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Toni Schindele

Kritik zu „Wicked“: Die Hexen von Oz erobern die große Leinwand

Nach der teuren, aber völlig zerrissenen Musical-Verfilmung von „Cats“ hat Universal Pictures nun nochmals deutlich mehr Geld in die Hand genommen, um das sehr beliebte Musical „Wicked – Die Hexen von Oz“ ins Kino zu bringen. Doch ist die Umsetzung für die große Leinwand dieses Mal besser gelungen?


Kritik zu „Wicked“: Die Hexen von Oz erobern die große Leinwand
Bildnachweis: © Universal Studios. All Rights Reserved.

Das Musical „Wicked – Die Hexen von Oz“ ist eines der erfolgreichsten und beliebtesten Musicals der Welt. Seit seiner Uraufführung am 30. Oktober 2003 im Gershwin Theatre am Broadway in New York begeistert es Millionen von Zuschauern weltweit. Basierend auf dem Roman „Wicked: The Life and Times of the Wicked Witch of the West“ von Gregory Maguire aus dem Jahr 1995, erzählt es die Vorgeschichte des Zauberers von Oz und beleuchtet die Beziehung zwischen den beiden Hexen Elphaba, der zukünftigen bösen Hexe des Westens, und Glinda, der guten Hexe des Nordens.


Zunächst wurde das Musical bei seiner Premiere von der Kritik gemischt aufgenommen, doch es entwickelte sich schnell zu einem Publikumsliebling. Innerhalb von nur zwei Jahren hatte das Musical die Produktionskosten von 14 Millionen US-Dollar eingespielt und wurde zu einem finanziellen Mega-Erfolg. Bereits 2004 gewann es drei Tony Awards. Seitdem hat „Wicked – Die Hexen von Oz“ weltweit zahlreiche Rekorde gebrochen. Es gehört zu den am längsten laufenden Shows am Broadway und hat dort allein mehr als eine Milliarde US-Dollar eingespielt. Es wird geschätzt, dass weltweit mehr als 60 Millionen Menschen das Musical gesehen haben.


Kritik zu „Wicked“: Die Hexen von Oz erobern die große Leinwand
Bildnachweis: © Universal Studios. All Rights Reserved.

Tourneen und Produktionen wurden in über 16 Ländern inszeniert, darunter in Großbritannien, Japan, Australien, Deutschland und Südkorea. 2019 wurde es zur zweitlängsten laufenden Show in der Geschichte des Theaters. Nun wurde das Musical in einem aufwändigen Zweiteiler mit einem gigantischen Budget von rund 350 Millionen US-Dollar für die große Leinwand verfilmt. Während der erste Teil, der schlicht „Wicked“ heißt, nun zu Weihnachten in die Kinos kommt, erwartet uns der zweite Teil zur selben Zeit im Jahr 2025. Wie gut ist dieser erste Teil der Verfilmung gelungen?


Darum geht es:


Im fantastischen Land Oz treffen die beiden Hexen Elphaba und Glinda auf der magischen Universität Glizz aufeinander. Doch sie könnten unterschiedlicher nicht sein: Glinda, privilegiert und strahlend schön, genießt Bewunderung und Wohlstand, während Elphaba, mit ihrer grünen Hautfarbe, ein Leben voller Vorurteile führt. Trotz all ihrer Gegensätze entsteht zwischen den beiden eine unerschütterliche Freundschaft, während Elphaba nach und nach ihre außergewöhnlichen Fähigkeiten entdeckt.


Die Rezension:


Das Kino war schon immer ein Raum der Transformation – von Buch zu Film, von Realität zu Traum. Doch die Adaption eines Musicals, insbesondere eines so beliebten Bühnenklassikers stellt eine besondere Herausforderung dar und es beginnt direkt mit einem Knall: Bildlich, musikalisch, und emotional: „Wicked“ katapultiert uns in eine funkelnde Welt: Jon M. Chu inszeniert den ersten Teil seiner zweiteiligen Verfilmung des Broadway-Musicals mit beeindruckendem Produktionsaufwand, der Fans der Geschichte um Elphaba und Glinda in jedem Fall begeistern dürfte. Aber dieser Film richtet sich sowohl an Fans des Musicals als auch an ein breiteres Publikum, das sich von der Welt von Oz verzaubern lassen möchte.


Kritik zu „Wicked“: Die Hexen von Oz erobern die große Leinwand
Bildnachweis: © Universal Studios. All Rights Reserved.

Die Entscheidung, die Geschichte in zwei Filme aufzuteilen, mag zwar auf den ersten Blick wie eine profitorientierte Ausschlachtung wirken, zumal das zugrunde liegende Musical in knapp drei Stunden erzählt wird, während sich der erste Film allein 160 Minuten Zeit nimmt, um ausschließlich die erste Hälfte zu behandeln. Doch wer befürchtet, der Film könnte dadurch gestreckt wirken, kann zumindest für den ersten Teil beruhigt sein: Dank einer gut durchdachten Dramaturgie mit stetigem Spannungsbogen kommt er ohne spürbare Längen aus. Denn was die Verfilmung länger macht, ist das Worldbuilding.


