mit den Erwartungen eines Abschlusses, den es im Franchise-Zeitalter kaum mehr geben darf. In seinem Anspruch, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Reihe miteinander zu verknüpfen, verliert der Film streckenweise das narrative Gleichgewicht – bleibt visuell jedoch eindrucksvoll.

Schon früh wird deutlich: „Mission: Impossible – The Final Reckoning“ will nicht nur ein weiteres Kapitel sein, sondern das große Resümee der Reihe. Rückblenden und Referenzen auf frühere Missionen ziehen sich durch die fast dreistündige Laufzeit. Der Film rekapituliert, kontextualisiert und verknüpft – mit einer Intensität, die sowohl Kontinuität als auch lähmende Überinformation bedeutet. So wird dem Publikum in einem ausgedehnten ersten Akt eine Vielzahl erklärender Dialoge zugemutet, die sowohl Neulinge an Bord holen als auch Kenner mit Retrospektiven versorgen sollen. Dieser etwa 60 Minuten lange Prolog wirkt wie eine Pflichtübung. Dialoge dienen dabei selten der Figurenentwicklung, sondern sind in erster Linie Transportmittel für Zusammenfassungen, Rückverweise und technologische Erklärmodelle. In der Konsequenz gerät der Film erzählerisch aber ins Stocken.
Dabei ist die Rückwärtsgewandtheit kein Selbstzweck, sondern ein bewusst gesetztes Stilmittel. Denn „Mission: Impossible – The Final Reckoning“ agiert als Denkmal seiner selbst. Der Fokus liegt weniger auf narrativer Eleganz als auf mythologischer Größe. Die Filmfigur Ethan Hunt wird nicht mehr nur als Agent inszeniert, sondern als letzte moralische Instanz einer untergehenden Weltordnung – er ist ein Übermensch, ein cineastischer Paladin gegen das Maschinenzeitalter. Diese Überhöhung entzieht dem Film aber auch jene emotionale Fallhöhe, die ein Finale verdient hätte. Ethan Hunt wird nicht mehr erzählt, sondern verehrt. Charakterentwicklung weicht Ikonenbildung. Der Mythos verdrängt den Menschen. Das hat zur Folge, dass selbst emotionale Verluste – wie der frühe Tod eines wichtigen Nebencharakters – mehr funktionale Erzählbausteine als berührende Zäsuren sind.
Der Hauptantagonist – eine künstliche Superintelligenz – spiegelt ein zentrales Zeitgeist-Thema: die Angst vor Kontrollverlust in einer digitalisierten Welt. Eine technologische Entität, die den Menschen in ihrer Denkgeschwindigkeit überflügelt und zu berechneten Reaktionsmustern degradiert. Doch so naheliegend dieses Motiv auch sein mag, so problematisch ist es filmisch. Die Entität ist ein Konzept, kein Charakter. Sie besitzt keine Mimik und letztlich auch kein greifbares Ziel – und damit keine emotionale Reibungsfläche. Das Fehlen einer konkreten Gegenspielerfigur erschwert es, Spannung auf herkömmliche Weise zu erzeugen. Esai Morales als menschlicher Stellvertreter Gabriel bleibt farblos und wirkt mehr wie ein Platzhalter denn wie ein antagonistisches Gegengewicht. Seine Beziehung zu Ethan Hunt wird angedeutet, aber nicht wirklich ausgespielt.

Dabei hätte der Film die Chance gehabt, das Thema digitaler Manipulation substanziell zu verhandeln: In den ersten Szenen wird auf Fake News, Deepfakes und das Verschwimmen von Realität und Fiktion verwiesen. Doch diese Ansätze verlaufen im Nichts. Der globale Kontrollverlust wird lediglich behauptet, nicht durchdekliniert – ein Symptom des überladenen Drehbuchs, das viele Ideen aufwirft, aber nur wenige stringent verfolgt. Im Verlauf degeneriert das Thema zur erzählerischen Folie, auf die klassische Weltuntergangsszenarien projiziert werden. Interessant bleibt, dass der Film trotz oder gerade wegen seines Unterhaltungscharakters immer wieder auf aktuelle geopolitische und gesellschaftliche Spannungsfelder verweist. Dass dabei die üblichen Verdächtigen als Feindbilder dienen, ist dramaturgisch erwartbar, aber eben auch nicht frei von Stereotypisierung.
Gleichzeitig gelingt es dem Film, das Gefühl einer zutiefst fragmentierten Weltordnung zu evozieren, in der kollektives Vertrauen längst durch Eigennutz und Misstrauen ersetzt wurde. Doch so zerfasert die Erzählstruktur auch wirkt – in seinen besten Momenten besinnt sich „Mission: Impossible – The Final Reckoning“ auf das, was die Reihe über Jahrzehnte definiert hat: physische Action mit realem Körpereinsatz. Tom Cruise ist der Motor dieser Reihe – im wörtlichen wie im übertragenen Sinn. Sein körperlicher Einsatz bleibt auch im achten Teil spektakulär und nach wie vor das Herzstück dieser Filme. Seine physische Präsenz, seine Hingabe ans Kino, seine Besessenheit, die Messlatte immer höher zu legen: All das macht ihn zum unübertroffenen Actionstar unserer Zeit.

