Ryan Coogler brachte am 7. November 2022 den 30. Film des Marvel Cinematic Universe in die Kinos, der die vierte Phase des Superheldenuniversums beschließt. Sein zweiter „Black Panther“-Film ist aber keine gewöhnliche Fortsetzung. Nachdem der viele Jahre an Darmkrebs leidende Hauptdarsteller Chadwick Boseman verstarb, war Coogler gezwungen, eine neue Richtung einzuschlagen und so widmet sich sein Film dem gesamten Königreich Wakanda und zollt dem verstorbenen Star Tribut, doch wie schwer ist das Erbe des Chadwick Boseman?
©The Walt Disney Company Germany GmbH
Im Februar 2018 kam „Black Panther“ in die Kinos. Der Marvel-Film setzte nach dem Konflikt der Avengers und Black Panther ein und erzählte von T’Challa, dem Prinzen hinter der Fassade des geschickten Superhelden. Nach dem Tod seines Vaters kehrte er ins Königreich Wakanda zurück, um die Thronfolge anzutreten. Der Film wurde ein großer Erfolg und konnte über 1,3 Milliarden US-Dollar einnehmen, so dass Marvel-Boss Kevin Feige schon sehr früh eine Fortsetzung ankündigte. Denn wie er kurz nach Kinostart gegenüber Variety verriet, gäbe es noch „viele, viele Geschichten“, die man gerne über Black Panther erzählen würde.
Regisseur Ryan Coogler erhielt bald grünes Licht für eine Fortsetzung, in der er erzählen wollte, wie T’Challa als König heranwächst und an dieser Aufgabe reift. Er schrieb ein Drehbuch und Hauptdarsteller Chadwick Boseman konnte für zwei Fortsetzungen gewonnen werden. Anfang des Jahres 2020 sollten die Dreharbeiten begonnen werden. Doch es kam nicht dazu und am 28. August 2020 verstarb der viele Jahre an Darmkrebs leidende Chadwick Boseman, was das Projekt daraufhin natürlich zunächst auf Eis legte.
Ryan Coogler, der wie beim ersten Teil, am Drehbuch mitschrieb und auf dem Regiestuhl Platz nahm, erzählte danach, dass er von der Erkrankung nichts wusste und ihn der Tod von Chadwick Boseman völlig überraschte und schockte. Da Disney und Marvel weiterhin einen zweiten Film umsetzen wollten, stand Ryan Coogler vor einer großen Herausforderung. Zwischenzeitlich soll es Überlegungen einer Neubesetzung gegeben haben, wie The Hollywood Reporter berichtete.
Doch da man einen großen „Fan-Aufschrei“ befürchtete, sei diese Überlegung schnell vom Tisch gewesen. Daher entschied sich Ryan Coogler, den Fokus auf weitere legendäre Figuren aus Wakanda zu legen. Auch in der Geschichte von Black Panther verstarb T’Challa und „Black Panther: Wakanda Forever“ erzählt von Königin Ramonda. Ohne ihren verstorbenen Sohn hat sie große Schwierigkeiten, das Königreich Wakanda vor einfallenden Weltmächten zu beschützen.
Darum geht es:
Der Black Panther alias König T´Challa ist an einer unbekannten Krankheit verstorben und sein Königreich Wakanda befindet sich in Trauer. Seine Mutter Ramonda ist von nun an Königin der wohl mächtigsten Nation auf der Welt. Da das abgeschirmte Königreich die auf der gesamten Welt begehrte Ressource Vibranium abbauen kann, fordern einige Staaten, dass sie die Substanz teilen sollten. Königin Ramonda fürchtet jedoch um die Gefahr, die das Vibranium in falschen Händen hätte und weigert sich. Es kommt zu politischen Spannungen.
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Als die Vereinigten Staaten im atlantischen Ozean auf Vibranium stoßen, wird die Besatzung des Forschungsschiffs angegriffen. Für die US-Behörden sind die Schuldigen mit dem unliebsamen Königreich Wakanda schnell gefunden. Das Auftauchen eines mysteriösen Unterwasserherrschers mit geflügelten Knöcheln macht die Situation nicht besser, schlimmer noch als er Ramondas Tochter, Prinzessin Shuri entführt. Wakanda steht der größten Herausforderung entgegen und ausgerechnet jetzt könnte der Black Panther nicht misslicher fehlen ...
