Die apokalyptische Welt von „Sløborn“ erreicht ihren Höhepunkt in den letzten sechs Episoden, die einen packenden Abschluss für die fesselnde Geschichte um Evelin Kern und ihre Mitstreiter inmitten der von der Taubengrippe geplagten Welt versprechen. Doch hat die Staffel dieses Versprechen auch eingelöst?
Während der Covid-19-Pandemie versuchten zahlreiche Filme und Serien, die weltweit spürbare Krise einzufangen. Bei „Sløborn“ war es letztendlich ein glücklicher Zufall, dass die bereits lange geplante Serie über eine tödliche Pandemie gerade dann auf ZDFneo ausgestrahlt wurde, als draußen eine erschreckend ähnliche Geschichte ablief. Die faszinierende Vorstellung, eine Serie zu erleben, die plötzlich unsere Gegenwart inmitten einer globalen Krankheitswelle widerspiegelt, weckte großes Interesse für den apokalyptischen Thriller „Sløborn“.
Ursprünglich war es die Idee des Showrunners Christian Alvart, eine Serie zu drehen, „falls es vielleicht in den nächsten zwanzig Jahren“ eine ähnliche Pandemie geben könnte. Im Gegensatz zu anderen Produktionen, die die Corona-Pandemie nur als Gimmick nutzten, hatte „Sløborn“ von Anfang an einen umfassenden Plan und wurde mit seiner fesselnden Geschichte schnell zu einem der größten Streaming-Erfolge in der ZDF-Mediathek. Nach einer ebenso erfolgreichen zweiten Staffel steht jetzt das große Finale an, das hoffentlich Antworten auf die zahlreichen offenen Fragen liefert.
Darum geht es:
In der finalen Staffel der Serie begleiten wir Evelin und ihre Gefährten auf eine Reise durch eine Welt am Rande des Untergangs. Alles beginnt im Krankenhaus in Husum, wo die Jugendlichen aufbrechen und sich nach Hamburg begeben. Dort treffen sie auf vertraute Gesichter, doch für Evelin ist das nicht das Ende ihrer Suche. Ihr Herz treibt sie weiter nach Berlin, denn sie ist fest davon überzeugt, dass ihr Vater dort zu finden ist. Die Reise entwickelt sich zu einem wagemutigen Abenteuer durch ein Land, das von Zerstörung gezeichnet ist. Die Infrastruktur liegt in Trümmern, die gesellschaftliche Ordnung existiert nicht mehr, und das Gesetz des Stärkeren herrscht vor.
Die Gruppe wird mit zahlreichen Herausforderungen konfrontiert, von gefährlichen Überlebenden bis hin zu den unerbittlichen Bedingungen der postapokalyptischen Welt. Jeder Schritt birgt die Gefahr des Unbekannten, während Evelin und ihre Gefährten sich durch ein Labyrinth aus Chaos und Verzweiflung kämpfen. Doch trotz der düsteren Aussichten entfaltet sich eine Geschichte von Mut, Zusammenhalt und unerschütterlichem Überlebenswillen.
Die Rezension:
Die dritte Staffel von „Sløborn“ ist endlich da und verspricht nicht nur, die Geschichte weiterzuführen, sondern auch einen würdigen Abschluss zu bieten. Nach einer zwei Jahre langen Wartezeit seit den ersten beiden Staffeln, die bereits mit einer fesselnden Geschichte über eine Pandemie und ihre Auswirkungen auf die Bewohner einer Nordseeinsel beeindruckten, waren die Erwartungen hoch. Die sechsteilige letzte Staffel wurde bereits am 2. Februar auf ZDFneo ausgestrahlt und steht jetzt in der ZDFmediathek zum Streamen bereit, bevor sie im Sommer zudem auf Blu-ray erscheint.
