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Kritk zu „Fast & Furious 10“: „Wie eine Sekte mit Autos“

Das große Finale der „Fast & Furious“-Saga ist angebrochen. Dominic Toretto und seine Familie kehren auf die große Leinwand zurück und schlittern in ein neues spektakuläres Abenteuer auf vier Rädern. Dieses Mal muss sich Dominic Toretto seinem bisher tödlichsten Gegenspieler stellen, der seine Familie und alles, was er aufgebaut hat, zerstören will. Doch was steckt im neuen Ableger – großes Popcorn-Kino oder der nächste Reinfall?


Bildnachweis: © Universal Studios. All Rights Reserved.

Seit über zwanzig Jahren ist „Fast & Furious“ zu einem immer erfolgreicheren Kino-Phänomen geworden. Was einst im Jahr 2001 mit illegalen Autorennen begann, hat sich zu einer Blockbuster-Filmreihe entwickelt, die wortwörtlich immer größere Ausmaße annahm. Aus illegalen Autorennen wurden internationale Verbrechen und spektakuläre Stunts. Die Filme wurden größer, lauter und actionreicher. Obwohl die Action-Blockbuster von den Kritikern häufig negativ bewertet wurden, konnte die „Fast & Furious“-Reihe dennoch eine treue Fangemeinde aufbauen und zählt zu den finanziell erfolgreichsten Filmfranchises überhaupt.

Die Filme mögen zwar bei den Rezensenten polarisieren, doch die Mischung aus adrenalintreibender Action, atemberaubenden Stunts und dem Zusammenhalt der Charaktere hat die Zuschauerinnen und Zuschauer weltweit in ihren Bann gezogen. Die „Fast & Furious“-Filme haben eine einzigartige Faszination entwickelt, die weit über das reine Autorennen hinausgeht. Sie bieten ein Spektakel der Superlative, bei dem Grenzen überschritten werden und das Unmögliche möglich wird. Dabei sind die Filme geprägt von einer Mischung aus Humor, Familiendynamik und unvergesslichen Actionszenen, die das Publikum immer wieder begeistern. Wie gut ist nun der zehnte Ableger der „Fast & Furious“-Saga?


Darum geht es:


Nach zahlreichen Missionen und trotz aller Hindernisse ist es Dominic Toretto und seiner Familie bisher immer gelungen, ihre Kontrahenten zu überlisten. Doch nun stehen sie vor ihrer größten Herausforderung: Sie müssen sich ihrem tödlichsten Widersacher stellen. Aus dem Schatten ihrer Vergangenheit entsteigt Dante als fleischgewordener Vergeltungsdämon.


Bildnachweis: © Universal Studios. All Rights Reserved.

Als Doms Familie vor einigen Jahren auf einer Mission den brasilianischen Drogenbaron Reyes stürzte und sein Imperium mit ihm untergingen ließen, ermordeten sie auch Dantes Vater, der seither auf Rache sinnt. Dante will die „Fast“-Familie zerschmettern und alles und jeden zerstören, was Dominic Toretto etwas bedeutet. Schnell gerät daher sein Sohn ins Visier eines Gegners, der immer einen Schritt voraus zu sein scheint …

Die Rezension:


„Das Ende der Straße beginnt“ – der inzwischen zehnte Teil des „Fast & Furious“-Franchise eröffnet das große Finale einer Filmreihe, die einerseits zum Popkultur-Phänomen aufstieg und andererseits recht unkonventionell erzählt wird. Im Gegensatz zu anderen Filmreihen mit ähnlich vielen Ablegern, die auf ein großes Finale hinarbeiten, sind die neueren Teile der „Fast & Furious“-Reihe in sich geschlossene Blockbuster-Spektakel mit einer eher losen Weiterentwicklung der Handlung. Schon länger kann man sich die Frage stellen, ob je ein konkreter Plan existierte, wie die Geschichte entwickelt und fortgesetzt werden sollte.


Bildnachweis: © Universal Studios. All Rights Reserved.

Vom ersten bis zum nun zehnten Teil scheinen kaum noch Ähnlichkeiten zu bestehen – einen konstanten Aufbau mit zentraler Prämisse gab es nicht. So wie sich Autos und Figuren nach und nach von den Gesetzen der Physik verabschiedeten, wurde es auch immer schwerer, einen roten Faden auszumachen oder ein Ziel, worauf all das Aufgebaute hinzielen könnte.


