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Kritik zu „Louise und die Schule der Freiheit“: Frankreich im Umbruch

  • Autorenbild: Toni Schindele
    Toni Schindele
  • 9. Apr.
  • 4 Min. Lesezeit

Manchmal braucht es nur eine einzige mutige Stimme, um ein ganzes Dorf aus seinem Dämmerschlaf zu reißen. Éric Besnard widmet sich in seinem neuen Film einer Frau, die an den Grenzen zwischen Tradition und Fortschritt kämpft.


Kritik zu „Louise und die Schule der Freiheit“: Frankreich im Umbruch
Bildnachweis: © Neue Visionen Filmverleih

Er hat mit Filmen wie „Birnenkuchen mit Lavendel“, „À la carte!“ und „Die einfachen Dinge“ bereits ein Millionenpublikum in Deutschland verzaubert. Jetzt kehrt Regisseur Éric Besnard mit „Louise und die Schule der Freiheit“ auf die große Leinwand zurück. Inspiriert vom Konzept der Dritten Republik, den Schriften Émile Zolas und insbesondere von den frühen Lehrerinnen, die Ende des 19. Jahrhunderts aufs Land geschickt wurden, wollte Besnard damit seine Auseinandersetzung mit der französischen Identität weiter vertiefen.


Darum geht es:


Ende des 19. Jahrhunderts in Frankreich: Die Pariser Lehrerin Louise Violet soll in einem verschlafenen Dorf eine Schule eröffnen. Doch im ländlichen Nirgendwo hat niemand auf sie gewartet. Die Kinder werden zur Mitarbeit gebraucht, nicht im Klassenzimmer – zwischen Feldarbeit und Existenzkampf stoßen ihre Bildungspläne auf taube Ohren. Doch mit unbeirrbarem Willen und der unerwarteten Unterstützung von Bürgermeister Joseph trotzt Louise der Ablehnung – bis ein dunkles Kapitel aus ihrer Vergangenheit alles ins Wanken bringt.


Die Rezension:


Die Einführung der staatlich verordneten Schulpflicht in Frankreich bildet den historisch verbürgten Hintergrund der Tragikomödie „Louise und die Schule der Freiheit“. Der Film ist im späten 19. Jahrhundert angesiedelt und thematisiert das ländliche Leben in all seinen Widersprüchen. Regisseur Éric Besnard knüpft dabei an den Umbruch an, den die kostenlose, säkulare Schulbildung seinerzeit bedeutete, und überführt die daraus entstehenden Konflikte zwischen den Idealvorstellungen der Hauptstadt und den bodenständigen Bedürfnissen der Landbevölkerung in eine klassische Erzählstruktur. Im Kern verdeutlicht „Louise und die Schule der Freiheit“, dass Bildung in jener Zeit keineswegs nur als Chance, sondern auch als Bürde wahrgenommen wurde: Für die Bauernfamilien bedeutete das Schulgebot den Verlust wertvoller Arbeitskräfte, während die progressiven Ideen aus Paris wie eine fremde Doktrin über die Dörfer hinwegfegten.


Kritik zu „Louise und die Schule der Freiheit“: Frankreich im Umbruch
Bildnachweis: © Neue Visionen Filmverleih

Der dramaturgische Aufbau folgt einer typischen Erzählkurve: Anfängliche Ablehnung, schrittweise Akzeptanz und schließlich eine Einigung im Zeichen des gemeinschaftlichen Fortschritts. Da größere narrative Experimente ausbleiben, bleibt „Louise und die Schule der Freiheit“ früh vorhersehbar und bewegt sich auf weitgehend genretypischen Pfaden. Vieles wirkt schematisch, einige Chancen zur tieferen Auslotung der Figuren und Konflikte bleiben ungenutzt. Zugleich geraten wesentliche Konfliktlinien in eine eher flüchtige Betrachtung. Besnard setzt stattdessen auf eine harmonische Verbindung von Landschaft, Kostümbild und leiser Komik, die dem Publikum eine angenehme Reise durch Zeit und Raum ermöglicht.


