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Kritik zu „Brave the Dark“: Wenn ein Lehrer mehr ist als nur Pädagoge

  • Autorenbild: Toni Schindele
    Toni Schindele
  • 18. Sept.
  • 4 Min. Lesezeit

Manchmal genügt ein einziger Mensch, um alles zu verändern. Der auf einer wahren Begebenheit basierende Film „Brave the Dark“ erzählt von einer solchen Begegnung, die für einen Jugendlichen zur lebensentscheidenden Wendung wurde.


Kritik zu „Brave the Dark“: Wenn ein Lehrer mehr ist als nur Pädagoge
Bildnachweis: © Angel Studios

Die meisten Menschen erinnern sich an ihre Schulzeit nicht unbedingt wegen der Lehrer, sondern trotz ihnen. Strenge Blicke, Korrekturen im Rotstift, endlose Hausaufgaben – all das prägt das Bild, das man gemeinhin mit dem Verhältnis von Schülern und Lehrkräften verbindet. Nur selten entsteht daraus etwas, das über den Stundenplan hinaus Bedeutung gewinnt. Umso bemerkenswerter ist die Geschichte von Nathaniel, dessen Beziehung zum Theaterlehrer Stanley „Stan“ Deen weit mehr war als eine pädagogische Begleitung. Deen, über Jahrzehnte engagierter Pädagoge an einer Highschool in Pennsylvania, ging dabei weit über schulische Pflichten hinaus – er bot Halt, wo sonst keiner mehr war.


Rückblickend sprach Nathaniel davon, dass er von seinem Lehrer eine zweite Chance geboten bekam und Deen ihm damit das Leben gerettet habe. Nach dem Tod seines Mentors im Jahr 2016 änderte Nathaniel Williams seinen Nachnamen zu „Deen“ und rief die Stan Deen Foundation ins Leben. Die Organisation vergibt bis heute Stipendien und unterstützt Jugendliche, die ähnlich wie er Gefahr laufen, durch das soziale Netz zu fallen. Regisseur Damian Harris widmete dieser außergewöhnlichen Biografie nun den Film „Brave the Dark“. Das Drehbuch entstand in Zusammenarbeit von Dale G. Bradley und Lynn Robertson Hay mit John P. Spencer – und Nathaniel „Nate“ Deen selbst.


Darum geht es:


In den 1980er-Jahren wird der engagierte Schauspiellehrer Stan Deen unerwartet mit der Vergangenheit seines Schülers Nathan konfrontiert – ein junger Mann, der mehr verbirgt, als es der Schulalltag vermuten lässt. Nach einem Einbruch fliegt Nathans Doppelleben auf, doch Deen weigert sich, den Jungen aufzugeben. Zwischen Vertrauensaufbau, Rückschlägen und inneren Konflikten beginnt die Annäherung zweier Menschen, die mehr miteinander verbindet als zunächst sichtbar ist. Kann aus gegenseitigem Misstrauen echte Hoffnung entstehen?


Die Rezension:


Dass „Brave the Dark“ zunächst unabhängig produziert und erst nach längerer Suche nach einem Verleih von Angel Studios in deren Portfolio aufgenommen wurde, könnte erklären, warum der Film weniger stark ideologisch aufgeladen wirkt als frühere Produktionen des konservativ-christlich geprägten Vertriebs- und Crowdfunding-Netzwerks. Gleichwohl bleibt eine normative Grundhaltung spürbar: Das Weihnachtsfest fungiert als dramaturgischer Wendepunkt und knüpft an die im Lukasevangelium verankerte Engelbotschaft von Frieden und Versöhnung an. Zugleich erscheinen die Szenen im Highschool-Setting im Vergleich zu gängigen popkulturellen Darstellungen auffällig entschärft, während das christliche Waisenhaus unübersehbar positiv konnotiert wird. Inhaltlich zeichnet der Film die Jugendgeschichte von Nathaniel Williams nach, der Vernachlässigung, Missbrauch und emotionale Verwahrlosung erlebte.


