Academy reagiert auf Kritik: Abstimmungsprozess bei den Oscars wird reformiert
- Toni Schindele
- 22. Apr.
- 2 Min. Lesezeit
Die Academy of Motion Picture Arts and Sciences führt neue Regeln ein: Wer in der finalen Abstimmungsrunde über Oscar-Gewinner mitentscheiden will, soll künftig alle nominierten Filme der jeweiligen Kategorie vollständig gesehen haben.

Mit dieser Maßnahme reagiert die Oscar-Academy auf langjährige Kritik an der Stimmpraxis ihrer Mitglieder. Bisher war es möglich, auch in Hauptkategorien wie „Bester Film“ abzustimmen, ohne alle nominierten Werke vollständig gesehen zu haben. Die neue Regel betrifft alle finalen Abstimmungsrunden und sieht vor, dass stimmberechtigte Mitglieder alle Beiträge in der jeweiligen Kategorie vollständig sichten sollen. In der Kategorie „Bester animierter Kurzfilm“ etwa empfiehlt die Academy, alle 15 Filme der Shortlist vor der Stimmabgabe zu sichten. Ob und wie diese Sichtung überprüft wird, bleibt offen. Eine Nachweispflicht wird in der Pressemitteilung nicht genannt. Die Kritik an der bisherigen Praxis ist nicht neu. Laut Medienberichten gaben in früheren Jahren zahlreiche Academy-Mitglieder an, mindestens einmal in einer Kategorie abgestimmt zu haben, ohne alle Filme gesehen zu haben. Auch Filmschaffende äußerten sich wiederholt kritisch.
Lisy Christl, Academy-Mitglied und in diesem Jahr nominierte Kostümbildnerin, erklärte im Vorfeld der diesjährigen Oscars mir gegenüber im Interview: „Es liegt ja in unserem ureigenen Interesse, möglichst viele dieser Filme zu sehen. Aber es gibt Jahre, in denen man selbst dreht, und dann hat man einfach nicht die Kraft und Zeit.“ Sie selbst habe etwa 90 Prozent der Filme gesehen, die übrigen zumindest teilweise oder als Trailer. Ein verpflichtendes System hält sie für schwer umsetzbar, erkennt jedoch das Bestreben nach mehr Transparenz an. Die Oscar-Akademie zählt aktuell über 10.800 Mitglieder in 18 Branchensektionen. Während in der Nominierungsrunde jeweils nur innerhalb der eigenen Sektion abgestimmt werden darf, stimmen in der Finalrunde alle Mitglieder über alle Hauptkategorien ab – unabhängig von fachlicher Zuständigkeit. Die Academy stellt ihren Mitgliedern Screener und Vorführungen zur Verfügung, kontrollierte Sichtungspflichten gab es bisher nicht.
Die Academy erklärte dazu 2019: „Die Academy vertraut darauf, dass ihre Mitglieder verantwortungsvoll mit ihrem Stimmrecht umgehen.“ Die Regeländerung ist Teil einer Reihe von Anpassungen für die 98. Oscarverleihung 2026. Auch die Regularien für den Einsatz Künstlicher Intelligenz wurden präzisiert: Die Academy betont, dass bei der Preisvergabe weiterhin die kreative Leistung eines Menschen im Mittelpunkt stehen müsse. Weitere Änderungen betreffen Einreichungsfristen in den Musik-Kategorien, eine Vorab-Shortlist in der Kamera-Kategorie sowie neue Richtlinien zur Anerkennung von Filmschaffenden mit Flüchtlings- oder Asylstatus im Bereich Internationaler Film. Alle Fristen und Regelwerke treten für die 98. Oscars in Kraft, die am 15. März 2026 in Los Angeles stattfinden.
Comments