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Kritik zu „Drachenzähmen leicht gemacht“: Hicks, Astrid und Ohnezahn in Live-Action

  • Autorenbild: Toni Schindele
    Toni Schindele
  • 11. Juni
  • 5 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 16. Juni

Ein Junge, ein Drache – und eine Geschichte, die bereits Millionen verzaubert hat: Doch jetzt kommt „Drachenzähmen leicht gemacht“ zurück auf die große Leinwand – dieses Mal jedoch nicht animiert, sondern als Live-Action-Verfilmung.


Kritik zu „Drachenzähmen leicht gemacht“: Hicks, Astrid und Ohnezahn in Live-Action
Bildnachweis: © Paramount Pictures

Die Kinolandschaft des 21. Jahrhunderts kennt kaum ein profitableres Rezept als die Realverfilmung erfolgreicher Animationsstoffe. Was in den 1990ern mit einer Handvoll Projekten begann, hat sich längst zu einer veritablen Industrie entwickelt, in der Milliardeneinnahmen und algorithmisch befeuerte Nostalgie einander die Hand reichen. Disneys Dominanz auf diesem Feld ist unbestritten, doch nun wagt sich mit Universal Pictures ein Konkurrent in jene Gefilde, die bislang fest in Maus-Hand lagen – und hat DreamWorks’ Kronjuwel als Live-Action-Remake neu verfilmt. Die „Drachenzähmen leicht gemacht“-Trilogie, basierend auf den gleichnamigen Büchern von Cressida Cowell, eroberte 2010 die Herzen der Zuschauer im Sturm.


Mit dem ersten Film gelang DreamWorks ein wahrer Kassenschlager, der das Publikum mit seiner mitreißenden Mischung aus Abenteuer, Action und einer herzergreifenden Geschichte über Freundschaft und Toleranz begeisterte. Zusammen mit den beiden Fortsetzungen erzielte die „Drachenzähmen leicht gemacht“-Reihe weltweit ein kumuliertes Einspielergebnis von rund 1,65 Milliarden US-Dollar, dazu drei Oscar-Nominierungen, einen Golden-Globe-Sieg und eine Fülle an Merchandising-Produkten. Damit hat sich die Trilogie zu DreamWorks’ profitabelstem Animationsfranchise nach „Shrek“ entwickelt – ein kommerzielles wie markenstrategisches Schwergewicht, das den Studioverbund NBCUniversal Jahr für Jahr mit verlässlichen Lizenzerlösen versorgt.


Kritik zu „Drachenzähmen leicht gemacht“: Hicks, Astrid und Ohnezahn in Live-Action
Bildnachweis: © 2024 Universal Studios. All Rights Reserved.

Doch die Live-Action-Adaption von „Drachenzähmen leicht gemacht“ unterscheidet sich schon in einem entscheidenden Punkt von vielen bisherigen Realverfilmungen: Universal hat dem ursprünglichen Schöpfer der Trilogie, Dean DeBlois, die kreative Kontrolle überlassen. Das Besondere dabei: Dean DeBlois hat bisher noch nie bei einem Realfilm Regie geführt. Bisher lag sein Schwerpunkt auf Animationsfilmen. Er hatte zwar bereits Ideen für Live-Action-Projekte, diese wurden aber nie verwirklicht oder liefen ihm wieder aus den Händen. Die jetzt realisierte „Drachenzähmen“-Neuverfilmung ist also sein Debüt als Live-Action-Regisseur. Doch ist es Dean DeBlois gelungen, die emotionale Wucht und visuelle Poesie seiner Animationstrilogie in eine greifbare, realweltliche Ästhetik zu übersetzen – ohne den Zauber auf der Strecke zu lassen?


Darum geht es:


Im Wikinger-Dorf Berk herrscht ständiger Krieg gegen feuerspeiende Drachen – doch der junge Hicks, Sohn des mächtigen Häuptlings Haudrauf, ist mehr Träumer als Krieger. Als er bei einem Angriff den gefährlichen Nachtschatten Ohnezahn verletzt, wird alles anders: Statt ihn zu töten, freundet er sich mit dem Drachen an. Gemeinsam erleben sie ein atemberaubendes Abenteuer und entdecken, dass Drachen vielleicht mehr Freunde als Feinde sein könnten. Doch wie soll Hicks seiner Familie und seinem Dorf beibringen, dass die alten Legenden nicht die ganze Wahrheit erzählen?