Die Rezension:
„Black Panther: Wakanda Forever“ tritt in vielerlei Hinsicht ein schweres Erbe an und Ryan Coogler versucht, alles in einem großen Handlungsbogen unterzukriegen. Dadurch ist sein Film aber auch sehr lang geraten und ist mit seiner stattlichen Laufzeit von 162 Minuten der zweitlängste Titel des gesamten Marvel Cinematic Universe. Nur „Avengers: Endgame“, der monumentale Abschluss der dritten Phase, war mit 181 Minuten länger. Jedoch hatte jener Film die schwere Bürde, dem über ein Jahrzehnt aufgebauten Filmuniversum ein würdiges Finale zu bescheren. Und es galang dem Marvel-Bombast eine Geschichte zu erzählen, die die 22 vorausgegangenen Filme auf einmal zu einem Abschluss führt.
Die Geschichte von „Black Panther: Wakanda Forever“ rechtfertigt die Länge allerdings nicht und ist stellenweise recht langatmig inszeniert. Teilweise fehlt der Handlung etwas Schwung, stellenweise verliert sich der Film in dem Franchise typischen CGI-Schlachten. Manche Handlungsstränge gliedern sich nicht homogen ins Gesamtbild ein und lassen den Fokus etwas verwaschen. Hätte man an den richtigen Momenten etwas gestrafft, wäre die Handlung des Marvel-Ablegers wuchtiger.
In einer solch langen Laufzeit hätte man mehr des Königreichs Wakanda erforschen können, viel mehr als das Bekannte sehen wir allerdings nicht. Besonders schade ist aber, das „Black Panther: Wakanda Forever“ ein neues Unterwasser-Volk einführt, jedoch auch nur in einer Szene wirklich näher beleuchtet. Zwar erfahren wir mehr über den Anführer, das Volk bleibt aber so generisch aufgebaut, das man sich nur an das Gimick ihrer blauen Hautfarbe erinnert.
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Gerade im zweiten Drittel lässt sich der Film sehr viel Zeit und es gibt monumentale Dialoge, die jedoch bei weitem nicht solch tiefe Aussagen haben, als das die ausschweifende Inszenierung zu rechtfertigen wäre. Dabei sind die Dialoge prinzipiell den Figuren angepasst durchaus gelungen, doch man inszeniert so pathetisch, dass die aufgebauschte Handlung immer langatmiger wird. Der Aufbau des Drehbuchs folgt typischen Mustern des Marvel-Blockbusters und auch wenn immer wieder kreative Wendungen die Geschichte auflockern, verläuft die Handlung doch größtenteils nach der Marvel-Schablone.
Auch wenn der Handlung das Fingespitzengefühl in der zeitlichen Abstimmung fehlt, schuf Ryan Coogler mit Feingefühl einen Film, der nicht nur eine Hommage vor Chadwick Boseman ist, sondern auch ein Werk, dass der PoC-Community eine würdige Heldengeschichte liefert. Während der dieses Jahr publizierte Streifen „The Woman King“ noch die reale Geschichte verdrehen musste, um eine starke Frauengeschichte gegen Unterdrückung erzählen zu können, kann dies der atmosphärische fiktionale Superheldenfilm deutlich eleganter.
So gelingt es „Black Panther: Wakanda Forever“ das afrikanische Lebensgefühl visuell wie akustisch atmosphärisch einzufangen und das Publikum kann in die Kultur eintauchen und sich von ihrem Rhythmus mitreißen lassen. Ob das farbenprächtige Kostümbild, zeramonielle Tänze, kulturelle Kunst, der Takt der Musik oder die Art des Kämpfens - der aufwenigen Blockbuster-Produktion gelingt es bemerkenswert, ein echtes Lebensgefühl vermitteln zu können, ohne dabei wie so oft zu amerikanisieren.
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Etwas irritierend ist allerdings der Unterdrückungsansatz. Aufgrund der Vibranium-Ressource schmieden einige mächtige Staaten Pläne, Wakandas Bodenschätze zu schürfen und das Königreich auszubeuten. Als sich Königin Ramonda allerdings in einer starken Rede gegen Unterdrückung für die Freiheit ihres Landes einsetzt, übt die Szene vorrangig an der französischen Regierung Kritik.
Die Vereinigten Staaten werden aber lediglich als einen Staat unter vielen präsentiert, Unterdrückung geht so eher von anderen aus. Die Darstellung ist gerade deshalb so ambivalent, da auch im Filmuniversum die Vereinigten Staaten eine dominante Weltmacht sind. Die Ansätze sind zwar spannend, die geringfügige Kritik am US-amerikanischen politischen Vorgehen ist allerdings sehr zahm. Die politischen Spannungen nehmen in der Handlung allerdings nur eine untergeordnete Rolle ein. Sie wurden im ersten Teil aufgebaut, doch da die Fortsetzung bekanntlich eine neue Richtung einschlagen musste, wirkt die Politik wie ein Überrest eines ursprünglichen Konzepts.
