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Kritik zu „The Creator“: Visuell sehr beeindruckend, aber inhaltlich ...

Aktualisiert: 15. Dez. 2023

Während immer wieder neue Franchise-Ableger in die Kinos gelangen und immer mehr Sequels und Prequels die Kinoleinwand prägen, hat „The Creator“ bereits im Vorfeld für Furore gesorgt. Denn dieser Science-Fiction-Blockbuster verspricht eine wirklich frische Geschichte im Kino, die keine Vorlage hat oder ein Remake von etwas ist, sondern die Verwirklichung einer langen Herzensangelegenheit von „Rogue One“-Regisseur Gareth Edwards ist, der schon lange mit der Umsetzung seines großangelgten KI-Epos geliebäugelt hat. Doch steckt hinter „The Creator“ wirklich eine visionäre Blockbuster-Revolution?


Bildnachweis: © 2023 20th Century Studios. All Rights Reserved.

Während künstliche Intelligenz in all ihren Facetten und Anwendungen unaufhaltsam voranschreitet und die Diskussionen über die Vor- und Nachteile von KI anhalten, da sie in der Zukunft sowohl ein mächtiges Instrument für das Gute als auch für potenzielle kriegerische Auseinandersetzungen sein kann, greift „The Creator“ dieses brandaktuelle Thema auf und präsentiert eine dystopische Science-Fiction-Geschichte, in der ein erbitterter Krieg zwischen Mensch und KI tobt.


In der Realität sehen wir uns zunehmend mit künstlicher Intelligenz konfrontiert und gleichzeitig machen sich Drehbuchautoren und Schauspieler ernsthafte Gedanken über ihre berufliche Zukunft, was bekanntlich zu einem historischen Streik in der Traumfabrik Hollywood führte. Als Ergebnis der Verschiebungen aufgrund des Gewerkschaftsstreiks wurde „The Creator“ jetzt der letzte Science-Fiction-Blockbuster dieses Jahres, der zudem mit seiner KI-Prämisse den Nerv der Zeit trifft.


Bildnachweis: © 2023 20th Century Studios. All Rights Reserved.

Auch soll Gareth Edwards in „The Creator“ eine der originellsten Blockbuster-Geschichten der letzten Jahre erzählen, die sich völlig von festgefahrenen Franchise-Namen oder literarischen Vorlagen löst. Denn nachdem Gareth Edwards den Star Wars-Film „Rogue One“ inszenierte, hatte er einige Ideen für einen eigenen Science-Fiction-Epos, an denen er die Jahre darauf gemeinsam mit Chris Weitz arbeitete und schließlich einen spektakulären KI-Epos entwarf. Mit „nur“ 80 Millionen US-Dollar, was für einen großen Blockbuster noch recht wenig ist, inszenierte er schließlich den Film, der im Vorfeld von vielen Seiten immer mehr gehypt wurde. Er wurde als Film des Jahres und als Revolution im Blockbuster-Kino gefeiert. Doch was steckt wirklich hinter „The Creator“?

Darum geht es:


Nachdem eine gnadenlose KI Los Angeles in Schutt und Asche gelegt hat, entschließen sich die Nordamerikanischen Staaten zu einem drastischen Schritt: Sie verhängen ein rigoroses Verbot gegen jede Form von Künstlicher Intelligenz und setzen alles daran, sie auszulöschen. Inmitten dieses chaotischen Szenarios wird der ehemalige Special-Forces-Agent Joshua, mit einem Angebot konfrontiert, das nicht nur sein Leben für immer verändern könnte.


Bildnachweis: © 2023 20th Century Studios. All Rights Reserved.


Joshuas Mission ist klar: Er soll den geheimnisvollen „Schöpfer“ ausfindig machen, einen KI-Entwickler, der angeblich eine gefährliche Waffe erschaffen hat. Diese Waffe hat das Potenzial, nicht nur den Krieg zu beenden, sondern auch die gesamte Menschheit auszulöschen. Gemeinsam mit einem Team von Elitesoldaten wagt sich Joshua tief ins Herz des KI-Gebiets vor. Inmitten des grausigen Kriegsgeschehens machen sie eine schockierende Entdeckung: Die mysteriöse Waffe, die das Schicksal der Welt verändern könnte, existiert tatsächlich, jedoch in einer unerwarteten Gestalt. Sie erscheint in Form eines kleinen Kindes, das in Wahrheit eine Künstliche Intelligenz ist …


Die Rezension:


