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Kritik zu „House of the Dragon“: Noch besser als „Game of Thrones“?

Aktualisiert: 26. Okt. 2022

Die recht kontrovers aufgenommene finale Staffel des Serien-Phänomens „Game of Thrones“ ließ Fans unzufrieden und enttäuscht zurück. Doch da die Verantwortlichen bei HBO weitere Geschichten aus der Welt von George R. R. Martin umsetzten wollten, standen sie vor großen Herausforderungen, um Fans wieder für die Welt der Drachen, Intrigen und das Spiel um den eisernen Thron begeistern zu können. Jetzt war es endlich so weit und am 22. August 2022 startete die Prequel-Serie „House of the Dragon“, die nun mit ihrer zehnten Episode die erste Staffel beschloss.


© Ollie Upton / HBO


Am 20. Mai 2019 startete in Deutschland die achte und finale Staffel von „Game of Thrones“ und führte die Serie zu ihrem Ende. Nach dem Ende der Mutterserie wurde sofort die Arbeit an weiteren Serien aus der Welt von „Game of Thrones“ aufgenommen und über fünf solcher wurden mehr oder weniger offiziell angekündigt. Erst einmal wird jedoch nur eine dieser Ideen umgesetzt, eine Spin-off-Serie über das Haus Targaryen namens „House of the Dragon“, dessen erste Staffel nun in Gänze herausgekommen ist. Daher ist es nun an der Zeit, ein Resümee zu ziehen: Ist es gelungen, an das Phänomen der Mutterserie anzuknüpfen?


Darum geht es:


„House of the Dragon“ führt die Zuschauer zurück nach Westeros, rund 200 Jahre vor Daenerys Targaryen. Hundert Jahre nach Beginn der Targaryen-Herrschaft beruft der vierte König Jaehaerys den großen Rat. Da er all seine Söhne verloren hat, ist seine Erbfolge nicht geklärt. Er verkündet, dass sein Enkel Viserys den eisernen Thron von Westeros beerben wird und übergeht dessen ältere Cousine Rhaenys. So herrscht neun Jahre später Viserys, der nach der Geburt seiner Tochter Rhaenyra auf einen Sohn hofft. Seine Frau und Königin Emma ist auch wieder schwanger und Viserys ist sich der Geburt seines männlichen Erben gewiss, weshalb er ein prunkvolles Ritterturnier anlässlich der bevorstehenden Geburt veranstaltet.


Alle wichtigen Häuser des Reiches erscheienen, die Geburt endet jedoch tragisch. Königin Emma verstirbt bei einem Kaiserschnitt-Eingriff und auch ihr Sohn Baelon überlebt nicht. König Viserys fällt nach alledem in eine Ohnmacht der Trauer, will sich nicht mit der Erbfolge beschäftigen, die Dynastie der Targaryens steht vor einem Wendepunkt. Doch vor allem solle sein unberechenbarer Bruder Daemon nicht sein Erbe antreten und er beschließt, dass seine Tochter Rhaenyra seine Nachfolgerin wird.


© Ollie Upton / HBO


Die Häuser Stark, Lennister, Baratheon und Velaryon schwören Viserys Targaryen und seiner Tochter Rhaenyra die Loyalität, doch im Herbst der Targaryen-Herrschaft beginnen Intrigen aufzukeimen, die in blutigen Kämpfen zu enden drohen. Denn das Rhaenyra als Frau sein Nachfolger sein soll, ist ein Umstand, der vordergründig mit Treue-Schwüren quittiert wird, doch im Schatten keimen Intrigen auf. Es bauscht sich etwas auf, was den lange andauernden Frieden in Westeros bedroht und in einem Bürgerkrieg enden könnte.


Die Rezension:


Nachdem das Autorenduo David Benioff und DB Weiss mit ihrem Drehbuch zur letzten Staffel von „Game of Thrones“ eine recht verknappte Geschichte schuf, gelang es den Showrunnern Ryan Condal und Miguel Sapochnik im Prequel-Ableger wieder, die Stärken des Serienphänomens herauszuarbeiten.


Anstatt wie die gigantische Mutterserie eine riesige Welt zu eröffnen, konzentriert sich der Ableger „House of the Dragon“ auf die titelgebende Familie mit den Drachen, das Haus Targaryen. „Game of Thrones“ eröffnete eine komplexe Welt, die auf mehreren Kontinenten von mehreren gewichtigen Familien handelt. Doch die zehn Episoden bieten keine epochale Fantasy-Geschichte, sondern eine intimere Familiengeschichte voller Intrigen, Politik und großer moralischer Fragen.


