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Kritik zu „Wednesday“ – 2. Staffel Vol. 1: Rückkehr nach Nevermore

  • Autorenbild: Toni Schindele
    Toni Schindele
  • vor 6 Tagen
  • 8 Min. Lesezeit

Nach dem weltweiten Überraschungserfolg ist es nach rund drei jahren Wartezeit endlich soweit und neue Folgen von „Wednesday“ starten auf Netflix. Doch gelingt es der Fortsetzung, die Erwartungen zu erfüllen?


Kritik zu „Wednesday“ – 2. Staffel Vol. 1: Rückkehr nach Nevermore
Bildnachweis: Courtesy of Netflix © 2025

Kaum eine Figur hat es in den vergangenen Jahren geschafft, sich so nachhaltig in der Popkultur zu verankern wie Wednesday Addams. Dabei begann ihre Geschichte lange vor viralen Tanzvideos, TikTok-Memes und Streamingrekorden – nämlich 1938 in den schwarz-weißen Karikaturen des Zeichners Charles Addams. Seitdem wurde ihre düstere Welt in unterschiedlichsten Formaten neu interpretiert: Als Netflix Ende 2022 mit der Serie „Wednesday“ eine moderne Interpretation präsentierte, entwickelte sich die Produktion innerhalb kürzester Zeit zu einem weltweiten Phänomen. Bereits in der ersten Woche wurden weltweit über 341,2 Millionen Stunden gestreamt – ein Rekord für eine englischsprachige Netflix-Produktion. Innerhalb von drei Wochen durchbrach „Wednesday“ die Marke von 1 Milliarde gestreamten Stunden, was bis dato nur wenigen Serien gelungen war.


In den ersten 91 Tagen verzeichnete die Serie insgesamt 252 Millionen Viewings und stieg damit zur erfolgreichsten englischsprachigen Serie auf Netflix auf. Der Look von Wednesday – schwarzes Kleid, geflochtene Zöpfe, weißes Gesicht, todernster Blick – wurde zum viralen Trend, insbesondere auf TikTok. Eine Tanzszene aus der ersten Staffel wurde millionenfach imitiert. In sozialen Netzwerken kursierten Memes, Makeup-Tutorials, Kostüminspirationen und unzählige Remixes der ikonischen Szenen. Jetzt ist die zweite Staffel da – zumindest zur Hälfte, da Netflix sie in zwei Teilen veröffentlicht. Der erste Part startet am 6. August 2025, die restlichen Episoden folgen am 3. September 2025. Wie gut ist der Staffelauftakt mit den ersten vier neuen Folgen von „Wednesday“?


Darum geht es:


Nach einem mehr als denkwürdigen ersten Schuljahr kehrt Wednesday Addams zurück an die Nevermore Academy – doch gewöhnlich wird dieses auch nicht, so gar nicht: Zwischen alten Feinden, neuen Bedrohungen und familiären Turbulenzen stolpert sie in ein weiteres Jahr voller übernatürlicher Geheimnisse und schräger Zwischenfälle. Kaum angekommen, tauchen die ersten Leichen auf und die Ermittlungen beginnen von vorn. Doch diesmal steht nicht nur Wednesday im Zentrum des Unheils: Auch ihre Freundin Enid scheint in tödlicher Gefahr zu schweben. Wird es Wednesday gelingen, Licht ins Dunkel zu bringen?


Die Rezension:


Wer die erste Staffel von „Wednesday“ als skurril, morbide Coming-of-Age-Krimi-Serie mit gut dosiertem Grusel und schwarzhumorigen Comedy-Momenten gefeiert hat, wird sich auch in Staffel 2 sofort heimisch fühlen. Man hat kaum das Gefühl, je weg gewesen zu sein – so nahtlos knüpfen die neuen Folgen an den vertrauten Tonfall der ersten Staffel an. Schnell ist man wieder eingetaucht in die düstere, skurrile Welt der Addams Family und jetzt, da Wednesday als Figur fest etabliert ist, rückt auch der Rest der Addams-Familie stärker in den Fokus. Insbesondere Catherine Zeta-Jones erhält als Morticia Addams in der neuen Staffel deutlich mehr Spielzeit – da die komplexe Beziehung mit ihrer rebellischen Tochter immer wichtiger wird. Aber auch Luis Guzmán als Gomez Addams tritt deutlicher in den Vordergrund und überzeugt als überbordend romantischer Familienpatriarch, der mit ungebremstem Enthusiasmus immer wieder mit neuen, entzückend schrägen Kosenamen für Wednesday aufwartet. Neu in der Nevermore Academy ist zudem nun auch Pugsley, Wednesdays kleiner Bruder.


