Kritik zu „Karli & Marie“: Vom Selbstbetrug zur Selbstakzeptanz
- Toni Schindele

- 15. Juli
- 3 Min. Lesezeit
Zwei Lebenslügen, ein gestohlener Wagen und bayerische Mundart: Nach einem Ausflug in ernste Gefilde schlägt Regisseur Christian Lerch diesmal wieder leichtere Töne an und bringt zwei widersprüchliche Figuren auf eine gemeinsame Reise ins Ungewisse.

Die erste Idee zu „Karli & Marie“ soll dem Filmproduzenten und Drehbuchautoren Ulrich Limmer eigenen Angaben zufolge an einem Sandstrand auf Sardinien gekommen sein – entstanden ist daraus jedoch keine sommerliche Inselgeschichte, sondern eine bajuwarische Roadmovie-Komödie, die sich zwischen Süddeutschland und Tirol entfaltet. Verfilmt wurde das Drehbuch nun von Regisseur Christian Lerch, der nach „Was weg ist, ist weg“ und dem Kriegsdrama „Das Glaszimmer“ mit „Karli & Marie“ seinen dritten Langspielfilm vorlegt, dafür aber mit den bayerischen Kabarettgrößen Sigi Zimmerschied und Luise Kinseher in den Hauptrollen reichlich Erfahrung vor der Kamera versammelt.
Darum geht es:
Karli, der sich als Bundeswehrheld ausgibt, in Wahrheit jedoch nur Koch in der Armee war und heute erfolglos Spielautomaten knackt, trifft auf Marie, die sich als Unternehmerin gerne erfolgreicher sähe, als es ihr gewaltiger Schuldenberg vermuten lässt. Was als schräges Aufeinandertreffen beginnt, entwickelt sich zu einer skurrilen Reise zweier Menschen, die mehr miteinander verbindet, als sie zunächst zugeben wollen. Finden sie hinter all den Lebenslügen einen gemeinsamen Neuanfang?
Die Rezension:
„Karli & Marie“ ist eine einfach gestrickte, klar auf Pointen und regionale Wiedererkennbarkeit getrimmte Roadmovie-Komödie, die das Altern, das Scheitern und die Sehnsucht nach einem zweiten Anlauf thematisiert. Dabei konzentriert sich der Film stark auf das Motiv des Selbstbetrugs. Denn die komödiantische Ebene des Films speist sich überwiegend aus dem Kontrast zwischen den Figuren und der sie umgebenden Welt. Sowohl Karli als auch Marie geben sich zu Beginn als etwas aus, das sie längst nicht mehr sind oder vielleicht nie waren. Dass beide ihre Lebenslügen nach und nach entlarven und sich in ihrer Unvollkommenheit akzeptieren, ist das Herzstück der Geschichte. Dabei nimmt „Karli & Marie“ eine grundsätzlich gesellschaftskritische Haltung ein.

Der Film positioniert sich klar auf Seiten der vermeintlichen Verlierer, stellt profitorientiertes Denken bloß, karikiert das moderne Unternehmertum und idealisiert eine Welt des Menschlichen und Imperfekten, bleibt dabei aber sehr plakativ. Der neue Film von Christian Lerch bietet verlässliche Unterhaltung ohne große Fallhöhe, ohne erzählerisches Risiko und ohne Überraschungen – solide konzipiert, aber ohne Ambitionen, den Rahmen seiner Prämisse zu sprengen. Gespielt werden die titelgebenden Karli und Marie von Sigi Zimmerschied und Luise Kinseher. Beide sind profilierte Kabarettisten, die ihre Bühnenenergie und ihre körperlich stark akzentuierte Spielweise in eine Figurenkonstellation einbringen, die in erster Linie auf Kontrastwirkung, gegenseitige Reibung und pointierte Dialogmechanik ausgelegt ist.
Zimmerschied agiert als schlitzohriger Lebenskünstler Karli mit charmantem Übermut, während Kinseher Marie zwischen Frustration, Stolz und unterschwelliger Sehnsucht nach Anerkennung spielt. Beide schaffen es, sich gegenseitig nicht zu überlagern – was der Inszenierung ein funktionierendes komisches Timing verleiht. So kann man sich in den 87 kurzweiligen Minuten wunderbar an den gut pointierten Dialoggefechten amüsieren. Die Stationen, die das Drehbuch von Ulrich Limmer abklappert, sind kaum überraschend. Die Dramaturgie des Films orientiert sich an klassischen Mustern des Roadmovies – die Reiseroute führt aus dem bayerischen Hinterland nach Innsbruck und auf verschlungenen Wegen zurück –, doch die einzelnen Etappen wirken oft willkürlich zusammengefügt, überfrachtet mit sketchhaften Episoden, deren Funktion mehr auf Momentwirkung als auf narrativer Kohärenz beruht.

Zwischen explodierenden Autos, gestohlenen Fahrzeugen, flüchtiger Gaunerei und grotesken Begegnungen changiert der Film unentschlossen zwischen Situationskomik und Sinnsuche, ohne einen tragenden Rhythmus zu finden. Die Inszenierung lässt dabei auch kaum cineastische Ambition durchblitzen. Gefilmt in einer durch und durch konventionellen Bildsprache, wirkt „Karli & Marie“ in seinen Einstellungen und im funktionalen Schnitt oft zu klein für die große Leinwand. Der Look ähnelt einer Fernsehproduktion, die wenigen landschaftlich reizvollen Postkartenmotive – gedreht unter anderem in Wasserburg, Steinhöring und an der Schlossbrauerei Ebersberg – wirken illustrativ statt atmosphärisch eingebunden.
Fazit:
„Karli & Marie“ ist eine schnörkellose Roadmovie-Komödie, die ihre Stärken in kabarettistisch aufgeladenen Figuren, pointierten Wortgefechten und regionaler Verankerung sucht. Inhaltlich konventionell und visuell unspektakulär, setzt Christian Lerchs neuer Film auf vertraute Muster – solide inszeniert, aber ohne cineastischen Anspruch.
>>> STARTTERMIN: Ab dem 17. Juli 2025 im Kino.
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Weitere Informationen zu „Karli & Marie“:
Genre: Kömödie
Laufzeit: 87 Minuten
Altersfreigabe: FSK 12
Regie: Christian Lerch
Drehbuch: Ulrich Limmer
Besetzung: Sigi Zimmerschied, Luise Kinseher, Rainer Egger und viele mehr ...
Trailer zu „Karli & Marie“:





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