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Kritik zu „A Great Place To Call Home“: Eine Ode an das Ungewöhnliche

Was passiert, wenn ein Alien inmitten von jungen Protagonisten landet, konnten wir bereits in Steven Spielbergs Kultfilm „E.T. – Der Außerirdische“ erleben. Doch was geschieht, wenn ein Alien nicht auf Kinder, sondern auf einen 79-jährigen Rentner trifft?


A Great Place To Call Home Poster
Bildnachweis: © Neue Visionen Filmverleih

Als Produzent hat sich Marc Turtletaub längst einen Namen gemacht, indem er Filme wie „Little Miss Sunshine“ oder „The Favourite“ ermöglicht hat. Doch mittlerweile wagt sich der Oscar-nominierte Produzent auch direkt hinter die Kamera und hat nach einigen Kurzfilmen und seinem Regiedebüt „Puzzle“, das bereits von Kritikern positiv aufgenommen wurde, seinen zweiten Spielfilm abgedreht. Ursprünglich trägt dieser den Titel „Jules“, wird jedoch hierzulande unter dem Titel „A Great Place To Call Home“ veröffentlicht. Tatsächlich erweist sich diese Umbenennung im Gegensatz zu vielen anderen als sinnvoll und treffend. Warum diese Titelwahl besser passt als „Jules“, wird einem zwar erst nach dem Kinobesuch klar, aber lohnt sich dieser überhaupt?


Darum geht es:


In einer beschaulichen Kleinstadt führt Milton ein eigentlich entspanntes Rentnerleben. Er kümmert sich liebevoll um seinen Garten, insbesondere um seine geliebten Azaleen. Nebenbei engagiert er sich in der Gemeinde und hält sein Gehirn mit allerlei Spielereien auf Trab. Doch langsam aber sicher wird Milton immer schrulliger. Seine Auftritte bei Gemeindeversammlungen werden zur Belustigung aller, denn seine Beiträge werden immer abstruser. Anstatt über die üblichen Themen zu sprechen, fängt er plötzlich an, von UFO-Landungen in seinem Garten zu erzählen. Natürlich nehmen ihn alle nicht mehr ernst, und seine Mitbürger winken genervt ab.


Ungewöhnlicher Treibstoff: Joyce (Jane Curtin), Sandy (Harriet Harris) und Milton (Ben Kingsley) versuchen mit allen Mitteln, ihrem extraterrestrischen Freund bei seinen Reparaturarbeiten zur Hand zu gehen
Bildnachweis: © Neue Visionen Filmverleih

Doch was keiner ahnt: Milton hat nicht gelogen! Tatsächlich ist in seinem Garten ein UFO gelandet, und ein außerirdisches Wesen ist bei ihm eingezogen. Dieses ungewöhnliche Zusammenleben bleibt jedoch nicht lange ein Geheimnis. Natürlich bleibt die Ankunft des Aliens nicht unbemerkt. Auch Miltons Nachbarn, Sandy und Joyce, zwei weitere Rentner, bekommen Wind von der außerirdischen Angelegenheit. Nach anfänglichem Schock heißen sie das Alien herzlich in ihrer nun streng geheimen  Gemeinschaft willkommen. Plötzlich ist das beschauliche Rentnerleben nicht mehr so langweilig wie zuvor.


Die Rezension:


Ein außerirdischer Besucher landet mitten in einer verschlafenen Kleinstadt – keine neue Prämisse. Doch „A Great Place To Call Home“ schafft es, diesen altbekannten Plot mit einer erfrischend neuen Perspektive zu würzen. Regisseur Marc Turtletaub liefert uns in seinem erst zweiten selbst inszenierten Werk eine gemütliche Science-Fiction-Geschichte, die nicht nur für diejenigen gedacht ist, die sich von den schnellen Schnitten und CGI-Feuerwerken der aktuellen Blockbuster überfordert fühlen, sondern auch für diejenigen, die eine Reflexion über das Älterwerden und die damit verbundenen Herausforderungen suchen.


Denn Marc Turtletaub erzählt in „A Great Place To Call Home“ nicht nur eine Geschichte über die Begegnung zwischen Mensch und Außerirdischem, sondern auch eine mehrperspektivische Erkundung des menschlichen Alterns und der Einsamkeit gepaart mit gesellschaftlicher Ignoranz. Obwohl der Film in erster Linie als Unterhaltung konzipiert ist, schreckt er nicht davor zurück, tiefgründige Themen anzusprechen. Die Einsamkeit, das Altern und die Suche nach einem Gefühl von Zugehörigkeit sind allgegenwärtige Motive, die den Film mit einer anhaltenden Resonanz ausstatten.


 Eine Dose Bohnen im Badschrank: Tochter Denise (Zoë Winters) macht sich Sorgen um Gedächtnis und Geisteszustand ihres Vaters Milton (Ben Kingsley)
Bildnachweis: © Neue Visionen Filmverleih

In einem ruhigen Tempo entfaltet sich die Geschichte von Milton Robinson, einem knurrigen Rentner, der plötzlich mit einem außerirdischen Besucher konfrontiert wird, der in seinem Garten notlandet. Gespielt von „Gandhi“-Darsteller Ben Kingsley, verkörpert Milton die Mischung aus Altersstarrsinn und eisheit auf eine charmante Weise. Kingsleys Darstellung verleiht dem Charakter eine Tiefe und Glaubwürdigkeit, die ihn zu einem echten Herzstück des Films machen. Die Beziehung zwischen Milton und dem Alien, liebevoll „Jules“ getauft, bildet das emotionale Zentrum des Films. Jade Quon, hinter einer fast unbeweglichen Maske verborgen, verleiht dem geschlechtslosen Außerirdischen eine geheimnisvolle Eleganz und macht ihn zu einem faszinierenden Gegenüber für Milton und seine Freunde.


