First-Steps-Gewinnerin Bayan Layla im Interview zu „Elaha“: „Das war schon nicht ohne“
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First-Steps-Gewinnerin Bayan Layla im Interview zu „Elaha“: „Das war schon nicht ohne“

Seit wenigen Tagen läuft ein neuer und vielversprechender Film aus Deutschland im Kino, der weit mehr als ein Nischenpublikum ansprechen könnte. Zu diesem Anlass hatte ich die Gelegenheit, Hauptdarstellerin Bayan Layla zu einem Interview zu treffen. Warum sollte man also „Elaha“ auf der großen Leinwand anschauen?


Bildnachweis: © Christopher Behrmann / Kinescope


Mit „Elaha“ ist gerade ein neuer Film angelaufen, der bisher nicht nur äußerst positive Kritiken erntete, auch die Hauptdarstellerin erhielt von verschiedenen Seiten lobende Resonanz und wurde kürzlich erst mit dem First-Steps-Nachwuchspreis ausgezeichnet. Der First-Steps-Award, von den renommierten Produzenten Bernd Eichinger und Nico Hofmann im Jahr 1999 ins Leben gerufen, würdigt alljährlich junge Talente der Filmbranche. Bayan Layla erhielt in diesem Jahr den Götz-George-Nachwuchspreis, der seit 2017 von der Götz George Stiftung verliehen wird. Die Jury begründete ihre Entscheidung damit, dassn Bayan Layla in ihrer Rolle in „Elaha“ keinerlei Kompromisse eingeht und die Widersprüche der Figur bravourös darstellt.


Vor dem Kinostart traf ich Bayan Layla zu einem Zoom-Interview und fragte sie unter anderem, wie wichtig ihr solche Preise sind: „Ich finde solche Preise auf jeden Fall super wichtig, besonders am Anfang [der Karriere] geht es vor allem um Aufmerksamkeit, um Sichtbarkeit, wer wen wo sieht, und ich finde, dass das beim First-Steps-Award ganz toll ist.“ Regisseurin Milena Aboyan präsentiert mit „Elaha“ nicht nur ihren Debütfilm, sondern verspricht auch eine dringend benötigte frische Brise im deutschen Kino. Der Film berührt wichtige Themen wie weibliche Selbstbestimmung und entführt das Publikum in die kurdische Kultur. „Elaha“ erzählt die bewegende Geschichte der gleichnamigen 22- jährigen Deutsch-Kurdin, die kurz vor ihrer Hochzeit vor einem inneren Konflikt steht.


Bildnachweis: © Christopher Behrmann / Kinescope


Die junge Frau balanciert zwischen der bedingungslosen Liebe zu ihrer Familie und dem Verlangen nach Selbstbestimmung. Inmitten der Herausforderungen, ihre Rolle als perfekte Tochter in einem vom Patriarchat geprägten Umfeld zu erfüllen, muss Elaha eine bedeutende Entscheidung treffen. Die Geschichte entfaltet sich als psychologische Reise zur Emanzipation, die die Schwierigkeiten beleuchtet, sich gegen traditionelle Erwartungen aufzulehnen.


„Elaha“ hebt sich aber nicht nur erzählerisch von gängigen deutschen Kinoproduktionen ab. Die inszenatorischen Entscheidungen, wie das Durchbrechen der vierten Wand und das 4:3-Bildformat sorgen für ein äußerst direktes Filmerlebnis. Bayan Layla benötigte für die Hauptrolle des Films eine besondere Vorbereitung, nicht nur weil es ihre erste große Rolle ist, sondern auch aufgrund der tiefgründigen Thematik.