Alexandra Lamy verkörpert Protagonistin Louise als selbstbewusste wie emanzipatorische Frau. Dieser progressive Impuls zeigt sich besonders darin, dass Louise stets dafür plädiert, jedem Menschen eigenständiges Denken zu ermöglichen – ungeachtet gesellschaftlicher oder religiöser Normen. Gleichzeitig verdeutlicht der Film, wie Frauen in jener Epoche oft auf klassische Rollenbilder festgelegt waren. Louises fordernde Art stellt diese Normen infrage: Bildung erscheint nicht nur als Wissenstransfer, sondern als Emanzipationsmotor – speziell für Mädchen, denen Louise als Gegengewicht zur patriarchalen Dorfstruktur dient. Die teils anachronistisch anmutenden Dialoge büßen dabei etwas an Authentizität ein, wenn sie zu belehrend und modern klingen.


Zwar droht der Film zuweilen, sich in pädagogischen Botschaften zu verlieren, doch bewahrt er dank lakonischer Zwischentöne genügend Leichtigkeit. So regt „Louise und die Schule der Freiheit“ eher an, als dass er aufrüttelt und skizziert mehr, als er analysiert. Der Film stellt sich klar in den Dienst seiner Botschaft, allerdings fehlt es stellenweise an erzählerischer Feinjustierung, um diese pädagogische Prämisse frei von erhobenem Zeigefinger zu entfalten. Die Konfrontation zwischen den Dorfbewohnern und der fortschrittlichen Lehrerin wirkt gelegentlich vereinfacht; manche Nebenfiguren sind zwar charakterlich umrissen, bleiben in ihren Handlungen und Motiven jedoch konturlos. Auch die Kinder, die eigentlich im Zentrum dieses Konflikts stehen sollten, geraten bisweilen in den Hintergrund, was den emotionalen Kern der Geschichte etwas abschwächt.


Kritik zu „Louise und die Schule der Freiheit“: Frankreich im Umbruch
Bildnachweis: © Neue Visionen Filmverleih

Einen markanten Stellenwert nehmen die visuellen Eindrücke ein, die Kameramann Laurent Dailland mit bemerkenswerter Detailfreude festhält. Er fängt die Landschaft und das bäuerliche Leben am Ende des 19. Jahrhunderts in kräftigen, aber nie überästhetisierten Bildern ein, die an französische Gemälde jener Epoche erinnern. Sanfte Hügel, endlose Felder und ein historisch anmutendes Dorf mit Burgturm schaffen eine Atmosphäre, die zwischen archaischer Abgeschiedenheit und gesellschaftlichem Umbruch changiert. Die sorgfältig komponierten Landschaftsbilder und die stimmige Kostümausstattung entführen in eine fast vergessene Welt und verleihen „Louise und die Schule der Freiheit“ einen besonderen visuellen Reiz, der die insgesamt charmante Stimmung des Films unterstreicht.


Fazit:


„Louise und die Schule der Freiheit“ ist ein sanft erzähltes Plädoyer für Bildung und Emanzipation, das seine Botschaft in gefällige Bilder und klassische Dramaturgie kleidet. Der Film berührt mehr als er aufrüttelt, bleibt erzählerisch brav, aber visuell eindrucksvoll – eine historisch grundierte Tragikomödie, die mehr skizziert als vertieft.


>>> STARTTERMIN: Ab dem 10. April 2025 im Kino.


Wie hat Dir der Film gefallen? Teile Deine Meinung gerne in den Kommentaren!

Weitere Informationen zu „Louise und die Schule der Freiheit“:

Genre: Tragikomödie, Historiendrama

Laufzeit: 109 Minuten

Altersfreigabe: FSK 12


Regie: Eric Besnard

Drehbuch: Eric Besnard

Besetzung: Alexandra Lamy, Grégory Gadebois, Manon Maindivide und viele mehr ...


Trailer zu „Louise und die Schule der Freiheit“:



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