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Lara Mandoki im Interview zum Erzgebirgskrimi „Über die Grenze“: „Szabo hält vielmehr Chauvinismus aus, als Lara das tun würde“

  • Autorenbild: Toni Schindele
    Toni Schindele
  • vor 1 Tag
  • 7 Min. Lesezeit

Seit rund sieben Jahren verkörpert Lara Mandoki nun schon die Kommissarin Karina Szabo im Erzgebirgskrimi. Nun kehrt sie mit einer neuen Folge zurück und diesmal führt ein Verbrechen aus der Vergangenheit mitten in die Abgründe der Gegenwart.


Lara Mandoki im Interview zum Erzgebirgskrimi „Über die Grenze“: „Szabo hält vielmehr Chauvinismus aus, als Lara das tun würde“
Bildnachweis: © ZDF/Conrad Lobst

Wenn Lara Mandoki am Samstagabend im ZDF ermittelt, schauen Millionen Menschen zu. Die Münchner Schauspielerin, Tochter des ungarischen Musikers Leslie Mandoki, hat ihren Weg früh ins Film- und Fernsehgeschäft gefunden. Schon als Jugendliche stand sie vor der Kamera, später folgten Rollen in Kino- und Fernsehproduktionen wie „Mute“, „Der große Rudolph“ oder als

Hedwig Höss in „Die Spaltung der Welt“. Dabei zeigte sie immer wieder, wie vielseitig sie ist: Mal leichtfüßig und humorvoll, dann wieder ernst und dramatisch. Über die Jahre hat sie sich ein Profil erarbeitet, das weit über die Krimilandschaft hinausreicht – und dennoch ist es gerade eine Krimireihe, die ihre Arbeit einem breiten Publikum besonders nahegebracht hat. An der Seite von Kai Scheve als Robert Winkler spielt sie die Kommissarin Karina Szabo, eine Figur mit vielen Facetten, Brüchen und Geheimnissen. Mit der neuen und Folge „Über die Grenze“ setzt die Reihe ihre Tradition fort, regionale Geschichten mit brisanten Themen zu verweben.


Diesmal stößt das Ermittlerduo Szabo und Winkler auf eine dreißig Jahre alte Leiche, die bei Bauarbeiten ans Licht kommt. Was zunächst wie ein klassischer Cold Case aussieht, entwickelt sich schnell zu einem hochaktuellen Mordfall: ein Geflecht aus Vergangenheit und Gegenwart, das alte Schuld, verdrängte Geheimnisse und neue Abgründe verbindet. Besonders brisant: Als Winkler plötzlich spurlos verschwindet, beginnt für Szabo ein Wettlauf gegen die Zeit. Es ist ein Stoff, der die Figuren bis an ihre Grenzen führt. Für Lara Mandoki bedeutet diese Rolle nicht nur die Kontinuität einer langjährigen Zusammenarbeit, sondern auch die Möglichkeit, eine Figur immer weiter zu entwickeln, ihr neue Seiten abzugewinnen und sie in unerwartete Situationen zu führen. Wie sie selbst auf diese Jahre zurückblickt, wie sie ihre Rolle Karina Szabo sieht und was das Publikum in der neuen Episode erwarten darf, darüber spricht Lara Mandoki hier im Interview.


Der Film Journalist: Sie sind in München geboren und seit der ersten Folge fester Bestandteil des Erzgebirgskrimis. Welche Bedeutung hat diese langjährige Zusammenarbeit für Sie?


Lara Mandoki: Es ist grundsätzlich ein großes Privileg, eine Hauptrolle am Samstagabend um 20:15 Uhr im ZDF spielen zu dürfen. Außerdem ist die Szabo eine Figur, die ich über die Jahre sehr liebgewonnen habe und stetig weiter entwickeln konnte. In diesem Fall fand ich es zudem sehr spannend, dass wir über eine Region erzählen, die für viele Menschen doch recht unbekannt ist und noch einige interessante Erzählstoffe bietet. Ich selbst wusste vom Erzgebirge auch sehr wenig, bis ich mich für die Reihe mit der Region beschäftigt habe. Meine erste Brücke war meine ungarische Herkunft, die mir eine emotionale Ostverbindung gibt.