Kritik zu „Wednesday“ – 2. Staffel Vol. 1: Rückkehr nach Nevermore
Bildnachweis: Helen Sloan/Netflix © 2025

Isaac Ordonez, der in der ersten Staffel noch eher randständig blieb, scheint die Rolle wie auf den Leib geschrieben zu sein – er verkörpert Pugsley mit spürbarer Spielfreude und einem grandiosen Gespür für grotesk-komische Momente. Onkel Fester – bereits in der ersten Staffel einer der Publikumslieblinge – kehrt ebenfalls zurück und erhält diesmal noch deutlich mehr Zeit, wortwörtlich alles auf den Kopf zu stellen. Fred Armisen scheint ebenfalls sichtlich Spaß an seiner Rolle zu haben: Fester, der kahlköpfige, glubschäugige Exzentriker mit Vorliebe für Stromschläge, Explosionen und bizarre Experimente, bleibt die Figur, zu der Wednesday die engste Bindung pflegt. Die Gerüchte über ein eigenes Spin-off halten sich hartnäckig – nicht ohne Grund – jede Szene mit ihm macht großen Spaß. Herzstück der Serie bleibt aber zweifellos erneut Wednesday selbst, die durch Jenna Ortega eine durch und durch perfekte Verkörperung erhalten hat.


Dabei geht es keineswegs nur um optische Passgenauigkeit, sondern vielmehr um Ortegas bemerkenswerte Fähigkeit, die unterkühlte, emotionsarme Aura der Figur glaubwürdig zu transportieren. Das Gesicht bleibt oft unbewegt – ein Zucken der Mundwinkel, mehr nicht. Wednesday bleibt eine faszinierend widerspenstige Protagonistin mit einer eigenwilligen Ausstrahlung – arrogant, spöttisch, überlegen. Ortega verleiht ihrer Figur genau jene Mischung aus Distanziertheit und dunklem Charme, die sie so besonders macht. Ihr Spiel in den pointierten Wortgefechten ist präzise getimt, ihre Blicke sprechen Bände. Wednesday ist noch immer die scharfzüngige Einzelgängerin, die mit bissigen Kommentaren und sarkastischen Spitzen durch jede Szene geht. Ein maßgeblicher Verstärker dieser Wirkung ist dabei auch die durchdachte Kameraführung, die Jenna Ortega stets in Szene zu setzen weiß.


Kritik zu „Wednesday“ – 2. Staffel Vol. 1: Rückkehr nach Nevermore
Bildnachweis: Courtesy of Netflix © 2025

Doch während sie in der ersten Staffel zunächst von vielen gemieden wurde, steht sie nun, nach den Geschehnissen der ersten Staffel, plötzlich im Zentrum der Aufmerksamkeit. Eine Veränderung, mit der sie sichtlich hadert – was gerade zu Beginn der neuen Staffel für einige pointierte und wunderbar unangepasste Momente sorgt. Doch so virtuos Ortega ihre Figur verkörpert, bleibt zu hoffen, dass ihr Charakter im weiteren Verlauf der Serie noch mehr Facetten entwickeln darf, um ihre Faszination langfristig aufrechtzuerhalten. Erste innere Konflikte werden angedeutet, einige Entwicklungen zeichnen sich ab – doch bislang bleibt vieles an der Oberfläche. Ihre Pointen – oft schwarzhumorig, trocken und bewusst konträr zu ihren Gesprächspartnern gesetzt – funktionieren zwar weiterhin, wirken jedoch in ihrer Struktur zunehmend vorhersehbar.


