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Toni Schindele

Kritik zu „Argylle“: Viel Star-Power, wenig Substanz

Für seinen neuen Film hat Matthew Vaughn eine große Starbesetzung bekommen und verspricht wieder einmal mehr als nur einen Twist. Doch wie gut ist sein neues Krimi-Abenteuer „Argylle“?


Kritik zu „Argylle“: Viel Star-Power, wenig Substanz
Bildnachweis: © Universal Pictures

Matthew Vaughn ist einer der markantesten Filmemacher der Gegenwart. Nach einem Studium der Filmproduktion begann er seine Karriere als Produzent für Guy Ritchies Filme „Bube, Dame, König, grAs“ und „Snatch – Schweine und Diamanten“, bevor er 2004 mit „Layer Cake“ sein Regiedebüt gab. Der stilvolle Gangsterfilm brachte Vaughn erste Anerkennung als Regisseur und etablierte seinen Ruf für präzise Ästhetik und spannendes Erzählen. Mit „Kick-Ass“, basierend auf der Graphic Novel von Mark Millar, bewies Vaughn seine Vorliebe für unkonventionelle Helden und schwarze Komik.


Vaughns Filme sind bekannt für ihren visuellen Stil, dynamische Kameraführung, ironische Musikeinsätze und spektakuläre Choreografien. Seine erfolgreichste Arbeit ist die „Kingsman-Reihe, die klassische Spionage mit überzogener Action und britischem Humor neu definierte. Nach diesen humorvollen Agentenfilmen hat Matthew Vaughn nun mit „Argylle“ eine neue Actionkomödie voller Agenten inszeniert, die auch wieder nicht allzu ernst daherkommt.


Darum geht es:


Elly Conway, eine zurückgezogen lebende Bestseller-Autorin, liebt ihre ruhigen Abende mit Katze Alfie und ihrem Computer. In ihren Romanen über den Spion Argylle entlarvt sie skrupellose Geheimdienste. Doch plötzlich werden Ellys Geschichten unheimlich real: Eine globale Spionageorganisation verfolgt Pläne, die ihren Romanen erschreckend ähnlich sind.


Kritik zu „Argylle“: Viel Star-Power, wenig Substanz
Bildnachweis: © Universal Pictures

Als ihr eigenes Leben ins Visier gerät, wird Elly unfreiwillig Teil eines rasanten Katz-und-Maus-Spiels. Gemeinsam mit dem Spion Aiden, der ausgerechnet an einer Katzenallergie leidet, und Alfie an ihrer Seite jagt sie durch exotische Schauplätze und gefährliche Situationen. Während die Grenzen zwischen Realität und Fiktion immer mehr verschwimmen, steht Elly bald vor der größten Frage ihres Lebens: Ist sie Schöpferin ihrer Geschichten – oder eine Figur darin?


Die Rezension:


Die Grundidee von „Argylle“ – eine Autorin von Spionageromanen wird selbst in eine Agentenstory verwickelt – klingt vielversprechend. Doch das Drehbuch von Jason Fuchs schafft es nicht, dieses Potenzial auszuschöpfen. Die Handlung bedient sich zahlreicher Klischees des Genres, ohne sie auf kreative Weise zu brechen oder weiterzuentwickeln. Vaughn scheint sich bewusst gewesen zu sein, dass der Vergleich zu seinen „Kingsman“-Filmen unausweichlich ist, und so streut er selbstironische Anspielungen ein. Doch während „Kingsman“ durch seinen charmanten Over-the-Top-Stil begeisterte, bleibt „Argylle“ in einer überladenen Mischung aus Klischees und inkohärenten Wendungen stecken.


Kritik zu „Argylle“: Viel Star-Power, wenig Substanz
Bildnachweis: © Universal Pictures

Bereits die ersten Minuten deuten an, dass Vaughn mit bekannten Agentenfilm-Tropen spielt, um sie humoristisch zu hinterfragen. Doch was zunächst als charmante Hommage beginnt, verliert sich schnell in einer Ansammlung von Genre-Konventionen und überzeichneten Wendungen, die weniger überraschend als willkürlich wirken. Die Plottwists scheinen mehr Selbstzweck zu sein und tragen wenig zur Entwicklung der Charaktere oder der zentralen Erzählung bei. Statt einer stringenten Handlung wird das Publikum mit einem Zickzack-Kurs durch künstliche Schauplätze und absurde Situationen geführt, die in ihrer Häufung mehr ermüden als unterhalten.


