top of page

Svenja Jung im Interview zu „Sterben für Beginner“: „Das ist ein Thema, das mich sehr beschäftigt“

  • Autorenbild: Toni Schindele
    Toni Schindele
  • 3. Mai
  • 6 Min. Lesezeit

„Ich finde, der Film erzählt das wirklich zart und schön“, sagt Svenja Jung über „Sterben für Beginner“ – eine Tragikomödie über Tod, Trauer und das Weiterleben. Im Interview spricht sie über die Dreharbeiten und den Umgang mit einem oft verdrängten Thema.


Svenja Jung im Interview zu „Sterben für Beginner“: „Das ist ein Thema, das mich sehr beschäftigt“
Bildnachweis: © ZDF und PaW / Hardy Spitz

Was bleibt, wenn wir gehen? Vielleicht ein Lied, das noch nachklingt. Vielleicht ein Satz, den jemand weitererzählt. Vielleicht eine Geste, ein Lächeln, ein Bild. Der Tod ist allgegenwärtig und doch oft verdrängt – ein Thema, das im Alltag gern überblättert wird. In der Kunst jedoch findet es Ausdruck, Tiefe, manchmal sogar Leichtigkeit. Es ist dieser scheinbare Widerspruch, der die neue ZDF-Tragikomödie „Sterben für Beginner“ von Christian Klandt so besonders macht: eine Tragikomödie über das Abschiednehmen, das Weiterleben – und über das, was dazwischenliegt. „Sterben für Beginner“, inspiriert vom autobiografischen Sachbuch „The End: Das Buch vom Tod“ des Berliner Bestatters Erik Wrede, nähert sich dem Tod auf ebenso humorvolle wie berührende Weise.


Es geht um Freundschaft, um Loslassen, um Trauer und Trost – und darum, wie man das Unvermeidliche in Worte, Bilder, Gefühle fasst. Ein Film, der die Grenze zwischen Lachen und Weinen immer wieder bewusst verwischt. Mitten in diesem Film steht Svenja Jung. Die 1993 in Rheinland-Pfalz geborene Schauspielerin hat sich seit Mitte der 2010er Jahre einen festen Platz in der deutschen Film- und Fernsehlandschaft erarbeitet. Bekanntheit erlangte sie unter anderem durch Rollen in Formaten wie „Fucking Berlin“, „Deutschland 89“ oder der Netflix-Serie „Biohackers“.


Der Film Journalist: Du drehst fürs Kino wie fürs Fernsehen – macht das für dich in der Vorbereitung einen Unterschied? Und speziell bei Sterben für Beginner: Wie sah deine Vorbereitung aus, auch im Hinblick auf „The End: Das Buch vom Tod“ oder einen Austausch mit Erik Wrede?


Svenja Jung: Es ist immer ein bisschen unterschiedlich. Meist hat man beim Kino etwas mehr Zeit zur Vorbereitung als beim Fernsehen. Es gibt dieses schöne Zitat, das sagt, es gibt das Sichtbare und das Unsichtbare. Wenn man nur das Sichtbare zeigt, hat man einen Fernsehfilm

Svenja Jung im Interview zu „Sterben für Beginner“: „Das ist ein Thema, das mich sehr beschäftigt“
Bildnachweis: © ZDF und René Gorski

gemacht. Da würde ich aber widersprechen, weil Christian [Klandt] bei „Sterben für Beginner“ definitiv auch das Unsichtbare gezeigt hat. Ich glaube, es kommt nicht darauf an, ob es Kino oder Fernsehen ist, sondern darauf, mit wem man arbeitet, welche Vision da ist und wie sehr die Regie im Stoff drinsteckt. Mit Christian Klandt war die Vorbereitung sehr intensiv. Wir haben ein gemeinsames Coaching gemacht – Max [Hubacher], Edin [Hasanovic] und ich – und dabei sehr viel voneinander gesehen. Wir haben auch Szenen gespielt, die gar nicht im Buch standen, einfach um eine Beziehung herzustellen. Die Figuren von Max und mir sind ja schon lange zusammen und das muss man spüren können. Ich wurde etwa eineinhalb Monate vor Drehbeginn mit den anderen gecastet, und ab da haben wir viel Zeit miteinander verbracht und intensiv vorbereitet.