Während das Musical auf die räumliche Begrenzung der Bühne beschränkt war, eröffnet das Medium Film die Türen zur großen Welt von Oz – und die technische Umsetzung des Films lässt kaum Wünsche offen. Zudem haben Winnie Holzman und Dana Fox das Drehbuch so gestaltet, dass es sowohl eingefleischte Fans als auch Neulinge gleichermaßen anspricht. Jon M. Chu hat sichtlich Wert darauf gelegt, die Sets und Kostüme mit großer Liebe zum Detail auszustatten. Jede Einstellung scheint zu sagen, dass das Produktionsbudget von 350 Millionen US-Dollar gut angelegt wurde. Die Entscheidung, zentrale Schauplätze wie das Munchkinland und die Smaragdstadt teilweise als aufwendige Sets zu realisieren, zahlt sich aus. Diese Orte wirken haptisch und detailreich, was uns förmlich in die magische Welt von Oz hineinzieht.


Kritik zu „Wicked“: Die Hexen von Oz erobern die große Leinwand
Bildnachweis: © Universal Studios. All Rights Reserved.

Kamerafrau Alice Brooks gelingt es, diese Welt nicht nur bildgewaltig, sondern auch atmosphärisch einzufangen. Ihre Kamera schwebt förmlich durch die prachtvoll inszenierten Szenen, ohne dabei den Blick für das Wesentliche zu verlieren: die emotionale Dynamik zwischen den Charakteren. Inmitten dieses schillernden Rahmens entfaltet sich die Geschichte von Elphaba und Glinda, zweier Figuren, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Während Cynthia Erivo als Elphaba eine nuancierte, beinahe tragische Tiefe in ihre Rolle bringt, schwankt Ariana Grande in ihrer Darstellung von Glinda zwischen überzeichneter Parodie und charmantem Witz.


Zwar entwickelt sich die Chemie zwischen den beiden, ebenso wie die Freundschaft ihrer Figuren, nur zögerlich, doch von Anfang an spürt man nicht nur bei Cynthia Erivo und Ariana Grande, sondern im gesamten Ensemble, eine ungemein große Spielfreude. Ein herausragender Moment des Films ist die sogenannte „Midpoint-Scene“, in der Elphaba allein auf einer Tanzfläche von einer spöttischen Menge beobachtet wird, bis Glinda ihre Bewegungen aufgreift und erstmals eine echte Verbindung zwischen den beiden Figuren sichtbar wird. Dieser Moment zeigt, wozu „Wicked“ in seiner besten Form fähig ist: Emotionale Wahrhaftigkeit, durch eine durch und durch audiovisuelle Musical-Inszenierung.


Kritik zu „Wicked“: Die Hexen von Oz erobern die große Leinwand
Bildnachweis: © Universal Studios. All Rights Reserved.

Die Musik – das Herzstück eines jeden Musicals – pendelt in „Wicked“ zwischen atemberaubend und konventionell. Während Stücke wie „Defying Gravity“ mit emotionaler Wucht und absoluter Ohrwurm-Garantie und inszenatorischer Präzision herausstechen, geraten andere Nummern ins Fahrwasser des Gefälligen. John Powells orchestraler Score untermalt die Handlung mit Wucht und Subtilität zugleich, während die Gesangseinlagen mit ihrer Perfektion und Leidenschaft das Potenzial der Musical-Adaption ausschöpfen. Ob klein und intim oder groß mit vielen Tänzern – die Lieder von Stephen Schwartz, einst für die Bühne konzipiert, entfalten durch eine durchweg durchdachte Inszenierung auch auf der Leinwand eine große Wucht.


Die Ausgrenzung der sprechenden Tiere, personifiziert durch Professor Dillamond, die immer mehr ihrer Rechte beraubt und in Käfige gesteckt werden, schafft eine allegorische Verbindung zu Themen wie Diskriminierung und staatlicher Kontrolle, ist jedoch auch als Botschaft über Tierausbeutung keineswegs unaktuell. Diese Themen werden zwar nicht besonders subtil eingebunden und recht plakativ aufgegriffen, dennoch gelingt es der Inszenierung, ernste Themen mit farbenfrohem Musical-Spaß zu verbinden. So fasziniert sie nicht nur durch die audiovisuelle Wucht von Oz, sondern setzt auch immer wieder Spitzen, die zum Nachdenken anregen.


Kritik zu „Wicked“: Die Hexen von Oz erobern die große Leinwand
Bildnachweis: © Universal Studios. All Rights Reserved.

Viele vorangegangene Musicalverfilmungen warfen die Frage auf, ob sie wirklich notwendig waren oder ob Musicals nicht besser auf der Bühne bleiben sollten. Doch dieser Film beweist das Gegenteil: Eine gelungene Adaption ist möglich, wenn das Musical von Menschen verfilmt wird, die es lieben und Leidenschaft mitbringen. Mit viel Liebe zum Detail und zur Geschichte, was in jedem Gewerk und bei jedem Mitwirkenden vor der Kamera spürbar ist, entfaltet der Film seine Magie, die schnell auf das Publikum überspringt.


Fazit:


Der erste Teil der großangelegten „Wicked“-Verfilmung ist großes, buntes und detailverliebtes Blockbuster-Kino für die Kinoleinwand, das man sich nicht entgehen lassen sollte – sofern man sich auf Musicals einlassen kann. Trotz erzählerischer Simplizität bietet der Film ein immer wieder ernste Spitzen setzendes Erlebnis für Groß und Klein.


>>> STARTTERMIN: Ab dem 12. Dezember 2024 im Kino.


Weitere Informationen zu „Wicked“:

Genre: Musical, Fantasy

Produktionsjahr: 2023

Laufzeit: 160 Minuten

Altersfreigabe: FSK 6


Regie: Jon M. Chu

Drehbuch: Winnie Holzman, Gregory Maguire

Besetzung: Cynthia Erivo, Ariana Grande, Jeff Goldblum und viele mehr ...


Trailer zu „Wicked“:


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