Lara Mandoki im Interview zum Erzgebirgskrimi „Über die Grenze“: „Szabo hält vielmehr Chauvinismus aus, als Lara das tun würde“
Bildnachweis: © ZDF/Conrad Lobst

Als unsere Dreharbeiten 2018 begannen, erlebte Chemnitz, das Tor zum Erzgebirge, aufgrund der rechten Ausschreitungen ein sehr bewegtes Jahr, was leider richtungsweisend war, denn seitdem hat der Zuspruch der AfD immer weiter zugenommen. Meine eigenen Begegnungen im Erzgebirge waren aber vor allem geprägt von großer Gastfreundschaft, wofür ich sehr dankbar bin. Insofern glaube ich, dass die meisten Menschen dort für eine herzliche und offene Gesellschaft stehen. Und dadurch, dass Chemnitz 2025 europäische Kulturhauptstadt geworden ist, bewegt sich dort gerade sehr viel. Das ist eine große Chance für die Region.


Der Film Journalist: Der Erzgebirgskrimi spielt in einer Region, die bis heute mit den Folgen der Wende kämpft. Wie erleben Sie bei den Dreharbeiten die gesellschaftliche Stimmung vor Ort und wie sehr sollte sich fiktionales Fernsehen Ihrer Meinung nach gesellschaftspolitisch positionieren?


Lara Mandoki: Das Angebot für jüngere Menschen ist in der Region einfach sehr begrenzt. Das gilt sicher für viele ländliche Regionen, aber im Erzgebirge ist es besonders auffallend. Dass daraus eine Frustration entstehen kann, verstehe ich, auch dass junge Menschen eher die weite Welt suchen, wenn die Logistik, Infrastruktur, Jobangebote nicht ausreichend vorhanden sind. Warum man die Lösung aber in Hass, in anti-demokratischen Tendenzen und in Ausgrenzung sucht, verstehe ich wiederum nicht. Das Erzgebirge hat einen sehr starken Mittelstand, warum das nicht genutzt wird, um stärker in Infrastruktur und kulturelle Vielfalt zu investieren, in ein Umfeld, in dem Menschen eine Perspektive sehen und sich wohlfühlen, bleibt für mich nicht nachvollziehbar. Gerade wenn ich so viele herzliche Menschen dort erlebe. Stattdessen verleihen zahlreiche Menschen durch die Wahl der AfD ihrem Frust Ausdruck.


Lara Mandoki im Interview zum Erzgebirgskrimi „Über die Grenze“: „Szabo hält vielmehr Chauvinismus aus, als Lara das tun würde“
Bildnachweis: © ZDF/Conrad Lobst

Die AfD steht für mich für Hass und anti-demokratischen, teilweise menschenverachtenden Populismus. Eine Gesellschaft, in der diese Partei stark ist, muss sehr viel Unmut und Wut in sich tragen. Das gilt aber für alle Regionen Deutschlands, in denen die AfD stark ist, nicht nur für Ostdeutschland. Ich hoffe sehr, dass der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk weiterhin seine Aufgabe bewahren kann, demokratisch und gleichberechtigt auf unsere Gesellschaft zu schauen. Ich denke, die Lebensrealitäten der Menschen zu erkennen, sie zu spiegeln und somit möglicherweise einem Gefühl der Isolation entgegenzuwirken, bleibt sicher ein genauso wichtiger Bestandteil der fiktionalen Abteilung des ÖRR wie zu unterhalten und die Menschen aus ihrem Alltag zu entführen und schöne Geschichten zu erzählen.