Hinsichtlich des Produktionsaufwandes gibt es im Vergleich zu den Vorgängerstaffeln wenig Veränderung. Christian Alvarts Produktionsfirma Syrreal Entertainment, in Zusammenarbeit mit Tobis Film, Nordisk Film und dem ZDF, hat erneut ganze Arbeit geleistet. Christian Alvart versteht es, besondere Geschichten besonders zu erzählen, und dies setzt sich auch in der dritten Staffel fort. Die Kameraarbeit, die bereits in den vorherigen Staffeln herausragend war, fungiert nicht nur als visuelles Medium, sondern als entscheidendes Stilmittel, das das Tempo und die Stimmung jeder Szene prägt.
Von Nahaufnahmen, die beinahe an der Haut kleben, über hektische Handkamera-Verfolgungen bis hin zu beeindruckenden Kamerafahrten – die Kameraarbeit ermöglicht es den Zuschauenden, sich tief in die Emotionen der Charaktere zu versetzen. Das Sounddesign rundet das audiovisuelle Erlebnis ab und zieht die Zuschauenden sofort in die Welt von Sløborn. Die musikalische Untermalung der dritten Staffel, komponiert von Max Filges und Christoph Schauer, hat sich weiter entwickelt und wird deutlich epischer und brachialer. Der Soundtrack, der schon in der ersten Staffel für den deutschen Filmpreis nominiert war, präsentiert dieses Mal ein Hybrid aus leisen Klaviertönen und basslastigen, kraftvollen Tönen, die das Finale eindrucksvoll begleiten. Die Serie schafft es, nicht nur visuell, sondern auch auditiv eine Atmosphäre zu schaffen, die Zuschauende unmittelbar in die apokalyptische Welt von Sløborn zieht.
Die Handlung konzentriert sich in der dritten Staffel verstärkt auf die Charakterentwicklung. Insbesondere Evelin und ihre Geschwister und Freunde, sowie Schriftsteller Nikolai Wagner, stehen natürlich weiterhin im Fokus, wenngleich etwas anders als in den Vorgängerstaffeln. Auch die Jugendlichen aus der Knast-Gruppe spielen eine zentrale Rolle, und ihre Entwicklungen seit der zweiten Staffel werden weiter vertieft.
Insbesondere bei den jungen Schauspielern, die ihre Rollen schon seit mehreren Jahren verkörpern, fällt deutlich auf, dass sie ihre Charaktere in- und auswendig kennen. In der dritten Staffel werden sie durch und durch zu ihren Figuren, was ihre finalen Entscheidungen umso fesselnder, emotionaler und intensiver macht. Die Charaktere werden in dieser außergewöhnlichen Situation auf die Probe gestellt, wodurch verborgene Talente in der dritten Staffel erneut zur Geltung kommen.
Gerade auch Adrian Grünewald, der bereits in der zweiten Staffel als beinahe durchgedrehter Herm beeindruckte, setzt noch einen drauf und durchläuft eine äußerst fesselnde Entwicklung. Dennoch, ohne zu viel zu verraten, ist es in der Staffel auch lohnenswert, ein besonderes Augenmerk auf unter anderem die großartigen Darstellungen von unter anderem Zoran Pingel, Aaron Hilmer und vor allem in der dritten Staffel auf Anna-Lena Schwing zu legen.
Auch etablierte Darsteller wie Alexander Scheer und Wotan Wilke Möhring zeigen gewohnt erstklassige Leistungen, auch wenn sie in diesem Ensemble der dritten Staffel nicht besonders hervorstechen. Trotzdem bleibt Evelin Kern die Hauptfigur der Serie. Nach den Überlebenskämpfen der ersten beiden Staffeln wird sie erstmals nicht mehr auf sich gestellt sein und kann Verantwortung abgeben. Ihre Entwicklung ist äußerst spannend, da sie neue Facetten zeigt, Schwächen offenbart, Emotionalität ausdrückt, sich erneut verliebt und als Mensch reift – weit entfernt von der Survival-Maschine ohne Gefühle, wie sie noch in der zweiten Staffel agierte.
Obwohl Evelin im Ensemble nicht mehr so stark im Fokus steht, gelingt es Emily Kusche, jeder Szene eine Präsenz zu verleihen, die ihre Position als Protagonistin unverkennbar macht, selbst wenn die Kamera nicht explizit auf ihr Gesicht fokussiert ist.