„The Creator“ ist zunächst einmal genau das, was viele dem Film auch attestieren: eine frische Idee. Doch so unverbraucht die Prämisse ist, so unoriginell ist dann der Aufbau dieser Prämisse. Überdeutlich sind die Parallelen zu unter anderem „Blade Runner“ oder „Star Wars“, dem Franchise, für das Edwards zuletzt arbeitete. So steckt in der ganzen Geschichte doch noch sehr viel von der weit, weit entfernten Galaxis; dazu noch eine unverkennbare Brise „Apocalypse Now“ und herauskommt ein Film, der zwar noch immer originell ist, aber sich auch ausgiebig an vielen bekannten Genrevertretern bedient und erst im emotionalen Finale so richtig freidreht und wirklich Wege geht, die man so zuletzt nicht im Science-Fiction-Blockbuster gesehen hat.


Bildnachweis: © 2023 20th Century Studios. All Rights Reserved.


Leider verweilt der Film größtenteils in einem eher generischen Action-Szenario. Die Prämisse der eigenmächtigen Künstlichen Intelligenz wird zwar äußerlich gut dargestellt, doch inhaltlich bleibt sie sehr oberflächlich. Wer erwartet, dass der Film die tiefgreifenden Fragen zur KI vertieft, wird möglicherweise enttäuscht. Die Bedeutung der Eigenmächtigkeit der KI wird nur kurz und dann plakativ behandelt. Obwohl diese Fragen ständig mitschwingen, beschäftigt sich „The Creator“ nur am Rande damit, indem gelegentlich erwähnt wird, dass die KI darauf programmiert wurde, genau das zu sein, was die Menschen bereits sind und sein wollen.


Der Fokus liegt eindeutig auf Action und epischen Bildern, von denen „The Creator“ aber auch reichlich bietet. Doch es ist interessant zu beobachten, dass der Film die Künstliche Intelligenz nicht, wie oftmals zuvor, verteufelt. Stattdessen werden die Menschen, insbesondere die Vereinigten Staaten, als die Bösen dargestellt, die die gutmütige KI überrollen. Diese Entscheidung erscheint seltsam, denn obwohl die Menschen im Film behaupten, dass die KI nichts empfindet und nicht „echt“ ist, werden sie doch als äußerst menschlich und fühlend dargestellt.


Bildnachweis: © 2023 20th Century Studios. All Rights Reserved.


Der Film zeigt, wie die KI emotional unter den Menschen leidet. Obwohl diese Perspektive sicherlich interessant ist und es lobenswert ist, die Menschen in KI-Filmen nicht zu glorifizieren, fehlen dem Film die Grautöne. So sind die hasserfüllten und gierigen Menschen leicht als Antagonisten auszumachen, während die nicht menschlichen Akteure die Guten in dieser Handlung sind.


Ist es also erstrebenswert etwas nicht menschliches zu sein, dass aber auf der menschlichen Programmierung beruht und nur die positiven Seiten des Menschseins übernimmt?


Es ist offensichtlich, wer die Guten und wer die Bösen sind, was dem Film einiges an Potenzial nimmt, das die KI-Thematik bieten könnte. Dennoch muss man sagen, dass eine Vertiefung möglicherweise zu komplex für einen Blockbuster mit einer Laufzeit von 134 Minuten gewesen wäre. Dies mag erklären, warum der Film eine letztlich recht eindimensionale Erzählweise hat und sich auf den Kampf zwischen klaren Gut-und-Böse-Definitionen konzentriert. Dennoch bleibt es bemerkenswert, dass der Film den Mut aufbringt, die Vereinigten Staaten als Aggressor in einem moralisch zweifelhaften Konflikt darzustellen und sich selbstkritisch zu hinterfragen. Leider gelingt es „The Creator“ jedoch kaum, diese politischen, gesellschaftlichen und moralischen Fragen und Ideen wirklich ausführlich zu behandeln. Stattdessen wählt der Film einen emotionaleren Ansatz und schickt Joshua auf eine klassische wie generische Heldenreise.


Bildnachweis: © 2023 20th Century Studios. All Rights Reserved.


Obwohl der Film einige Momente hat, die als Verweis auf den Vietnamkrieg verstanden werden können, werden diese schnell dem Effekt geopfert. Im Vergleich dazu ist „Blade Runner“ eine deutlich tiefgründigere Auseinandersetzung solcher Themen. Und das will schon etwas heißen. Obwohl das Science-Fiction-Genre eng mit philosophischen Fragen ums Menschsein und dessen Zukunftsidee verbunden sind, liegt der Schwerpunkt von „The Creator“ eindeutig auf der visuellen Darstellung und der Action. Daher sollte man in Bezug auf die KI-Thematik schlicht wenig erwarten und sich mehr von der beeindruckenden Visualisierung mitreißen lassen.