Was Erik Wrede betrifft – ich hatte das Buch zur Hälfte gelesen, als wir mit dem Drehen angefangen haben. Aber ich finde das Thema so wichtig: dass Sterben enttabuisiert werden muss. Es betrifft uns alle, es ist Teil des Lebens. Rituale im Umgang damit zu finden, gerade in unserer Kultur, wo alles oft sehr distanziert ist, ist so essenziell. Und wenn so ein Schicksal junge Menschen trifft, ist das besonders berührend. Ich finde, der Film erzählt das wirklich zart und schön. Dafür, dass wir nur etwa zwanzig Drehtage hatten, ist es ein sehr feinfühliger, lustiger, grotesker Film geworden, der sich in diesem traurigen Thema etwas traut. Ich bin da wahnsinnig happy mit.


Der Film Journalist: Was hat dich an diesem Film und deiner Figur Karla gereizt?


Svenja Jung: Was mich sofort gereizt hat, war das Buch. Es war wahnsinnig rund, und man bekommt selten so gute Drehbücher. Ich wollte unbedingt mit Christian Klandt arbeiten – und auch mit Edin [Hasanovic] und Max [Hubacher]. An Carla fand ich spannend, dass sie versucht, alles im Griff zu behalten, weiterzumachen, stark zu sein. Sie ist schwanger, bringt ihren Gin auf den Markt, ihr Freund hat einen Tumor – und sie funktioniert weiter, bis zu dem Moment, an dem sie die Trauer zulässt und sich traut, schwach zu sein. Ich mochte dieses Durchhalten bis zum Punkt, an dem es nicht mehr geht und diese radikale Akzeptanz: Mein Freund stirbt, und ich trage sein Kind.


Ich habe mich gefragt, welche Gefühle da alle hochkommen – und das ist selten, dass man so

Svenja Jung im Interview zu „Sterben für Beginner“: „Das ist ein Thema, das mich sehr beschäftigt“
Bildnachweis: © ZDF und PaW / Hardy Spitz

eine Figur spielen darf, bei der man in so viele Richtungen gehen kann. Ich habe dabei auch viel in mir selbst entdeckt. Ich war noch nie schwanger, aber was es bedeutet, einen Teil eines geliebten Menschen in sich zu tragen, hat mich sehr berührt. Christian hat mich oft aus meinen Mustern geholt. Nach so vielen Jahren im Beruf kennt man seine Tricks, wenn man nicht weiterweiß. Christian hat das schnell erkannt und mich in neue Richtungen geführt. Das muss man als Regisseur erst mal spüren. Und er hat uns eine Leichtigkeit gegeben, die man im Film sieht. Oft hat er gesagt: „Spiel’s mal weniger seriös.“ Wir waren alle irritiert, aber es hat super funktioniert. Ich würde jederzeit wieder mit ihm arbeiten.


Der Film Journalist: Du spielst viele der emotional schwersten Szenen im Film. Wie gelingt es dir, dich nach dem Dreh wieder davon zu lösen?


Svenja Jung: Das ist ein Thema, das mich sehr beschäftigt. Ich war nie auf einer Schauspielschule, habe früh angefangen zu drehen und manche Rituale nie gelernt – zum Beispiel, wie man nach dem Dreh die Figur wieder loslässt. Manchmal bleibt etwas von der Rolle in mir. Das ist einerseits schön, aber auch nicht immer gesund. Ich bleibe während der Drehzeit oft sehr tief in der Figur drin. Ich wünschte, ich könnte das schneller ablegen, aber es hilft, wenn man Kollegen und eine Regie wie Christian [Klandt] hat, mit denen man reden kann. Ich bin nicht der Typ, der nach einer emotionalen Szene einfach rausgeht und mit Freunden abhängt, als wäre nichts gewesen.


Bei dem Projekt habe ich angefangen, nach Drehschluss zu duschen, um symbolisch wieder bei mir anzukommen. Es klappt manchmal besser, manchmal weniger. Es waren ziemlich intensive Szenen, und natürlich verarscht man seinen Körper in dem Beruf – weil man fühlt, was man spielt. Auch wenn niemand wirklich stirbt, spürt man es trotzdem. Das ist die Kunst, aber eben auch die Herausforderung. Ich habe da viel von Edin [Hasanovic] gelernt, der wahnsinnig gut zwischen Realität und Rolle wechseln kann. Das hat mich beeindruckt und ich habe mir das ein Stück weit mitgenommen.