Jules stumme Kommunikation mit den älteren Menschen um sie herum offenbart eine universelle Sehnsucht nach Verständnis und Zugehörigkeit. Turtletaubs Inszenierung jongliert geschickt mit der Möglichkeit, dass die Ereignisse nur in Miltons Fantasie existieren könnten. Diese subtile Unsicherheit verleiht dem Film eine zusätzliche Ebene der Spannung und regt zum Nachdenken über Realität und Vorstellungskraft an.


Die visuelle Ästhetik von „A Great Place To Call Home“ zeichnet sich durch ihre lebendigen, heiteren Farben aus, die eine warme und einladende Atmosphäre schaffen. Insgesamt herrscht wenig Dunkelheit im Film, was die Leichtigkeit und Zugänglichkeit der Handlung unterstreicht. Diese farbenfrohe Gestaltung trägt dazu bei, dass sich das Publikum sofort wohl fühlt und bereitwillig in die Welt der Geschichte eintaucht.


Heimliche Begegnung der dritten Art: Milton (Ben Kingsley) wird von seinen Nachbarinnen Joyce (Jane Curtin) und Sandy (Harriet Harris) davon überzeugt, seinen außerirdischen Hausgast geheim zu halten
Bildnachweis: © Neue Visionen Filmverleih

Die musikalische Untermalung von Volker Bertelmann vervollständigt dieses harmonische Gesamtbild. Als renommierter deutscher Filmkomponist hat Bertelmann bereits mit seinem Oscarprämierten Soundtrack für „Im Westen nichts Neues“ bewiesen, dass er ein Gespür für die emotionale Untermalung von Filmen besitzt. Auch in „A Great Place To Call Home“ entfaltet seine Musik eine passende Wirkung. Obwohl Bertelmann hier keinen revolutionären Ansatz verfolgt, schafft er dennoch eine angenehme Atmosphäre, die perfekt zur Stimmung des Films passt.


Die größtenteils fröhlichen und mitreißende Melodien von Bertelmann untermalen die humorvollen Momente des Films auf subtile Weise und verstärken die Situationskomik sowie die scharfsinnig formulierten Dialoge. Dabei liegt der Humor weniger in plumpen Gags, sondern vielmehr in den feinen Nuancen der Mimik und Gestik der Darsteller sowie in den pointierten Dialogen des Drehbuchs. Einige visuelle Effekte und das Design von Jules mögen zwar nicht den neuesten Standards entsprechen, doch diese Mängel werden durch die überzeugende Darstellung der Schauspieler und die kraftvolle Erzählung weitgehend ausgeglichen. Trotz einiger verstörender Szenen, die Turtletaub schnell wieder abfertigt, bleibt der Film eine faszinierende Mischung aus Humor, Menschlichkeit und einer Prise Science-Fiction.


Nachhause telefonieren: Der außerirdische Besucher wird den Lebensabend von Joyce (Jane Curtin), Sandy (Harriet Harris) und Milton (Ben Kingsley) ordentlich aufmischen – und für immer verändern
Bildnachweis: © Neue Visionen Filmverleih

Während „A Great Place To Call Home“ seine ernsthaften Themen wie Alter, Einsamkeit und den Umgang mit dem Verlust der mentalen Fähigkeiten nicht ausblendet, gelingt es ihm dennoch, eine optimistische und humorvolle Note beizubehalten. Der Film zeigt, wie wichtig es ist, Verständnis und Akzeptanz für Menschen jeden Alters zu haben, und hinterlässt gleichzeitig einen nachdenklichen Impuls, der lange nach dem Abspann anhält. Die Kleinstadt-Atmosphäre von Boonton mag zwar spezifisch sein, aber die Botschaft des Films ist universell: Wir alle sehnen uns nach Akzeptanz und Verständnis, egal wie alt wir sind oder wo wir leben.


Fazit:


Abschließend ist „A Great Place To Call Home“ nicht nur ein Film, der unterhält, sondern auch einer, der zum Nachdenken anregt und das Publikum dazu ermutigt, die Welt um sie herum mit neuen Augen zu betrachten. In einer Zeit, in der das Ungewöhnliche oft übersehen wird, erinnert uns dieser Film daran, dass wahre Schönheit oft dort zu finden ist, wo wir sie am wenigsten erwarten.


7 von 10 Punkten


>>> STARTTERMIN: Ab dem 8. Februar 2024 im Kino.


Weitere Informationen zu „A Great Place To Call Home“:

Genre: Komödie, Science-Fiction

Produktionsjahr: 2023

Laufzeit: 87 Minuten

Altersfreigabe: FSK 6


Regie: Marc Turtletaub

Drehbuch: Gavin Steckler

Besetzung: Ben Kingsley, Harriet Sansom Harris, Jane Curtin und viele mehr ...


Trailer zu „A Great Place To Call Home“:



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