Doch durch das Ableben des Hauptdarstellers ist der Film ein anderer geworden, der mit einer rührenden Hommage vor Chadwick Boseman eröffnet. Normalerweise beginnt ein Marvel-Ableger mit einem Vorspann, der zur heroischen Musik die Helden des Filmuiversums präsentiert, bevor alles im Schriftzug des Marvel-Logos mündet. Nachdem in der Eröffnungsszene König T´Challa verstarb, ist während des Vorspanns in „Black Panther: Wakanda Forever“ ausschließlich Chadwick Boseman zu sehen und ein leichter Windhauch symbolisiert sehr subtil das Ableben des Superhelden.
Der gesamte folgende Film ist dann in sich ein Nachruf, bleibt dabei sehr respektvoll und schlachtet den Tod und das Vermächtnis von Boseman nicht aus. Bereits das Stan-Lee-Tribut im Finale von „Avengers: Endgame“ war rührend, die Hommage des Black Panther-Darstellers kann ebenfalls in nur wenigen Szenen eine emotionale Dichte herausarbeiten.
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Immer wieder gelingt es Ryan Coogler Emotionen in den Figuren sichtbar zu machen, die dann auf den Zuschauer überspringen können. Die Handlung lässt den Zuschauenden recht nah am Geschehen teilhaben, so dass man bei dramatischen Momenten mit den Protagonisten mitfühlen kann. Im ersten Teil war Chadwick Boseman als T´Challa als zentrale Figur im Fokus und der Film erzählte seine Heldengeschichte, der zweite Streifen wird nun von von mehreren Schultern getragen.
Zum einen von Angela Bassett, die in die Rolle von Ramonda schlüpft, die Mutter von
T´Challa und Shuri. Sie spielt die strenge Konstante und versucht standhaft, ihr Köngreich zu beschützen. Auch wenn ihre Rolle nicht wirklich vielschichtig ist, kann Angela Bassett mit ihrer kraftvollen Performance eine starke Königin verkörpern, die ihren Sohn verlor.
War ihre Tochter, die Prinzessin Shuri, im ersten Film noch ein quirliger Nebencharakter, rückt sie nun im zweiten Film ins Zentrum. Dem Drehbuch von Ryan Coogler und Joe Robert Cole gelang es, Shuri eine nachvollziehbare Charakterentwicklung durchmachen zu lassen. Letitia Wright war im ersten Film noch ein ungestümer Wirbelwind, im zweiten Film kann sie durch ein nuancenreiches Spiel einen ernsthafteren, erwachsenen Charakter herausbilden, der große Verantwortung übernehmen wird.
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Neben ihnen kann man „The Walking Dead“-Star Danai Gurira hervorheben, die ihrer selbstbewussten Kämpferin und Generalin Okoye ein empathisches, lässiges Auftreten verleiht, welches die Geschichte immer wieder auflockern kann. Hat Marvel oftmals ein Problem mit eindimensionalen Antagonisten, verkörpert Tenoch Huerta mit Prinz Namor einen Gegenspieler, dem endlich einmal Motive für sein Handeln zugestanden werden. Auch wenn er immer wieder in generische Muster rutscht, ist Huerta und seine Rolle des Unterwasserherschers Namor positiv herauszuheben.
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Negativ zu nennen wäre allerdings die konfuse Kameraführung von Autumn Durald Arkapaw, die bei einer solch teuren Blockbuster-Produktion stellenweise überraschend unfokusiert wirkt. War es beim ersten Mal noch eine nette Idee Actionsequenzen in Zeitlupe zu versetzen, stößt es doch nervig auf, wenn dieses Stilmittel immer und immer wieder eingesetzt wird und Figuren nach „Matrix“-Inspiration durch die Gegend geschleudert werden.
Fazit:
Ryan Coogler trat nach dem Tod von Chadwick Boseman sein schweres Erbe an und schuf einen Film, der ihm zwar gebührend Tribut zollt, allerdings nach dem typischen Marvel-Muster eine Handlung erzählt, die nur stellenweise Kreativität aufblitzen lässt. „Black Panther: Wakanda Forever“ wird von einem spielfreudigen Ensemble getragen, das schwarze Superhelden zelebriert und damit nicht nur die PoC-Community begeistern dürfte.
6 von 10 Punkten
„Black Panther: Wakanda Forever“ ist seit dem 9. November 2022 in den Kinos.
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