Der Film Journalist: Der Film findet einen überraschend leichten Ton für ein schweres Thema. Findest du, wir sollten offener über Tod und Sterben sprechen und hast du dir beim Dreh auch Gedanken darüber gemacht, was für dich eine schöne Form des Abschiednehmens wäre?


Svenja Jung: Bei jedem Film lernt man etwas, im besten Fall nimmt man etwas fürs eigene Leben mit. Das sind auch die Themen, die mich interessieren – wenn sie mich persönlich berühren. In dem Fall habe ich anders über den Tod nachgedacht. Ich habe zum Glück noch keinen großen Trauerfall erlebt, aber ich habe überlegt: Was passiert, wenn jemand aus meiner Familie stirbt? Wahrscheinlich wäre es als Nächstes meine Oma. Und dann dachte ich: Was würde ihr gefallen? Könnte man ihr eine schöne Abschiedsfeier machen?


Wir haben ein Buch für sie angefangen, in dem sie über ihr Leben schreibt, damit wir das nicht vergessen. Ich habe viel mehr mit ihr über den Tod gesprochen. Früher habe ich das vermieden

Svenja Jung im Interview zu „Sterben für Beginner“: „Das ist ein Thema, das mich sehr beschäftigt“
Bildnachweis: © ZDF und PaW / Hardy Spitz

oder sofort geweint. Jetzt kann ich offener damit umgehen. Ich glaube, wenn man sich mit dem Tod auseinandersetzt, versteht man das Leben besser. Man kann es bewusster genießen. Das mochte ich so an diesem Film – dass er etwas Universelles anspricht, das alle berührt.Auch die Rituale, die Erik Wrede vorschlägt, sind schön. Dass man die Lieblingsmusik der Verstorbenen noch einmal hört, sie noch einmal sieht,mitgestaltet, wie sie am Ende aussiehen – das kann helfen. Abschied bewusst zu gestalten, ist ein wichtiger Schritt im Loslassen. Ich selbst habe das zwar noch nicht durchlebt, aber es fühlt sich gut an, sich mit dem Thema zu beschäftigen. In der Theorie ist vieles leichter, in der Praxis wird es nochmal ganz anders – aber ich glaube, es ist wichtig, sich darauf vorzubereiten.


Der Film Journalist: Jetzt steht die Ausstrahlung von „Sterben für Beginner“ am 5. Mai 2025 zur Prime-Time um 20.15 an, aber man kann den Film auch bereits in ZDF Mediathek aufrufen. Warum sollte man am 5. Mai unbedingt einschalten oder in die Mediathek klicken?


Svenja Jung: Ich hoffe einfach, dass sich viele Menschen den Film anschauen. Und dass das Thema Tod geöffnet wird – dass man menschlich, offen und ohne Tabu damit umgeht. Das ist für mich auch ein Grund, warum ich überhaupt Filme mache: Man kann Themen ins Rollen bringen, über die sonst nicht gesprochen wird. Vielleicht öffnet der Film jemandem die Augen oder hilft, etwas zu verarbeiten. Ich wünsche mir, dass er Hoffnung gibt – dass man durch solche Zeiten durchkommt, auch wenn sie kommen, ob wir wollen oder nicht. Und dass man im Tod auch das Leben feiern kann.


Ich finde, es ist ein feiner, kluger, sensibler, lustiger und berührender Film geworden. Ich bin sehr stolz darauf. Es ist ein kleines Projekt, aber das zeigt mir wieder: Es geht nicht um Budget oder Stunts, sondern darum, ob jemand eine klare Vision hat und weiß, was erzählt werden soll. Ob die Figuren etwas in einem auslösen. Und das hat Christian [Klandt] mit dem ganzen Team großartig geschafft. Ich hoffe, der Film findet seinen Platz und erreicht viele Menschen.


Ein weiteres Interview mit Svenja Jung:


Комментарии


Abonniere jetzt den Newsletter

und sei immer aktuell informiert!

Danke für's Einreichen!

© 2023 by Make Some Noise.

Proudly created with Wix.com

bottom of page