Kritik zu „Nobody 2“: Bob Odenkirk kehrt als Actionheld zurück
- Toni Schindele
- vor 12 Minuten
- 4 Min. Lesezeit
Manchmal genügt ein einziger Film, um ein Image völlig neu zu definieren. Mit „Nobody“ gelang Bob Odenkirk dieser Schritt und die Geschichte geht nun weiter. Vier Jahre nach dem Überraschungserfolg ist Odenkirk als Hutch Mansell zurück auf der großen Leinwand, um sich erneut einer Bedrohung zu stellen, die sein mühsam errungenes Familienleben ins Wanken bringt.

Eigentlich war Bob Odenkirk lange Zeit vor allem als Charakterdarsteller und Comedian bekannt. Mit der Rolle des windigen Anwalts Saul Goodman in „Breaking Bad“ und später im gefeierten Spin-off „Better Call Saul“ wurde er weltweit zum Star. Umso größer war 2021 die Überraschung, als Odenkirk mit „Nobody“ plötzlich das Terrain des kompromisslosen Actionkinos betrat und dabei einen unerwarteten Erfolg landete. Der Film avancierte mitten in der Pandemie zum Sleeper-Hit, spielte das Dreifache seines Budgets ein und machte aus Odenkirk einen neuen, ungewöhnlichen Actionhelden. Doch die Rückkehr ins Genre sollte nicht selbstverständlich sein: Der Schauspieler selbst bestand darauf, nur dann in eine Fortsetzung einzuwilligen, wenn die Geschichte wirklich trägt. Vier Jahre später ist dieser Moment nun gekommen – diesmal unter der Regie von Timo Tjahjanto, der für seinen kompromisslosen Stil bekannt ist. Kann die Fortsetzung den Überraschungserfolg wiederholen – und womöglich sogar übertreffen?
Darum geht es:
Hutch Mansell wollte eigentlich nur eins: Sommer, Sonne, Familienurlaub – und eine Pause vom Töten. Doch als der scheinbar harmlose Trip ins nostalgische Ferienresort „Wild Bill’s Majestic Midway“ aus dem Ruder läuft, findet sich der gestresste Auftragskiller schon bald im Visier eines skrupellosen Gangsterbosses wieder. Während alte Wunden aufbrechen und neue Feinde auftauchen, droht nicht nur der Urlaub, sondern auch Hutchs mühsam geflicktes Familienleben zu entgleiten. Bleibt die Frage: Kann man wirklich aus dem alten Leben aussteigen – oder holt einen die Vergangenheit immer wieder ein?
Die Rezension:
„Nobody 2“ reiht sich in die Kategorie jener Sequels ein, die weniger auf Innovation als vielmehr auf das Fortschreiben einer bewährten Erfolgsformel setzen. Schon nach wenigen Minuten wird deutlich, dass das Drehbuch kaum den Anspruch erhebt, das bekannte Konzept wesentlich zu erweitern. Vielmehr bleibt der Film streng an den Strukturen des Vorgängers orientiert: eine lineare Abfolge von Konflikten, die sich unweigerlich in exzessiver Gewalt entladen. Während im ersten Teil die Spannung noch aus der Unsicherheit resultierte, wie viel Kampferfahrung der scheinbar harmlose Hutch tatsächlich in sich trägt, ist dieser Überraschungseffekt nun gänzlich verschwunden. Man weiß von Beginn an, dass die Eskalation unausweichlich ist – einzig das „Wie“ bleibt als dramaturgischer Motor bestehen. Inszenatorisch versucht Regisseur Timo Tjahjanto diese Vorhersehbarkeit mit gesteigerter Überzeichnung zu kontern. Kämpfe sind nicht mehr allein durch Härte und Präzision bestimmt, sondern durch bewusst absurde Übertreibungen. Der Humor rückt stärker in den Vordergrund, nicht über Pointen, sondern über die Art, wie Gewaltchoreografien bewusst etwas drüber arrangiert werden; die Kämpfe tragen eine gewollt absurde Note.