So ist das World Building in „The Creator“ einfach phänomenal. Es ist durchaus erstaunlich, wie es den kreativen Köpfen mit dem vergleichsweise bescheidenen Budget von nur 80 Millionen US-Dollar gelungen ist, eine so beeindruckende dystopische Zukunft erschaffen zu haben. Der Film führt uns ohne lange Exposition direkt in die Welt ein. Besonders die digitalen Schauplätze und Panoramen sehen erstaunlich gut aus. In dieser kreativ gestalteten Welt voller Details ergibt sich ein stimmiges und gut durchdachtes Bild, dass ohne viel Erklärungen funktioniert.


Bildnachweis: © 2023 20th Century Studios. All Rights Reserved.

Oftmals nehmen sich Filme zu viel Zeit, um ihre Welten zu etablieren. „The Creator“ schafft es jedoch, diese Aufgabe fast beiläufig zu erfüllen, obwohl der Anfang etwas holprig ist. Anfangs wechselt die Handlung häufig zwischen verschiedenen Zeiten, ohne die Geschichte konsequent an einem Ort voranzubringen, was es dem Zuschauer schwer macht, sich zurechtzufinden. Doch ab der Mitte des Films findet er seinen Rhythmus und wird immer stärker. Das Finale ist so emotional, dass es nicht nur berührt, sondern auch die eine oder andere Träne hervorlocken dürfte.


Obwohl einige Beziehungen zwischen den Charakteren nicht besonders gut funktionieren, ist das Finale ein wirklicher Höhepunkt im Blockbusterfilm, der zeigt, dass ein CGI-Spektakel allein nicht ausreicht, um einen beeindruckenden Abschluss zu bieten. „The Creator“ steigert sich in Richtung Ende hin immer mehr, bis man beim Abspann doch kräftig schlucken muss.


Doch dabei offenbart sich auch ein weiteres Problem des Films: Obwohl es erfrischend ist, einen in sich geschlossenen Film zu haben, der in nur 134 Minuten eine Science-Fiction-Welt einführt, eine Heldenreise erzählt und die Geschichte direkt wieder zu einem Abschluss bringt, scheint die Zeit dafür zu knapp bemessen. Die Idee, in sich geschlossene Werke zu produzieren, ist zwar lobenswert, aber vielleicht sollten die Prämissen künftiger Filme etwas straffer sein, anstatt in einem schnellen Tempo einen so epischen Handlungsstrang zu durchlaufen. So fühlt man sich in „The Creator“ doch stellenweise wie in einem Kurzdurchlauf einer eigentlich viel größeren Handlung.


Bildnachweis: © 2023 20th Century Studios. All Rights Reserved.


Visuell ist „The Creator“ atemberaubendes Blockbuster-Kino. Der Film führt uns in eine düstere und trostlose Welt, und dennoch sind die Bilder unglaublich futuristisch. Diese visuellen Eindrücke werden sicher noch lange im Gedächtnis haften bleiben. Zusätzlich trägt die ganz eigene musikalische Untermalung von Hans Zimmer zur Frische des Films bei. Das wuchtige und basslastige Sounddesign verstärkt die Immersion und sorgt für beeindruckende Momente, wie sie auf der großen Leinwand erlebt werden sollten. Die Besetzung des Films überzeugt, auch wenn niemand besonders herausragt. John David Washington, einer der wenigen menschlichen Protagonisten, trägt die Geschichte jedoch solide.


Fazit:


„The Creator“ ist letztendlich ein visuell visionäres Science-Fiction-Epos, das in audiovisueller Hinsicht fast ein Meisterwerk ist. Jedoch leidet der neue Film von Gareth Edwards unter seiner eindimensionalen Erzählweise und dem Fehlen von Nuancen, was bedauerlich ist, da die Prämisse einen Film versprach, der nicht nur gut aussieht, sondern auch intelligent erzählt ist. Wenn man aber in erster Linie großartige Bilder sehen möchte, sollten man „The Creator“ definitiv anschauen und sich von der visuellen Wucht mitreißen lassen, die Gareth Edwards mit einem vergleichsweise bescheidenen Budget geschaffen hat.

6 von 10 Punkten


„The Creator“ ist seit dem 28. September 2023 in den Kinos.



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