Der Film Journalist: „Über die Grenze“ ist bereits der 13. Erzgebirgskrimi. Wie bewahren Sie sich die Neugier auf eine Rolle, die Ihnen längst vertraut ist, und gibt es etwas an Karina Szabo, das Sie besonders mögen – oder auch etwas, womit Sie gar nichts anfangen können?


Lara Mandoki: Mit jedem Jahr entdecke ich Neues an Karina. Wobei die Möglichkeiten der Drehbücher, verschiedene Seiten von Szabo zeigen zu können, immer auch unterschiedlich waren. Die Bücher von Susanne Schneider haben mir sicherlich die meisten Möglichkeiten gegeben. Szabo war für mich von Anfang an eine komplexe und interessante Figur mit vielen Geheimnissen. Ihre duale Prägung, ihre Einsamkeit, ihr Verhältnis zu Winkler waren immer wieder spannende Herausforderungen.


Der Film Journalist: Sie sagten einmal, Szabo halte mehr aus, als Sie es privat täten. Warum, glauben Sie, ist das so – und gibt es etwas an der Figur, das Sie gern noch erzählen oder entwickeln würden?


Lara Mandoki: Szabo hält vielmehr Chauvinismus aus, als Lara das tun würde – zumindest nicht unkommentiert. Es gäbe noch einiges, was ich gerne über oder mit Szabo erzählen würde, aber das bleibt nun Szabos und mein Geheimnis, da ich mit dem 15. Erzgebirgskrimi, der im nächsten Jahr laufen wird, meinen letzten Film als Kommissarin Szabo gedreht habe.


Der Film Journalist: Daran direkt anschließend: Karina Szabo erwähnt in der Folge, dass sie sich für eine Stelle in Leipzig beworben hat. Wenn sie künftig in einer anderen Region ermitteln müsste – welche würden Sie wählen?


Lara Mandoki: Szabo ist in Ostdeutschland sozialisiert und fühlt sich in der Stadt wohler als auf dem Land. Ich denke also, Leipzig ist für sie auf jeden Fall eine authentische Wahl. Für mich als Schauspielerin bleiben die Regionen im Osten Deutschlands ein spannender und komplexer Ort, an dem ich sehr gerne arbeite.


Der Film Journalist: Ihr Vater ist ebenfalls Künstler, allerdings Musiker. Haben Sie je mit dem Gedanken gespielt, selbst musikalisch tätig zu werden – oder war für Sie immer klar, dass Ihr künstlerischer Weg ein anderer ist?


Lara Mandoki: Ich habe als Kind zehn Jahre lang Klavier gespielt. Mir war sehr schnell klar, dass in der Musik nicht mein Talent liegt und auch nicht meine Leidenschaft. Ich habe es schon als Kind geliebt, mich zu verkleiden und in verschiedenen Rollen zu schlüpfen, und ich war im Kindergarten schon in der Theatergruppe. Daher war mein Weg zum Schauspiel irgendwie von Anfang an klar.


Der Film Journalist: Im Interview mit teleschau sagten Sie vor rund zwei Jahren, dass das klassische Ermittlerduo – älterer Mann und jüngere Frau, wobei Letztere sich oft in eine zurückgestellte Haltung begibt – ein überholtes Modell sei. Hat sich seither etwas geändert und was müsste sich im deutschen Krimifernsehen ändern, um solche Konstellationen weiterzuentwickeln?


Lara Mandoki: Leider hat sich seitdem vieles eher wieder zurückentwickelt. In einem Land mit einem so großen Gender-Pay-Gap, wo Menstruationsartikel mit 19 Prozent besteuert werden, ist das Fernsehen nur der Spiegel einer noch nicht gleichberechtigten Gesellschaft. Es gibt noch viel zu tun, damit Frauen ihre verdiente Position auf Augenhöhe in allen Bereichen des Lebens bekommen.


Der Film Journalist: Der Krimi ist das dominierende Genre im deutschen Fernsehen. Was hebt aber den Erzgebirgskrimi von anderen Formaten ab und welche Themen würden Sie sich künftig für die Reihe wünschen?