Bildnachweis: © Christopher Behrmann / Kinescope


Im Interview erzählte Bayan Layla von ihrer Vorbereitung, darunter das einjährige Casting, Kurdisch-Unterricht, Schauspiel-Coaching, Tanzstunden und einem Praktikum in einer Textilreinigung. Auf die Frage nach den größten Herausforderungen während der Verkörperung von Elaha antwortete Bayan Layla: „Es ist immer diese Gradwanderung zwischen, sie ist irgendwo gefangen in diesem Konstrukt, in dem sie lebt [...] und was von ihr erwartet wird und gleichzeitig ist es das auch, was sie stärkt und was sie besonders macht. [...] Immer wieder, wenn ich den Film sehe, bei Screenings, denke ich mir, ach krass, nach dem und dem nochmals weiterzumachen, ist schon sehr faszinierend. Und das kommt auch von diesem Willen, dass man nicht die einfachste Lösung nehmen würde, in dem man einfach abhaut, sondern in dem man sich dem stellt und sagt, wie gehe ich damit um, dass ich mich nicht in der Liebe von anderen Menschen verlieren will, auf die ich aber auch nicht verzichten will.“


Auch die Dreharbeiten waren äußerst herausfordernd, wie Bayan Layla erzählte: „Es war auf jeden Fall eine Reise, es waren sechs, sieben Wochen glaube ich. Abstand von der Figur zu nehmen hat dabei mehr oder weniger geklappt. Besonders bei dieser Menge [an Szenen] und ich war in jedem Bild, ich war also den ganzen Tag mit der Crew zusammen. Das war schon nicht ohne. Ich habe es aber sehr genossen. Die bestimmten Herausforderungen, die Nacktszenen, die Intimszenen waren natürlich immer ein Thema, waren letztlich aber größtenteils sehr angenehm, weil unser Team auch großartig war. Ich habe mich sehr wohlgefühlt, weil die Szenen auch dramaturgisch sehr viel Sinn ergeben.


Bildnachweis: © Christopher Behrmann / Kinescope


Deshalb waren sie auch super wichtig. Es war jetzt nicht Nackt sein um nackt zu sein. Aber auch im Editing-Raum hat unser Editer Elias das großartig mit mir und Milena [Aboyan] zusammen gemacht, dass ich jetzt denke, ich bin super zufrieden damit [...]. Die emotionalen Szenen waren auch anstrengend. Es gibt eine Szene im Krankenhaus [...] vor der ich großen Respekt hatte und das ist auch sehr gut gelaufen, da allen Teammitgliedern sehr bewusst war, was wir hier drehen und wie anstrengend und krass das teilweise für mich und die anderen Schauspieler ist.“


Die Geschichte mag zwar zunächst wie für eine kleine Zielgruppe produziert wirken, jedoch zeigt „Elaha“ eine aufrichtige und zutiefst menschliche Geschichte, die weit mehr als Nischenkino ist. Der Film taucht tief in die Facetten der kurdischen Kultur ein und verleiht einen frischen Blick auf die multikulturelle Vielfalt Deutschlands. Bayan Layla betonte im Interview, dass der Film die komplexe Natur der Geschichte und der Figuren einfühlsam reflektiert und sich nicht darauf beschränkt, Menschen als Opfer oder Täter zu kategorisieren.


Bildnachweis: © Christopher Behrmann / Kinescope


Sie hofft, dass der Film vor allem jungen Mädchen das Gefühl nimmt, weniger allein zu sein: „Ich bin in Syrien geboren und aufgewachsen, habe mich manchmal einsam gefühlt und ich würde immer sagen, dass mich Filme und Bücher gerettet haben, weil ich mich durch sie weniger einsam gefühlt habe. Und ich glaube, wenn eine Frau oder ein junges Mädchen sich diesen Film ansieht und sich weniger einsam fühlt, dann bin ich sehr zufrieden und bin dann sehr stolz auf unsere Arbeit“.


Seit dem 23. November 2023 läuft „Elaha“ im Kino, und Bayan Layla betont, dass der Film eine Einladung sei, sich mit den Herausforderungen und Konflikten auseinanderzusetzen, die viele Menschen in ihrem Inneren erleben. Der Film biete eine emotionale Reise, die das Publikum dazu anregt, über die Komplexität menschlicher Entscheidungen nachzudenken und Verständnis für verschiedene Perspektiven zu entwickeln, im „Sinne von, dass man nicht von einer Situation hört und denkt, dass ist doch ganz einfach – `hau doch einfach ab ́.“


Neugierig geworden ? – sieh hier den Trailer zu „Elaha“:


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