Dass Tom Cruise auch mit 62 Jahren noch Stunts in luftiger Höhe und unter Wasser selbst ausführt, ist mehr als ein Gimmick. Es ist Teil einer Inszenierungsphilosophie, die dem künstlichen Look vieler CGI-lastiger Produktionen ein physisch spürbares Gegengewicht entgegensetzt. Die Highlights – eine intensive Unterwassersequenz im Eismeer mit beklemmender Soundkulisse sowie ein atemberaubender Kampf auf Propellerflugzeugen – setzen neue Maßstäbe. Die Wirkung dieser Sequenzen ist unmittelbar – nicht zuletzt durch die erneut brillante Kameraarbeit, die Übersichtlichkeit und visuelle Klarheit auch in hektischen Momenten gewährleistet. Der Schnitt folgt einem klaren Rhythmus, der die Vielzahl der Handlungsstränge zusammenhält. Der Score, komponiert von Max Aruj und Alfie Godfrey, knüpft dabei nahtlos an die Klangästhetik der Vorgänger an – und das nicht zufällig: Beide arbeiteten bereits als zusätzliche Komponisten unter Lorne Balfe an den beiden letzten Filmen mit.
Die Dynamik innerhalb des IMF-Teams war immer ein integraler Bestandteil der Reihe. Simon Peggs Benji Dunn bleibt mit seiner Mischung aus technischer Brillanz, Unsicherheit und aufrichtiger Loyalität ein menschlicher Ankerpunkt inmitten der Hochglanzmaschinerie. Ving Rhames strahlt als Luther Stickell wieder seine unaufgeregte Souveränität aus – insbesondere, wenn sein Part zu einem der dramatischeren Wendepunkte der Geschichte führt. Gleichzeitig offenbart der Film jedoch Defizite im Umgang mit seinen weiblichen Figuren. Die Rolle von Pom Klementieff, die im Vorgängerfilm noch durch Exzentrik und Energie auffiel, wird hier auf einen repetitiven, beinahe karikaturesken Sidekick reduziert. Ihre Figur Paris bleibt weitgehend funktionslos und auf Einzeiler beschränkt.

Auch Hayley Atwells Grace wird zunehmend zu einer eindimensionalen Projektionsfläche degradiert. Die Konsequenz: Die dringend nötige Diversifizierung weiblicher Rollenbilder – eine Stärke des Vorgängers – gerät deutlich ins Hintertreffen. Diese Reihe, die über knapp drei Jahrzehnte hinweg als Maßstab des modernen Actionkinos galt, verdient ein klares Schlusswort. Ob „Mission: Impossible – The Final Reckoning“ ein befriedigender Abschluss ist, liegt letztlich auch im Sinne des Betrachters. Klar ist aber: Der Film ist eine Gratwanderung zwischen Verbindlichkeit und Franchise-Konvention, zwischen überbordender Spektakellogik und dem impliziten Versprechen einer Schlusspointe.
Fazit:
Visuell überwältigend und von Tom Cruises kompromisslosem Körpereinsatz getragen liefert „Mission: Impossible – The Final Reckoning“ ein pompöses Franchise-Finale, das sich mit seiner eigenen Mythos-Last fast erdrückt und sich etwas in seiner verkopften Geschichte verstrickt. Doch in erster Linie ist dieser Film der letzte seiner Art – ein Erlebnis, das man auf der größtmöglichen Leinwand im Kino sehen sollte.
>>> STARTTERMIN: Ab dem 21. Mai 2025 im Kino.
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Weitere Informationen zu „Mission: Impossible – The Final Reckoning“:
Genre: Action, Thriller, Drama
Laufzeit: 169 Minuten
Altersfreigabe: FSK 12
Regie: Christopher McQuarrie
Drehbuch: Christopher McQuarrie, Erik Jendresen
Besetzung: Tom Cruise, Hayley Atwell, Simon Pegg und viele mehr ...
Trailer zu „Mission: Impossible – The Final Reckoning“:
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