In diesem Sinne knüpft die zweite Staffel konsequent an die Erfolgsformel der ersten an, doch auch wenn sich vieles zunächst vertraut anfühlt, wird auch schnell deutlich, dass das Autorenteam seine Figuren weiterentwickeln möchte – exemplarisch zeigt sich das an Enid. Während sie in der ersten Staffel vor allem als bunter, lauter und teils überdrehter Gegenpol zu der düsteren Titelheldin fungierte, wird sie in den neuen Episoden zunehmend mehr als nur eine charmante Antithese. Sie ist zwar noch immer das lebensfrohe, optimistische Mädchen, das sie von Anfang an war, doch es treten neue Facetten zutage. Die Freundschaft der beiden rückt stärker ins Zentrum – nicht zuletzt, weil sie auf eine harte Probe gestellt wird. Wie bereits im Trailer angedeutet, sieht Wednesday in einer Vision den Tod ihrer besten Freundin. Schlimmer noch: Sie selbst könnte dafür verantwortlich sein. Zwischen dem Drang, ihre Freundin zu beschützen, und dem Wunsch, sie nicht zu tief in ihre Ermittlungen hineinzuziehen, entsteht eine spannungsgeladene Distanz, die Enid nicht entgeht.


Kritik zu „Wednesday“ – 2. Staffel Vol. 1: Rückkehr nach Nevermore
Bildnachweis: Jonathan Hession/Netflix © 2025

Nicht fehlen darf dabei natürlich Eiskaltes Händchen – die ikonische, abgetrennte Hand der Addams-Familie. Denn auch der Tritagonist, der im englischen Original schlicht the Thing genannt wird, erhält mehr Eigenarten. Das Händchen agiert nicht länger nur als ausführende Kraft von Wednesdays Plänen, sondern entwickelt ein eigenes Profil – ohne den komischen und charmanten Charakter zu verlieren, den die Figur so beliebt macht. Die Auftritte des Eiskalten Händchens bleiben ein verlässliches Highlight. Bereits im Vorfeld hatte Jenna Ortega verlauten lassen, dass sie sich für die zweite Staffel von „Wednesday“ eine stärkere Ausrichtung auf Horror wünsche. Mit ihrer erweiterten Rolle als Executive Producerin konnte sie nun auch kreativen Einfluss nehmen und zumindest in den ersten vier Episoden ist der Gruselfaktor bei den Ermittlungen spürbar angehoben. Auch wenn der Horrorgrad weitestgehend immer noch auf eine breite Zielgruppe ausgelegt ist, hat die zweite Staffel doch immer wieder Spitzen, die in ihrer Härte durchaus überraschen. Dabei zeigt sich erneut ein gewisser Unterschied zwischen der Altersfreigabe von Netflix und den Maßstäben der FSK.


Schon die erste Staffel zeigte, dass Netflix hier mitunter großzügig urteilt. Denn für die spätere Heimkinoauswertung ließ Warner Bros. sämtliche Folgen nachträglich von der FSK prüfen – mit einem bemerkenswerten Ergebnis: Während fünf der acht Episoden eine Freigabe ab 12 Jahren erhielten, wurden drei Folgen aufgrund ihrer düsteren Tonalität, psychischen Belastung und Gewaltspitzen erst ab 16 Jahren freigegeben. Ein ähnlicher Eindruck stellt sich nun auch beim Ansehen der zweiten Staffel ein: Einige Szenen bewegen sich erneut an der Grenze zur FSK 16, obwohl Netflix sie weiterhin ab 12 Jahren empfiehlt. Gerade für jüngere Zuschauende kann das problematisch werden. Eltern sollten daher individuell abwägen, ob bestimmte Inhalte für ihr Kind bereits geeignet sind. Neben dem Wunsch nach mehr Horror wollte Ortega zudem, dass ihre Paraderolle wieder aus den gegen Ende der ersten Staffel aufgeworfenen romantischen Pfaden ausbricht – und so viel sei gesagt: Auch die zweite Staffel entfaltet eine Teenager-Liebesgeschichte mit allem, was dazugehört – Streit, Eifersucht, Herzschmerz, aber doch auf völlig andere Art und Weise, wie man zunächst annehmen dürfte.


Kritik zu „Wednesday“ – 2. Staffel Vol. 1: Rückkehr nach Nevermore
Bildnachweis: Helen Sloan/Netflix © 2025

Beim Anblick von Nevermore drängt sich unweigerlich ein Vergleich mit der „Harry Potter“-Reihe auf: Wie einst Hogwarts dient auch diese Schule als Rückzugsort für Außenseiter mit besonderen Fähigkeiten. Doch während in J. K. Rowlings Welt der Schulalltag detailliert ausgestaltet war, blieb das Unterrichtsgeschehen in der ersten Staffel von „Wednesday“ auffallend blass. Abgesehen von fleischfressenden Pflanzen und einigen wenigen Einblicken – etwa in das gemeinsame Zimmer von Wednesday und Enid, das Büro der Direktorin Weems oder die Gärtnerei von Miss Thornhill – blieb vieles der Akademie im Verborgenen. Mit der zweiten Staffel öffnet sich Nevermore nun ein wenig weiter. Zwar stehen auch hier nicht klassische Unterrichtsszenen im Mittelpunkt, doch die Serie gewährt spürbar mehr Einblicke in das Internatsleben. Besonders der Wechsel in der Schulleitung nach dem dramatischen Staffelfinale bringt frischen Wind.