War der erste Film noch ein simpler, aber unterhaltsamer Actionfilm über illegale Autorennen, der sich auf die Dynamik der beiden Protagonisten konzentrierte, sind Autos inzwischen weit mehr als nur Fahrzeuge. Die Handlung wurde immer absurder und unrealistischer, die Charaktere entwickelten sich zu Superhelden. Neuerdings werden auch ständig neue Figuren ausgegraben, von denen bisher niemand wusste, dass sie existieren und plötzlich tauchen verstoßene Familienmitglieder auf, die angeblich tot oder nie erwähnt wurden.

Bildnachweis: © Universal Studios. All Rights Reserved.

Eine innere Logik ist stellenweise erkennbar, wird dann aber wieder über den Haufen geworfen und so sollte vom „Fast & Furious“-Franchise auch nicht mehr als simples Popcorn-Kino erwartet werden. Geht man mit dieser Erwartungshaltung in den Kinosaal, kann das neue Abenteuer um Dominic Toretto und seine Familie auch auf absurd komische Weise unterhalten und auch, wenn genau dies die Herangehensweise der Macher gewesen sein könnte, ist es doch ein Film, der sich mal wieder für vernichtende Rezensionen anbietet, wäre da dieses Mal nicht die selbstironische Note.


Zunächst eröffnet „Fast & Furious 10“ aber mit einem Blick zurück ins Abenteuer aus dem fünften Ableger, als Doms Truppe den brasilianischen Drogenmogul Reyes ausraubte und letztlich auch ermordete. Während die explosive Einleitung zwischen bekannten Szenen aus „Fast & Furious 5“ und neuen Aufnahmen wechselt und nochmals die spektakuläre Flucht durch Rio de Janeiro gezeigt wird, ist auch der mittlerweile verstorbene Paul Walker zu sehen. Doch so spaßig und schön diese Einleitung auch für Fans sein kann – der Dramaturgie des zehnten Films kommt es nicht zu gute, dass die mit beste Actionsequenz bereits in einer Rückblende zu Beginn stattfindet.


Bildnachweis: © Universal Studios. All Rights Reserved.

Jedoch ist diese Rückblende unerlässlich, um den bisher unbekannten neuen Antagonisten einzuführen, der niemand Geringeres als der Sohn des ausgeraubten und getöteten Drogenkönigs Reyes ist. Zwar sind die Motive seines Sohnes Dante genauso generisch wie bei den letzten Antagonisten, allerdings ist „Aquaman“-Star Jason Momoa als herrlich verrückter Racheengel genau das Richtige für die Filmreihe, die sich zuletzt viel zu ernst nahm. Völlig hemmungslos erhebt sich Jason Momoa als metrosexueller Joker zum ultimativen Gegenspieler für Dominic, was genial und äußerst unterhaltsam ist.


Jason Momoa ergreift förmlich den Film für sich, in jeder Szene stiehlt er allen anderen die Show. Während viele im über und über mit Stars besetzten Film nicht in ihren Rollen aufgehen und nur brav die Dialogzeilen aufsagen, hat Momoa den Mut, aus sich herauszugehen. Voller Übertreibung und Extravaganz taucht der neuseeländische Schauspieler vollständig in seine Rolle ein und überragt alle anderen. Mitunter leicht feminin, mitunter verrückt und dann wieder wortwörtlich todernst - Jason Momoa verkörpert den perfekten Antagonisten für diese Reihe. Er belebt sie mit Leichtigkeit und bringt wieder Spaß in das zu ernste Abenteuer.


Bildnachweis: © Universal Studios. All Rights Reserved.

Nach der Einführung von Bösewicht Jason Momoa richtet der Film seinen Fokus auf die obligatorische Huldigung der „Fast"“-Familie. Das traditionelle Grillfest und die gewohnten banalen Floskeln über Zusammenhalt werden diesmal jedoch bereits zu Beginn präsentiert, was bereits erahnen lässt, dass der neue Antagonist nicht nur darauf abzielt, Dominic zu zerstören, sondern auch die Familie zu entzweien.


Dies führt aber auch dazu, dass die ohnehin nicht sonderlich herausstechende Familiendynamik im zehnten Ableger völlig verloren geht und die Handlung zu einer One-Man-Show von Vin Diesel wird, die nur ab und zu durch generische Nebenhandlungsstränge der anderen Figuren unterbrochen wird. Leider offenbart Vin Diesel auch erneut seine begrenzten schauspielerischen und emotionalen Fähigkeiten, jedoch gelingt es der größtenteils uninspirierten Kameraarbeit zumindest, das muskelbepackte Erscheinungsbild ästhetisch in Szene zu setzen.