Während „Game of Thrones“ viel Brutalität und Nacktheit bot, lebt die neue Serie mehr von gut geschriebenen Charakteren und cleveren Dialogen. Auch wenn die Mutterserie vielschichtige Figuren schuf, konnte die Hauptserie mit mehreren Handlungssträngen nie die Tiefe verleihen, wie es die Prequel-Geschichte ihren Figuren verleiht. Auch wenn den Machern der neuen Serie deutlich mehr Budget zur Verfügung stand, versuchte man nicht höher, weiter, spektakulärer zu sein, sondern viel mehr eine fein konstruierte Handlung zu erzählen. Durch die wenigeren Schauplätze wird die Erzählweise sowohl intensiver wie auch faszinierender.


© Ollie Upton / HBO


Eine Besonderheit der ersten Staffel sind Zeitsprünge, durch welche ein starkes Erzähltempo erzielt werden kann. Auch wenn mit diesen Sprüngen in der Handlung Darstellerwechsel verbunden sind, können die verkörperten Figuren ihre Faszination halten.


Genial geschriebene Figuren - großartig verkörpert

„House of the Dragon“ bietet eine Bandbreite an Figuren und die Besetzung kann auch durch die Bank hinweg glänzen. Fangen wir einmal mit den zwei jungen Hauptdarstellerinen an, die zwar nur in den ersten fünf Episoden ihre Rollen mimten, aber dies sehr eindrücklich.


Als zentrale Hauptfigur würde ich Rhaenyra herausheben, schließlich leitete sie die Geschichte auch im Prolog ein. Sie ist die Tochter und einziges Kind von König Viserys, der sie gerne nach ihm auf dem eisernen Thron sehen würde. Bisher war jedoch noch nie eine Frau auf dem Thron und im Reich gibt es viele, die möchten, dass es so bleibt. Schon früh erlernte sie das Reiten auf der gelben Drachendame Syrax, so dass sie über feurige Gefährten verfügt, die eine mächtige Waffe sein können.


© Ollie Upton / HBO


In den ersten fünf Episoden wird sie von der australischen Schauspielerin Milly Alcock verkörpert, die sehr charismatisch eine junge Frau spielt, die eine große Bürde übernehmen soll, aber lieber noch das abenteuerlustige Mädchen mit dem Drachen sein will. Alcock kann mit ihrem unverkennbaren Gesicht und Auftreten der Figur sofort Wiedererkennungswert verleihen und ihre Entwicklung hin zur verantwortungsbewussten Thronerbin authentisch und nachvollziehbar aufzeigen.


Ab der sechsten Folge wird Rhaenyra durch die britische Darstellerin Emma D’Arcy interpretiert. Da es zwischen den Episoden einen Zeitsprung gibt, sehen wir in ihr eine andere, gereifte Rhaenyra. Zwischen Pflichten, Männern und der Krone kann sie die Vielschichtigkeit der Rolle ausarbeiten und erst erahnen lassen, wohin es mit der Figur noch gehen könnte ...


Ihre beste Freundin Alicent wird zunächst von Emily Carey gespielt, die hinter ihrer devot Regeln beachtenden Fassade erahnen lässt, was in ihr schlummert. Als Ehefrau von Viserys und Königin bricht ihre Beziehung mehr und mehr. Ab der sechsten Folge wird sie von Olivia Cooke verkörpert, die eine Frau spielt, die für ihre Kinder weit gehen würde, aber nicht zur Mörderin ihrer ehemals besten Freundin werden will.


© Ollie Upton / HBO


Die selben Ziele verfolgt ihr Vater, wobei ihm der Weg dorthin nicht so wichtig ist, wie das Endresultat. Ihr Vater Otto Hightower ist ein cleverer wie undurchsichtiger Mann, der als die rechte Hand des Königs fungiert. Genial gespielt wird er von Rhys Ifans, der jedem Auftritt etwas unbehagendes, fieses verleiht.


Auf dem eisernen Thron sitzt zunächst der gekrönte König Viserys, der eine friedliche Herrschaft einsteht. Er veranstaltet Feste und Turniere und seine Regentschaft kennzeichnet die Blüte der Herrschaft des Hauses Targaryen. Doch die Frage nach seinem Nachfolger, wird für viel Unruhe sorgen. Doch neben den aufkeimenden politischen Problemen ist der König von einer unheilbaren Krankheit befallen, die in immer mehr von verzehrt. Seine Verkörperung druch Paddy Considine ruft gerade zu nach Auszeichnungen und in der achten Episode hat er den emotionalsten Moment der Staffel.