Erzählerisch punktet die zweite Staffel zudem mit einem Vorteil: Nachdem Wednesday in der ersten Staffel mitten ins Schuljahr aufgenommen wurde, erleben wir nun den Auftakt des Nevermore-Jahres von Grund auf – inklusive bisher verborgener Traditionen und Rituale der magischen Akademie. In den ersten vier Folgen ist die zweite Staffel wieder sehr rasant und kurzweilig, doch bei all dem Tempo gelingt es kaum, die Figuren außerhalb der Addams-Familie interessant zu zeichnen. Ob Sirenen, Gorgonen oder Werwölfe – sie unterscheiden sich noch immer zu wenig. Originell hebt sich die Serie vor allem dann ab, wenn die visuelle Handschrift von Tim Burton spürbar wird – jener exzentrische Stil, der ihn als Filmemacher so unverkennbar macht. Besonders eine Passage in liebevoller Stop-Motion-Animation weckt Erinnerungen an „Nightmare Before Christmas“ und zeigt Burtons Affinität zu detailverliebter, fantasievoller Gestaltung. Auch seine Vorliebe für Außenseiter, Skurrilität und dunkle Verspieltheit ist stellenweise deutlich zu erkennen.


Kritik zu „Wednesday“ – 2. Staffel Vol. 1: Rückkehr nach Nevermore
Bildnachweis: Helen Sloan/Netflix © 2025

Jede Episode folgt einem präzise konstruierten Spannungsbogen, der nicht nur innerhalb der rund einstündigen Laufzeit hervorragend funktioniert, sondern sich zugleich in einen übergeordneten Handlungsbogen einfügt, der sich über alle Folgen hinweg zunehmend verdichtet. Die Erzählstruktur wirkt durchdacht bis ins Detail und der dramaturgische Sog entfaltet sich mit solcher Konsequenz, dass man sich ihm kaum entziehen kann. Bemerkenswert ist zudem, wie organisch die Serie mit Cliffhangern arbeitet. Diese setzen stets an inhaltlich motivierten Wendepunkten an, wirken nie künstlich oder erzwungen, sondern ergeben sich konsequent aus dem Verlauf der Handlung. Besonders im Hinblick auf die Veröffentlichungspolitik von Netflix – die Staffel erscheint in zwei Teilen – stellt sich die Frage, wie stark die ersten vier Folgen als in sich geschlossener erster Akt funktionieren. Die Antwort fällt eindeutig aus: Das Midseason-Finale endet mit dem wohl wirkungsvollsten Cliffhanger der gesamten Serie. Dramatischer hätte dieser erste Teil kaum abgeschlossen werden können.


Fazit:


Die ersten vier Episoden der zweiten „Wednesday“-Staffel erfüllen die hohen Erwartungen, die die Auftaktstaffel geweckt hat – und übertreffen sie in Teilen sogar. Mit gesteigertem Gruselanteil, vertiefter familiärer Dynamik und einer erneut herausragenden Jenna Ortega legt der erste Teil ein vielversprechendes Fundament für den weiteren Verlauf. Oder, wie Enid es formulieren würde: „Wednesday geht hier ab!“


>>> STARTTERMIN: Ab dem 06. August 2025 auf Netflix.


Wie hat Dir die 2. Staffel gefallen? Teile Deine Meinung gerne in den Kommentaren!

Weitere Informationen zu „Wednesday“:

Genre: Horror-Komödie, Coming-Of-Age, Krimi, Fantasy

Laufzeit: 4 Folgen (8 Folgen in der gesamten Staffel)

Altersfreigabe: ab 12 Jahren (Altersfreigabe von Netflix)


Regie: Tim Burton und Paco Cabezas

Drehbuch: Alfred Gough, Miles Millar, Matt Lambert, Valentina Garza und Lauren Otero

Besetzung: Jenna Ortega, Emma Myers, Catherine Zeta-Jones und viele mehr ...


Trailer zur 2. Staffel von „Wednesday“:


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