Kritik zu „Brave the Dark“: Wenn ein Lehrer mehr ist als nur Pädagoge
Bildnachweis: © Angel Studios

Regisseur Damian Harris verfilmte in „Brave the Dark“ Williams’ autobiografische Erzählungen, doch wer eine intime, persönlich gefärbte Erzählung erwartet, trifft auf eine überraschend konventionelle Dramaturgie, die bekannte Muster des Mentor-Schüler-Narrativs reproduziert. Das Motiv des Lehrers als Ersatzvater für einen gescheiterten Jugendlichen ist im Kino vielfach erprobt und wird auch hier weitgehend vorhersehbar entfaltet. Zwar investiert der Film im ersten Drittel sichtbar in die Einführung der Figuren und Nathans Ausgangslage, verfällt jedoch nach der Exposition in ein starres Dramaturgie-Korsett: Kleine Fortschritte und Rückschläge reihen sich schematisch aneinander, ohne dass Figuren oder Hintergründe wirklich erfahrbar würden. In die rund zweistündige Laufzeit immer wieder eingestreute Flashbacks deuten ein größeres Trauma an, dessen Auflösung schließlich hastig ins Finale gedrängt wird.


Wesentliche Aspekte bleiben oberflächlich, manche sogar auf erklärende Texttafeln im Abspann verschoben. So entsteht eine zwar zugängliche, aber stark vereinfachte Biopic-Adaption, die der Komplexität von Williams’ Kindheit kaum gerecht werden kann. Mehr als die Handlung ist es aber ohnehin in erster Linie das Hauptdarsteller-Duo, das diesen Film trägt. Nicholas Hamilton gibt dem jungen Nathan Williams eine Mischung aus Verletzlichkeit und Aggression, seine körperliche Präsenz wirkt zugleich abweisend und hilfesuchend. Jared Harris verkörpert den nach außen hin heiteren Lehrer Stan mit einer feinen, von Trauer durchwirkten Melancholie und entwickelt im Zusammenspiel mit Hamilton eine fragile Dynamik. Gerade in den Szenen ihrer Annäherung erreicht der Film emotionale Intensität, die Chemie zwischen beiden Darstellern bildet das Zentrum des Films. Die Nebenfiguren sind hingegen recht funktional gehalten. Sie illustrieren Nathaniels soziale Isolation, ohne dabei selbst komplexe Charakterzüge zu erhalten.


Kritik zu „Brave the Dark“: Wenn ein Lehrer mehr ist als nur Pädagoge
Bildnachweis: © Angel Studios

Die Großeltern agieren als Symbol familiärer Kälte; Freunde und Schulkameraden verkörpern vor allem die unerreichbare Norm. Visuell bettet „Brave the Dark“ die Handlung stimmig in die 1980er-Jahre ein. Die Landschaften von Lancaster County sind atmosphärisch eingefangen, insgesamt jedoch bleibt die Bildsprache unter der Kameraarbeit von Julio Macat weitgehend bieder und selten von kreativen Ideen geprägt. Das niedrige Produktionsbudget von rund 200.000 US-Dollar – selbst im Independent-Bereich ein äußerst begrenzter Rahmen – macht sich dabei insbesondere in den Greenscreen-Sequenzen bemerkbar, deren technische Umsetzung die Immersion mitunter beeinträchtigt. Auch die Musikauswahl, die vor allem auf bekannte Pop- und Rockklassiker setzt, bleibt ebenfalls beliebig und verfehlt die atmosphärische Präzision, die „Brave the Dark“ nicht geschadet hätte.


Fazit:


„Brave the Dark“ funktioniert weniger als Biopic denn als Kammerspiel zweier ungleicher, verletzter Figuren, das seine stärksten Momente im Zusammenspiel von Nicholas Hamilton und Jared Harris entfaltet. Darüber hinaus bleibt die Inszenierung jedoch zu schematisch und oberflächlich, um der dramatischen Wucht von Nathaniel Deens Kindheit gerecht zu werden.


>>> STARTTERMIN: Ab dem 18. September 2025 im Kino.


Wie hat Dir der Film gefallen? Teile Deine Meinung gerne in den Kommentaren!

Weitere Informationen zu „Brave the Dark“:

Genre: Drama

Laufzeit: 122 Minuten

Altersfreigabe: FSK 16


Regie: Damian Harris

Drehbuch: Dale G. Bradley, Lynn Robertson Hay, John P. Spencer und Nathaniel Deen

Besetzung: Jared Harris, Nicholas Hamilton, Will Price und viele mehr ...


Trailer zu „Brave the Dark“:


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