Bildnachweis: © Universal Studios. All Rights Reserved. Leider werden neben dem Hauptkonflikt zwischen Vin Diesel und Jason Momoa alle anderen Figuren so stark reduziert, dass das Potential der hochkarätigen Besetzung nicht ausgeschöpft werden kann. Auch Hauptdarstellerin Michelle Rodríguez, die als Letty an der Seite von Vin Diesel zu einer starken weiblichen Rolle heranwuchs, wird in ein geheimes Gefängnis verfrachtet, wo sie zwar eine recht spektakuläre superheldenartige Actionszene mit Charlize Theron bekommt, aber insgesamt nicht wirklich zur Geltung kommt. Tyrese Gibson ist als liebenswerter Dummkopf Roman zwar unterhaltsam, jedoch bleibt er auch in seiner Rolle als Gag-Lieferant stecken und entwickelt sich nicht weiter.

Bildnachweis: © Universal Studios. All Rights Reserved.

Sung Kang, dessen Figur Han von den vermeintlich Toten auferstanden ist, bleibt aufgrund weniger Dialoge im Drehbuch sehr farblos und auch das hoch angepriesene Wiedersehen mit Jason Statham als Shaw entpuppt sich ebenfalls als unspektakulär, da sie in der abgehezten Szene keine Chemie entwickeln können. Ebenso bleiben Nathalie Emmanuel, John Cena, Jordana Brewster, Charlize Theron und vor allem die Oscarpreisträgerin Brie Larson überraschend blass, obwohl sie mit besseren Dialogen und mehr Bildschirmzeit sicher eine Bereicherung hätten sein können.


Einziger Lichtblick ist noch Daniela Melchior, die nach James Gunns „The Suicide Squad“ und „Guardians of the Galaxy Vol. 3“ einmal mehr aufzeigt, dass man ihr in größeren Produktionen durchaus auch größere Rollen zutrauen sollte.


Bildnachweis: © Universal Studios. All Rights Reserved.

Das Potenzial der Besetzung wird leider ebenso verschwendet wie die Kernspezialität des Franchise, die spektakuläre Action. Nach einer beeindruckenden Rückblende erreicht der Film bereits in der ersten Actionszene der Gegenwart seinen Höhepunkt, und obwohl die Zerstörung in Rom beeindruckend inszeniert ist, folgt daraufhin nur noch generische Kost.

Das Actionspektakel Roms ist dann auch wirklich mitreißend, fesselnd und großartig animiert, so dass die monumentale Zerstörung spürbar wird. Doch so gut die Action des Action-Blockbusters beginnt, so sehr lässt sie anschließend nach und mündet immer wieder in den selben Blechschaden-Exzessen. Zwar fliegen immer wieder Fahrzeuge durch die Lüfte und Explosionen sind zahlreich, doch alles verliert sich schnell in einem Einheitsbrei, bis schließlich gegen Ende ein gelungener, actionreicher Höhepunkt erreicht wird.


Bildnachweis: © Universal Studios. All Rights Reserved.

Alles in allem lebt der Streifen aber fast auschließlich durch seinen extravaganten Antagonisten und einer starken Eröffnung, bevor sich das Franchise wieder von seiner ausgelaugten, langweiligen Seite zeigt. Die „Fast & Furious“-Filme bleiben das Ergebnis dessen, was herauskommt, wenn man eine Reihe ohne wirklichen Plan nach dem „Größer-weiter-schneller“-Prinzip bis in einen zehnten Teil hinein peitscht …


Fazit:


„Fast & Furious 10“ bietet ein typisches Popcorn-Kino-Erlebnis mit absurdem Humor und spektakulären Actionsequenzen, leidet jedoch unter einer schwachen Handlung, die einmal mehr die Gesetze der Physik verlässt und selten gute Dialoge parat hält. Jason Momoa stiehlt als Antagonist Dante allen die Show und sorgt für die unterhaltsamsten Momente, während die Action insgesamt nach einem starken Beginn an Intensität verliert. Das Franchise zeigt sich auch im zehnten Ableger ausgelaugt und ohne klaren Plan, dennoch kann der Film auf absurd komische Weise unterhalten.


5 von 10 Punkten


„Fast & Furious 10“ ist seit dem 17. Mai 2023 in den Kinos.





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