Die Rezension:


„Drachenzähmen leicht gemacht“ ist in seiner Realfilm-Fassung ein visuell kraftvoller, emotional mitreißender Film, der jedoch kaum den Mut aufbringt, die animierte Vorlage zu hinterfragen oder weiterzudenken. Stattdessen ergibt er sich in eine detailverliebte, technisch versierte Reproduktion, die zwar den nostalgischen Erwartungen treu bleibt, aber kaum über sie hinauswächst. Thematisch bleibt „Drachenzähmen leicht gemacht“ fest in seinem Fundament verankert. Die zentrale Botschaft, dass Empathie und Perspektivwechsel bestehende Vorurteile überwinden können, erhält auch in der Realverfilmung eine kraftvolle Umsetzung. Diese Idee – dass persönliche Begegnungen kollektive Überzeugungen zu wandeln vermögen – wird glaubhaft inszeniert. Der zentrale Moment, wenn Hicks die Nähe zu Ohnezahn sucht, erweist sich auch in der Realfilmversion als Herzstück des Films.


Kritik zu „Drachenzähmen leicht gemacht“: Hicks, Astrid und Ohnezahn in Live-Action
Bildnachweis: © Paramount Pictures

Dabei bedient sich die Geschichte des altbewährten Motivs des Außenseiters, der dazugehören möchte, so sein will wie alle anderen – und sich zudem in das scheinbar unerreichbare Mädchen Astrid verliebt, das im Gegensatz zu ihm bereits anerkanntes Mitglied der Gemeinschaft ist. Während Astrid in der Animationsvorlage allerdings eher eindimensional bleibt, hat man ihren Hintergrund in der Live-Action-Verfilmung etwas stärker ausgebaut, indem man auf soziale Unterschiede eingeht: Hicks wird als Sohn des Häuptlings privilegiert, während Astrid sich ihren Platz in der Gemeinschaft erst hart erkämpfen musste. Doch über diese Andeutung hinaus spielt der Film mit diesem Aspekt kaum, denn trotz einiger Kürzungen und kleiner Anpassungen folgt die Neuverfilmung nahezu Szene für Szene dem Ablauf aus der Vorlage.


Die Dynamik zwischen den Figuren, die im Animationsfilm mühelos funktionierte, wirkt nun mitunter steif und limitiert die Ausdrucksmöglichkeiten der Schauspielenden. Die Dialoge wirken stellenweise hölzern; sie sind nicht selten direkt aus dem Animationsfilm übernommen und entfalten in einer realistischen Inszenierung nur bedingt ihre ursprüngliche Leichtigkeit. Was im Animationsfilm durch stilisierte Übertreibung funktioniert, wirkt im Realfilm mitunter unpassend. Witze, die in Zeichentricklogik gut trafen, wirken nun merkwürdig unbeholfen. Besonders deutlich wird das in jener Szene, in der Hicks seinen Wikingerhelm überreicht bekommt und der Witz mit den unpassenden Proportionen völlig verpufft.


Kritik zu „Drachenzähmen leicht gemacht“: Hicks, Astrid und Ohnezahn in Live-Action
Bildnachweis: © 2025 Universal Studios. All Rights Reserved.

Die Magie des Originals blitzt vor allem dann auf, wenn die musikalische Untermalung von Glen Powell episch anschwillt. Die orchestralen Klänge, die bereits im Animationsfilm als emotionale Leitmotive dienten, steigern hier die Spannung und fügen den ohnehin imposanten Bildern eine zusätzliche Dimension hinzu. Was das Live-Action-Remake dem Original voraus hat, ist die visuelle Immersion. Zwar bringt der Film erzählerisch wenig Neues, doch gerade in den Flugszenen demonstriert er, wie moderne Spezialeffekte altbekannten Szenen zusätzliche Wucht verleihen können. Die Kamera bleibt dabei stets in Bewegung: Sie folgt abrupten Richtungswechseln, schwenkt rasant mit, ohne dabei jemals die Übersicht zu verlieren.


