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KOMMENTAR: Deshalb ist diese Szene in „Barbie“ sehr fragwürdig

Geht man im Vietnam ins Kino, kann Greta Gerwigs „Barbie“ nicht auf der großen Leinwand angesehen werden, da das Land den Kinostart gänzlich strich. Doch der Grund ist nicht, wie so oft Freizügigkeit oder die in Nahostländern verpönte Darstellung von Homosexualität, sondern ein sehr bedenkliches geopolitisches Statement, dass Warner Bros. ganz subtil in den Sommerblockbuster integrierte.

Bildnachweis: © 2022 Warner Bros. Entertainment Inc. All Rights Reserved. / Jaap Buitendijk


Immer wieder erfahren große Blockbuster in Nahostländern Zensur, teilweise werden sie auch geschnitten oder gänzlich boykottiert. So wurde gerade eben beispielsweise Christopher Nolans „Oppenheimer“ von Christopher Nolan in einigen Ländern zensiert gezeigt, während der Marvel-Film „Eternals“ in einigen Staaten direkt aus dem Programm genommen und nicht ins Kino gebracht wurde. Obwohl Nordamerika und Europa wichtige Märkte sind, die maßgeblich zu den Einspielergebnissen beitragen, ist der chinesische Markt ebenfalls von großer Bedeutung. Allein in den Jahren 2020 und 2021 war China der weltgrößte Filmmarkt, für den große Filmstudios durchaus bereit sind, Änderungen an ihren Filmen vorzunehmen.

Bei Greta Gerwigs „Barbie“ hat Warner Bros. nun in gewisser weise direkt vorgebeugt. Denn der Film wurde in Vietnam verboten, da er sich in einen geopolitischen Konflikt zwischen dem Land und China einmischt und eine deutliche pro-chinesische Haltung einnimmt. In einer Szene, in der eine Landkarte von Barbieland und der realen Welt gezeigt wird, kann man auf der letzteren die sogenannte Neun-Punkte-Linie erkennen.

Bildnachweis: © Warner Bros. | Szene aus „Barbie“


Um die recht bedenkliche Darstellung zu verstehen, ist zunächst ein kurzer Geschichtsexkurs erforderlich: Im Jahr 1935 veröffentlichte die chinesische Regierung eine Karte mit dem Titel „Karte der chinesischen Inseln im Südchinesischen Meer“, die elf Striche enthielt. Im Jahr 1949 verzichtete die chinesische Regierung auf ihren Anspruch im Golf von Tonkin und die berüchtigte Neun-Striche-Linie wurde erstellt. In den nächsten siebzig Jahren wurde Chinas rechtmäßiger Anspruch auf dieses Gebiet von vielen Gruppen angefochten. Unter anderem vom Vietnam.

Die Kontrolle über das Südchinesische Meer ist von großer Bedeutung, da ein Drittel des Welthandels durch diese Region geht. China beansprucht etwa 80 Prozent des Meeresgebietes für sich, insbesondere die darin befindlichen Inseln. Andere Staaten der Region, darunter Verbündete der USA, erheben ebenfalls Ansprüche auf diese Gebiete. Die Streitigkeiten basieren auf dem Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen, das von China und den Philippinen ratifiziert wurde, aber nicht von den USA. Gemäß dem Abkommen können Länder zwölf Seemeilen als Küstenmeer und 200 Seemeilen als ausschließliche Wirtschaftszone beanspruchen. Jedoch ist der entscheidende Punkt, dass dieser Anspruch ausschließlich für Inseln zutrifft, während Felsen und andere Erhebungen davon ausgeschlossen sind.



Heruntergebrochen kann man daher sagen, dass China Anspruch auf das umstrittene Südchinesische Meer erhebt und behauptet, dass es historisch unter ihrer Kontrolle stehe und ihnen bedeutende wirtschaftliche Vorteile verschaffe. Die Philippinen und Vietnam sind jedoch entschlossen, dies zu verhindern und sich Chinas Ressourcenansprüchen zu widersetzen. Im Januar 2013 reichten die Philippinen ein Schiedsverfahren gegen Chinas territorialen Anspruch ein, das im Juli 2016 zugunsten der Philippinen entschieden wurde. Doch China wies das Urteil vehement zurück, und so bleibt die Spannung in der Region weiterhin hoch.


Die neue Punkte-Linie ist in ihrer Darstellung deshalb so bedenklich, da sie inmitten eines geopolitischen Kampfes eindeutig Position für China bezieht, obwohl sowohl die Vereinten Nationen als auch ein Urteil des Internationalen Gerichtshofs Chinas Ansprüche für nichtig erklären. Dabei ist „Barbie“ keineswegs der einzige Film, der diese Karte verwendet. Verschiedene Filme und TV-Sendungen wie „Abominable“, „Pine Gap“ und der Abenteuerfilm „Uncharted“ mit Tom Holland haben Szenen mit der Neun-Strich-Linie gezeigt, was in Vietnam, den Philippinen und Malaysia für Kontroversen gesorgt hat. Einige Länder haben die Ausstrahlung solcher Filme verboten und ihren Unmut über die Darstellungen geäußert.


In Bezug auf die „Barbie“-Szene mit einer kindlichen Zeichnung einer Weltkarte mit gestrichelten Linien hat Warner Bros. nun diese Darstellung verteidigt. Sie erklärten, dass die Karte lediglich eine kindliche Zeichnung sei und keine beabsichtigte Bedeutung habe. Doch wurde diese kreative Entscheidung wirklich getroffen, um angeblich Kindlichkeit zu symbolisieren, oder ist es einfach eine fragwürfige Anbiederung an China in einem offensichtlichen territorialen Streit, bei dem China bereits vor Gericht verloren hat?

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