Die Frage nach dem Überleben von Kultur in einer Apokalypse, die Nikolai Wagner bereits in der zweiten Staffel aufwarf, wird in der dritten Staffel auf brutale Weise beantwortet. Die Serie geht dabei weit über das Bedrohliche des Szenarios hinaus und beleuchtet den fortschreitenden Verfall jeglicher Menschlichkeit in der neuen Alltäglichkeit. Ein herausragendes Beispiel hierfür ist der ehemalige Baumarktleiter Erik Stoever, der sein Camp absolutistisch und tyrannisch regiert. Seine Figur entwickelt sich zu einem gnadenlosen Antagonisten, der von Manuel Harder mit beeindruckender Inbrunst, immenser Präsenz und starker Ausdruckskraft dargestellt wird. Bereits nach den ersten beiden Staffeln deutet sich an, dass in ihm eine dunkle Seite schlummert, die, wenn sie zum Vorschein kommt, zu allem fähig ist. Doch erst in der dritten Staffel, nachdem er einen herzzerreißenden Verlust erleidet, dreht er völlig frei.
Die Wut, die Erik verkörpert, dient nicht nur als Spiegelbild für die dramatische Entwicklung der Serie, sondern auch als Metapher für die turbulenten Ereignisse in der realen Welt. Neben der Frage, ob und wie wir Informationen bewerten und ihren Wahrheitsgehalt prüfen können, wirft die dritte Staffel von „ Sløborn“ einen fiktionalisierten Blick auf aktuelle gesellschaftliche Themen, wie die Reichsbürgerszene.
In einer faszinierenden Szene stellt Erik sogar die Frage, ob die vergangenen zwei Jahre verschlafen wurden und wehrt sich entschieden dagegen, sich einer vermeintlichen Unterordnung unter das in Reichsbürger-Kreisen als Deutschland GmbH bezeichnete Konzept zu unterwerfen.
Der Slogan der Staffel, „Die Zukunft gehört den Harten“, entfaltet sich in der dritten Staffel einmal mehr zu einem apokalyptischen Thriller. Während die ersten drei Episoden noch die bedächtige, aber äußerst spannende klassische Sløborn-Atmosphäre bewahren, setzt Regisseur Christian Alvart in den letzten drei Episoden auf Action, brachiale Brutalität, etwas Blut und emotionale Intensität. Auch die letztliche Endbotschaft ist sehr gelungen, nachhallend und in der aktuellen Zeit ein wichtiges Ausrufezeichen!
Trotz der knappen Zeit von sechs Episoden gelingt es Alvart, die zahlreichen Figuren des großen Ensembles zufriedenstellend abzuschließen. Befürchtungen, dass nur die Hauptfiguren einen würdigen Abschluss erhalten könnten, erweisen sich als unbegründet.
Fazit:
Die dritte Staffel schließt alle Handlungsstränge und Charakterentwicklungen auf eine durchaus heftige und sehr emotionale, aber letztlich befriedigende Weise ab. Sowohl eingefleischte Sløborn-Fans als auch neue Zuschauer dürften von Christian Alvarts Finale beeindruckt sein, das ein im Grunde perfekter Abschluss seiner außergewöhnlichen Serie ist.
9 von 10 Punkten
>>> STARTTERMIN: Ab dem 2. Februar 2024 in der ZDFmediathek.
Weitere Informationen zu „Sløborn III“:
Genre: Thriller, Drama
Produktionsjahr: 2023
Laufzeit: 6 Episoden zwischen 49 und 67 Minuten
Altersfreigabe: FSK 12 (Episoden 1-3 und 6) FSK 16 (Episoden 4-5)
Regie: Christian Alvart
Drehbuch: Christian Alvart
Besetzung: Emily Kusche, Adrian Grünewald, Wotan Wilke Möhring, Alexander Scheer und viele mehr ...
Trailer zu „Sløborn III“:
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