© Ollie Upton / HBO


Doch einer stiehlt allen die Show - Matt Smith als Deamon Targaryen. Daemon ist der jüngere Bruder von König Viserys, jedoch hat er mit ihm nur wenig gemein und hat kein friedliches Gemüt. Er ist ungestüm, gewaltbereit und unberechenbar. Seine Zukunft sieht er klar vor Augen, denn diese könne nur auf dem eisernen Thron liegen. Da Viserys „nur“ eine Tochter hat, sieht er sich als rechtmäßigen Erben. Deamon Targaryen ist die wohl vielschichtigste und gleichzeitig undurchsichgste Figur der Geschichte, die sich weder als Gut noch Böse einordnen lässt. Matt Smith ist daher sowieso die coolste Figur als auch die grausame Exekutive der Stadtwache. Bis zum Schluss der ersten Staffel bleibt er eine ambivalente Figur.


© Ollie Upton / HBO


Visuell wie akustisch beeindruckend

Für den Soundtrack der Mutterserie „Game of Thrones“ wurde der preisgekrönte Filmkomponist Ramin Djawadi mit zwei Emmys ausgezeichnet und auch die zehn Episoden der Prequel-Serie wurden vom gebürtigen Duisburger untermalt. Wenn Prinzessin Rhaenyra auf ihrem Drachen Syrax reitetend nach Königsmund zurückfliegt, ist es gerade die epische wuchtige Musik, die uns zurück nach Westeros holt. Auch wenn bekannt war, dass Djawadi durchaus epische Stücke kreieren kann, sind es gerade intensive Klänge auf dem Klavier, welche zum Staffelfinale hin zeigen, wie nuancenreich Filmmusik Geschehen und Figuren ausarbeiten kann.


Die Musik untermalt die Szenarien so gekonnt, dass es ein leichtes ist, sich in die Szenerie hineinzuversetzen. Ebenso grandios sind die wiederkehrenden Themen der unterschiedlichen Parteien und Figuren des Spiels um den Thron. Auch gelang es schon lange keiner Produktion so gut, Nuancen in den Stimmungen durch die Musik herauszuarbeiten. Alleine sein Soundtrack verdient ein Loblied!


Ebenso wie man sich vor der Kameraarbeit verneigen kann, die nicht nur rein handwerklich perfekt ist - das Team hinter der Kamera versuchte weit mehr, als „nur“ die Szenen einzufangen. Denn durch die sehr gelungene Kameraarbeit werden besondere Nuancen erschaffen, die die Stimmung einer Szene prägen, und durch einige kreative, clevere Entscheidungen bekommt so manche Szene gerade wegen der oftmals unterschätzen Kameraarbeit erst ihre Wucht.


© Ollie Upton / HBO


Die Erzählweise der Serie ist recht bedächtig und so bleibt die Kamera oftmals noch Sekunden nach Ende des letzten Dialogs der Szene auf den Figuren hängen. Dadurch kann die Serie alleine durch eingefangene Blickwechsel so manche Charakterentwicklung mehr voran bringen, als es ein Dialog hätte schaffen können. Der Auftakt der siebenten Episode ist eine Beerdigungsszene, doch auch wenn nicht sonderlich viel gesprochen wird, steckt dank cleverer Kameraführung, Inszenierung und herausragendem Schauspiel sehr viel in den Szenen.


Doch auch wenn einige Szenen ohne viel Dialoge auskaumen, sind eben diese wieder herausragend geschrieben. In sehr hochwertiger Sprache verfasst, sind sie durchweg so treffend formuliert, dass jede Aussage die jeweilige Figur mehr ausreift. Dass den Machern der ersten Staffel rund zwanzig Millionen US-Dollar für eine Episode zur Verfügung standen, wird vor allem bei der grandiosen wie detailreichen Kulissengestaltung und den wundervollen Kostümen deutlich. Die Banner leuchten in kräftigen Farben, die Kleider der Figuren sind sowohl farblich wie in ihrem Design einfach umwerfend schön.


© Ollie Upton / HBO


Visuell ist die Serie durchweg eine Augenweide, auch wenn die digitalen Effekte stellenweise etwas holprig sind. Während die Drachen im Flug noch beeindruckend realistisch gelangen, sehen ihre Landungen etwas animiert aus. Doch im Großen und Ganzen hat „House of the Dragon“ nicht mehr viel Luft nach oben!


Fazit:


Die erste Staffel der neuen „Game of Thrones“-Serie „House of the Dragon“ erzählt die Familiengeschichte der Drachen-Familie Targaryen und eröffnet recht bedächtig eine sehr gut verfasste Geschichte voller Intrigen, Politik und großer moralischer Fragen, die in einem dramatischen Finale mündet, welches den Tanz der Drachen erst eröffnet. Die zehn Episoden begeistern auf ganzer Linie, sind nach der umstrittenen achten Staffel von „Game of Thrones“ eine würdige Rückkehr nach Westeros und das war erst der Anfang ...


9 von 10 Punkten


Die HBO-Serie „House of the Dragon“ ist komplett über WOW abrufbar.




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