Dynamische, teils unruhige Einstellungen lassen Hicks’ anfängliche Unsicherheit und die körperliche Anstrengung des Drachenflugs spürbar werden. Gleichzeitig wechseln sich diese mit weiten, sanften Gleitbewegungen ab, die uns in die Perspektive des fliegenden Protagonisten versetzen. Auf diese Weise gelingt der Bildsprache eine eindrucksvolle Balance aus Action-Intensität und epischen Panoramen, die Gänsehaut erzeugen. Island und Nordirland liefern zudem eine imposante, windgepeitschte Kulisse, die der Welt von Berk eine glaubwürdige Erdung verleiht. Bill Popes Kameraführung fängt diese Landschaften in ausdrucksstarken Bildern ein, die sowohl Weite als auch Intimität zu vermitteln wissen. Dass der Film stellenweise mit IMAX-Kameras gedreht wurde, spürt man.


Kritik zu „Drachenzähmen leicht gemacht“: Hicks, Astrid und Ohnezahn in Live-Action
Bildnachweis: © 2024 Universal Studios. All Rights Reserved.

Die titelgebenden Drachen sind auf beeindruckende Weise zum Leben erweckt und wirken streckenweise erstaunlich real. Die rund 150 Millionen US-Dollar teure Produktion setzt dabei auf eine gelungene Mischung aus digitalen CGI-Drachen und Puppentechnik: Für Nahaufnahmen kamen lebensgroße Drachenkopf-Puppen zum Einsatz. Dennoch entsteht insbesondere bei Ohnezahn eine gewisse Stilverwirrung. Sein Design orientiert sich so stark an der animierten Vorlage, dass es inmitten der realen Kulissen stilistisch beinahe fehl am Platz wirkt. Während andere Drachen mit fotorealistischen Texturen beeindrucken, bleibt die ikonische Form von Ohnezahn visuell ambivalent – zu sehr Cartoon, zu wenig glaubhafte Flugechse.


Auch Hauptdarsteller Mason Thames agiert ein wenig zu nah an der Vorlage: Er verleiht Hicks zwar eine glaubwürdige, verletzliche Note, schafft es aber nicht, der Figur darüber hinaus eine eigenständige Nuance zu geben. Man merkt Mason Thames zwar an, sichtbar Spaß an der Rolle zu haben, doch so nah am Animationsvorbild wirkt sein Spiel eher wie eine sehr gute Imitation als wie ein realer Hicks. Zwar ist Nico Parkers Astrid spürbar eigenständiger, und sie gibt ihr immer wieder ihre eigene Note, und doch bleibt sie in den Schranken einer Nebenrolle, die sich ohne dramatische Fallhöhe durch den Film bewegt. Das Zusammenspiel der beiden harmoniert immer wieder fantastisch und gibt dem Film seine warmherzige Note.


Kritik zu „Drachenzähmen leicht gemacht“: Hicks, Astrid und Ohnezahn in Live-Action
Bildnachweis: © Paramount Pictures

Die weiteren jugendlichen Nebenfiguren fügen sich gut in die Gemeinschaft ein, bleiben jedoch eher unauffällig. Gerard Butler liefert als Haudrauf eine physisch und stimmlich überzeugende Performance, in der er sichtlich in seiner Rolle aufblüht. Nachdem er die Figur bereits für den Animationsfilm sprach, bringt er nun eine noch stärkere Präsenz in die reale Inkarnation von Haudrauf, besonders da der Vater-Sohn-Konflikt eine zentrale Rolle in der Handlung spielt. Zudem sorgt Nick Frost als Grobian mit seinem trockenen Timing für eine wohltuend komische Entlastung.


Fazit:


Dean DeBlois ist mit „Drachenzähmen leicht gemacht“ ein visuell opulentes und doch erzählerisch risikoscheues Live-Action-Remake gelungen, das in seinen besten Momenten mit packenden Flugszenen fasziniert, aber in seiner detailverliebten Reproduktion etwas zu nah am Original geblieben ist, da sich nicht jeder Dialog oder Witz nahtlos in einen Realfilm übertragen lässt.


>>> STARTTERMIN: Ab dem 12. Juni 2025 im Kino.


Wie hat Dir der Film gefallen? Teile Deine Meinung gerne in den Kommentaren!

Weitere Informationen zu „Drachenzähmen leicht gemacht“:

Genre: Action, Abenteuer, Fantasy

Laufzeit: 126 Minuten

Altersfreigabe: FSK 12


Regie: Dean DeBlois

Drehbuch: Dean DeBlois

Besetzung: Mason Thames, Gerard Butler, Nico Parker und viele mehr ...


Trailer zu „Drachenzähmen leicht gemacht“:


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