Lara Mandoki im Interview zum Erzgebirgskrimi „Über die Grenze“: „Szabo hält vielmehr Chauvinismus aus, als Lara das tun würde“
Bildnachweis: © ZDF/Conrad Lobst

Lara Mandoki: Das Besondere ist sicher, dass es kein festes Kommissariat gibt, die Ermittler sind immer on the road. Dadurch bekommen die Landschaft und die Region nochmal eine andere Wichtigkeit und Präsenz. Das finde ich sehr schön und auch besonders an diesem Format. Wir haben viele Geschichten erzählt, die mit Familiendynastien und Handwerk zu tun haben, das finde ich auch gut und richtig. Aber ich denke, es wäre jetzt auch an der Zeit, beispielsweise mehr Geschichten über Frauen, die gerade den starken Mittelstand der Region als Unternehmerinnen geprägt haben, zu erzählen. Gerade was die Biografien und Prägungen von Frauen anbelangt, unterscheidet sich Ost- und Westdeutschland immer noch sehr.


Der Film Journalist: Das Drehbuch zur neuen Episode stammt erneut von Susanne Schneider – der ersten Autorin der Reihe, die mit „Familienband“ auch Kai Scheves Lieblingsfolge schrieb. Im Südkurier betonten Sie, dass gerade bei dieser Folge die Atmosphäre des Erzgebirges besonders stimmig mit dem Fall verwoben sei. Was schätzen Sie an Susanne Schneider als Autorin und was hat Sie persönlich beim ersten Lesen des neuen Buchs zu „Über die Grenze“ angesprochen?


Lara Mandoki: Susanne ist eine Autorin, die nicht nur sehr gute Who-Done-It-Krimi-Plots schreiben kann, sondern zugleich sehr spannende und komplexe Figuren entwickelt. Beides hält sich bei ihr sehr gelungen die Balance, wie ich finde. Ihre Fälle sind immer unvorhersehbar und komplex und ihre Figuren gut im Milieu etabliert. Sie gibt dem Erzgebirge auch den Raum und die Tiefe, die unser Format braucht. Wie schon bei „Familienband“ gelingt ihr auch bei „Über die Grenze“ die Atmosphäre der Region mit dem Fall zu verweben. Es ist immer eine große Freude, ein Buch von ihr verfilmen zu dürfen.


Der Film Journalist: Cold Cases sind durch den True-Crime-Hype beliebter denn je. Der neue Erzgebirgskrimi rückt nun ein Verbrechen aus der DDR-Vergangenheit in den Fokus. Die Folge „Über die Grenze“ läuft am Samstag, dem 30. August 2025, zur Prime Time um 20.15 Uhr im ZDF. Deshalb zum Abschluss: Warum sollte man einschalten und warum darf man diese Folge auf keinen Fall verpassen?


Lara Mandoki im Interview zum Erzgebirgskrimi „Über die Grenze“: „Szabo hält vielmehr Chauvinismus aus, als Lara das tun würde“
Bildnachweis: © ZDF/Conrad Lobst

Lara Mandoki: Dieser Fall bringt alle Ensemble-Hauptfiguren an ihre Grenzen. Winkler und Szabo sind beide in existenzieller Not. Es ist ein Film, der etwas aus der Reihe fällt, und nebst Krimi auch Drama- und Thriller-Elemente enthält. Wir hatten wieder das große Vergnügen, wie schon bei „Familienband“, mit dem Trio Susanne Schneider [Drehbuch], Thorsten M. Schmidt [Regie] und Conrad Lobst [Kamera] zu arbeiten, und wieder ist ein ebenso spannungsvoller wie atmosphärisch fotografierter Film entstanden., der zudem mit großartigen Kollegen in den Episodenhauptrollen, unter anderem Jörg Schüttauf und Max Hopp, bereichert wird. Wirklich eine absolute Empfehlung! 

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