Besonders im Showdown erreicht dieser Ansatz eine groteske Zuspitzung: Ein Freizeitpark wird zum Schlachtfeld, in dem Bällebäder, Wasserrutschen oder Jahrmarktattraktionen zweckentfremdet und zu improvisierten Waffen umfunktioniert werden. Wer Hutch und seine Familie in Mitleidenschaft zieht, muss mit unmittelbarer, erfinderischer Vergeltung rechnen; die Umsetzung ist dabei hektischer montiert als im Vorgänger, aber gleichzeitig lauter, wuchtiger und – in der Auswahl der Improvisationswaffen – einfallsreicher. Auffällig ist, dass Tjahjanto den Einsatz von Kunstblut gegenüber früheren Arbeiten zurücknimmt, wodurch die Actionszenen weniger splatterhaft wirken und den Fokus mehr auf die aufwändig choreografierten Kämpfe selbst richten. Die Zusammenarbeit mit den Stunt-Spezialisten von 87North ist in der Korporealität der Action spürbar; Übergänge zwischen Schlagabtausch, Klingenarbeit und Schusswaffengebrauch werden geschmeidig gelöst, Haltungswechsel und Körperachsen sind choreografisch sauber gesetzt.
So wirkt die Eskalation zwar eindrucksvoll und erzeugt temporär Spektakel, offenbart aber zugleich die Schwäche des Drehbuchs, das sich in erster Linie auf die letzten zwanzig Minuten hin orientiert. Der Weg dorthin verliert an Dynamik, da Szenen und Spannungsbögen weitgehend nach bekannten Mustern ablaufen und kaum neue Perspektiven eröffnen. Die Figuren entwickeln sich zudem auch kaum weiter, ihre Konflikte bleiben oberflächlich und dramaturgisch folgenlos. Großvater David, die Kinder Brady und Sammy oder gar Hutchs Ehefrau Becca treten kaum aus der Statistenrolle heraus, ihre Präsenz ist mehr dekorativ als handlungsrelevant. Selbst Momente, die eine familiäre Annäherung suggerieren, wirken wie lose eingestreute Episoden, die keinen Einfluss auf den Kern der Handlung nehmen. Dadurch verschenkt „Nobody 2“ die Chance, seine Gewaltchoreografie mit emotionalen Stakes zu vernetzen, die über das naheliegende Schutzmotiv hinausgehen, und verengt seine Wirkung auf das Register der kinetischen Attraktion. Was „Nobody 2“ gleichwohl trägt, ist einmal mehr Hauptdarsteller Bob Odenkirk.

Odenkirk dominiert als Hutch nahezu jede Szene und seine Mischung aus trockenem Humor und lakonischer Härte trägt das Geschehen. Ihm gegenüber steht Sharon Stone als Antagonistin Lendina mit überzeichneter Theatralik und bewusster Exzentrik. Als durchtriebene Unterweltherrscherin ist sie in der videospielartig in Leveln aufgebauten Dramaturgie der Endboss, der noch einmal eine Schippe böser ist als alle anderen. Christopher Lloyd fungiert weiterhin als Comic Relief. Seine Rolle als schießfreudiger Großvater ist überschaubar, aber präzise eingesetzt. Seine Szenen liefern gezielte Auflockerung innerhalb der überdrehten Action. Visuell profitiert „Nobody 2“ zunächst von der Verlagerung der Schauplätze. War der erste Teil in einem städtisch-suburbanen US-Umfeld angesiedelt, geht es in der Fortsetzung ins sonnendurchflutete Urlaubsidyll. Allerdings verlässt die Inszenierung diesen reizvollen Gegensatz zunehmend, je tiefer Hutch in die Kreise seiner Gegenspieler eindringt; der neue Schauplatz bleibt dekoratives Setting, dessen visuelle Wirkung abnutzt, sobald die Handlung wieder in bekannten Bahnen verläuft.
Fazit:
„Nobody 2“ setzt kompromisslos auf das Erfolgsrezept des Vorgängers: Brachiale Action, grotesk überzeichnete Gewaltchoreografien und ein Hauptdarsteller, der mit lakonischer Coolness trägt, was das schwache Drehbuch nicht liefert. Innovation oder echte Figurenentwicklung bleiben aus – doch für jene, die genau diesen Mix aus exzessiven Prügeleien, absurdem Einfallsreichtum und der Präsenz von Bob Odenkirk suchen, erfüllt das Sequel sein Versprechen punktgenau, ohne es zu übertreffen.
>>> STARTTERMIN: Ab dem 21. August 2025 im Kino.
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Weitere Informationen zu „Nobody 2“:
Genre: Action, Komödie
Laufzeit: 89 Minuten
Altersfreigabe: FSK 16
Regie: Timo Tjahjanto
Drehbuch: Derek Kolstad und Aaron Rabin
Besetzung: Bob Odenkirk, Sharon Stone, Christopher Lloyd und viele mehr ...
Trailer zu „Nobody 2“:
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