Licht aus in Friedenau: Berliner Traditionskino Cinema stellt nach 114 Jahren den Betrieb ein
- Toni Schindele
- vor 10 Stunden
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Das Cinema in der Berliner Bundesallee 111 beendet nach über einem Jahrhundert seinen Betrieb. Das traditionsreiche Ein-Saal-Kino zählte zu den letzten seiner Art in der Hauptstadt und prägte den Stadtteil Friedenau über Jahrzehnte.

Am Dienstag, den 29. Oktober, findet die letzte Vorstellung im Cinema statt – gezeigt wird laut Programm Michael Bully Herbigs „Das Kanu des Manitu“. Ab dem 30. Oktober bleibt der Vorhang dauerhaft geschlossen. Damit schließt sich ein Stück Berliner Filmgeschichte, denn das traditionsreiche Kino blickt auf eine über hundertjährige Vergangenheit zurück. Schon 1911 eröffnete hier das Stummfilmkino Corso, das später unter den Namen Colibri-Lichtspiele und Friedenauer Lichtspiele firmierte. 1959 erhielt es den Namen Cinema – in Anlehnung an das damals neue CinemaScope-Format. Der Saal mit knapp 100 Plätzen ist in das Erdgeschoss eines Wohnhauses eingebettet und blieb auch in Zeiten struktureller Veränderungen ein konstanter Bestandteil der Berliner Kinolandschaft. Seine grüne Neonaufschrift über den Schaukästen galt im Kiez als vertrautes Merkmal.
Gelegen zwischen Bundesallee und Walther-Schreiber-Platz bildete das Cinema über Jahrzehnte einen festen kulturellen Bezugspunkt im Stadtteil. Betrieben wurde das Kino ab den 1990er-Jahren von den Familien Mertins und Sundarp, die auch den Berliner Cineplex-Verbund verantworten. Zwischenzeitlich fungierte es als sogenanntes Nachspielkino, in dem Filme kurz vor ihrem Heimkino-Start zu ermäßigten Preisen liefen. Damit war das Kino besonders bei Studierenden, Familien und Gelegenheitsbesuchern beliebt. Die baulichen Gegebenheiten des langen, schmalen Saals schränkten jedoch die Modernisierungsmöglichkeiten zunehmend ein. Barrierefreiheit, Klimatisierung und Schallschutz ließen sich in der bestehenden Struktur kaum realisieren. Da sich das Kino im Erdgeschoss eines Wohnhauses befindet, wären tiefgreifende Umbauten technisch und wirtschaftlich kaum machbar gewesen.
Gleichzeitig entstand in direkter Umgebung ein modernes Kinoangebot derselben Betreiber, ausgestattet mit größeren Leinwänden und zeitgemäßer Technik. Nach Jahren des Abwägens entschied die Betreibergesellschaft To the Movies deshalb, den Spielbetrieb einzustellen. Nach Angaben von THE SPOT media & film heißt es in einer der Redaktion vorliegenden Mitteilung der Geschäftsführung der Berliner Cineplex-Kinos, dass die filmische Versorgung im Bezirk durch das Adria Filmtheater und das Cineplex Titania weiterhin gewährleistet bleibe. Mit dem Ende des Cinema verschwindet jedoch eines der letzten klassischen Ein-Saal-Kinos Berlins. Die Schließung steht exemplarisch für den strukturellen Wandel der Kinolandschaft, in der kleine Lichtspielhäuser zunehmend unter wirtschaftlichem Druck und technischen Auflagen stehen, während moderne Mehrsaalhäuser und Streamingangebote an Bedeutung gewinnen.
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