Einer der größten Schwachpunkte des Films ist die unausgewogene Figurenzeichnung. Trotz des beeindruckenden Staraufgebots – von Henry Cavill und Bryce Dallas Howard bis zu Sam Rockwell – bleibt kaum eine Figur in Erinnerung. Hinzu kommt die ungeschickte Vermarktung: Der Trailer und die Poster suggerieren, dass Henry Cavill die zentrale Rolle einnimmt, nur um ihn nach den ersten Minuten fast vollständig aus dem Fokus zu nehmen. Stattdessen konzentriert sich die Handlung auf Bryce Dallas Howard und Sam Rockwell, die zwar eine gute Chemie zeigen, aber von den schwach geschriebenen Figuren ausgebremst werden. Nebenrollen verkommen zu bloßen Dekorationselementen, während selbst die Hauptfiguren kaum mehr Tiefe entwickeln.


Kritik zu „Argylle“: Viel Star-Power, wenig Substanz
Bildnachweis: © Universal Pictures

Größen wie Bryan Cranston und Samuel L. Jackson wirken verschenkt, da sie meist statisch in Räumen sitzen und auf Bildschirme starren. Auch der Einsatz von Popstar Dua Lipa und Sofia Boutella bleibt oberflächlich – ihre Auftritte sind kurz und belanglos und wirken wie ein Marketing-Gimmick. Vaughn nutzt seine hochkarätige Besetzung kaum aus, was besonders angesichts der beeindruckenden Leistungen dieser Schauspielenden in anderen Produktionen frustrierend ist. Ein weiteres Problem ist die Laufzeit des Films. Mit über zwei Stunden zieht sich „Argylle“ unnötig in die Länge. Bereits nach den ersten 20 Minuten ist die Handlung vorhersehbar und die Spannung verflacht.

Tonal bewegt sich der Film auf unsicherem Terrain. Während einige Szenen als Parodie oder Satire des Agentenfilm-Genres durchgehen könnten, fehlt dem Gesamtwerk die Stringenz, um eine klare Aussage oder Haltung zu entwickeln. Stattdessen wirkt „Argylle“ wie eine Ansammlung von Ideen, die weder harmonisch zusammengeführt noch konsequent umgesetzt werden. Was als absurde Wendung beginnt, wird schnell repetitiv und verliert an Wirkung. Statt die Spannung kontinuierlich aufzubauen, wirkt der Film oft hektisch und ziellos. Besonders auffällig ist die Unausgewogenheit zwischen den humorvollen Momenten und der inszenatorischen Ernsthaftigkeit. Während sich der Film an einigen Stellen offensichtlich selbst nicht ernst nimmt, fehlt ihm der feine satirische Schliff, der Vaughns „Kingsman“-Reihe auszeichnete.


Kritik zu „Argylle“: Viel Star-Power, wenig Substanz
Bildnachweis: © Universal Pictures

Während die Kameraarbeit von George Richmond und der dynamische Schnitt von Col Goudie, Tom Harrison-Read und Lee Smith gelegentlich beeindruckende Sequenzen liefern, wird der visuelle Gesamteindruck durch den sehr deutlichen Ursprung im Filmstudio getrübt. Der übermäßige Einsatz von Greenscreens und künstlich wirkenden Effekten nimmt den Actionszenen viel von ihrer möglichen Intensität. Diese digitale Überfrachtung nimmt dem Film viel von der Rohheit und Authentizität. Doch trotz all dieser Schwächen hat „Argylle“ auch seine Momente. Die lockere Dynamik zwischen Howard und Rockwell sorgt in einigen Szenen für leichten Unterhaltungswert.


Fazit:


Zwischen Parodie, Satire und ernsthafter klassischem Action-Thriller changierend, gelingt es Matthew Vaughns „Argylle“ nicht, eine klare Linie zu finden. Es gibt Momente, die Spaß machen und kurzweilig unterhalten, doch sie gehen in einer Flut aus Klischees und schwacher Charakterentwicklung unter.


>>> STARTTERMIN: Ab dem 1. Februar 2024 im Kino.


Weitere Informationen zu „Argylle“:

Genre: Action, Abenteuer, Krimi, Komödie

Produktionsjahr: 2023

Laufzeit: 139 Minuten

Altersfreigabe: FSK 12


Regie: Matthew Vaughn

Drehbuch: Jason Fuchs

Besetzung: Bryce Dallas Howard, Sam Rockwell, Henry Cavill und viele mehr ...


Trailer zu „Argylle“:


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